Die Sonne senkt sich über dem Rathaus von Daisendorf. Die Stimmung am Wahlabend ist nervös und angespannt. Sie lässt sich mit dem redensartlichen Messer schneiden. Irgendetwas stimmt nicht. Die Wahlzettel der 850 Wählerinnen und Wähler sind längst ausgezählt. Seit über einer Stunde hat das Wahllokal geschlossen, doch es gibt noch immer kein Ergebnis.

Warten wegen Softwareproblem
„Jetzt spannen sie uns schon sehr auf die Folter“, sagt Andreas Lipp zu Christoph Huber. Beide bewerben sich um das Amt des Bürgermeisters. „Gerade sollte ich nicht Blutspenden gehen“, fügt Lipp hinzu. Aufgrund eines Softwareproblems mit dem Portal Komm.One werde das vorläufige Ergebnis bislang nicht verkündet.

Das Rathausfoyer ist voll. Hinter der Absperrung warten Bürger, Angehörige der Kandidaten, die Bürgermeister der umliegenden Gemeinden und natürlich die Kandidaten selbst. Die Wartezeit dehnt sich wie die Schatten in der untergehenden Sonne.
Euphorie weicht Enttäuschung
Schließlich ist es so weit. Der Augenblick der Wahrheit. Aufgrund des immensen Andrangs verfügt Wahlleiter Andreas Theiss, die Verkündung vor das Rathaus zu verlegen. Doch Christoph Hubers Euphorie vor der Auszählung ist längst in Enttäuschung umgeschlagen. Als Vorboten lagen die ausgezählten Wahlzettel aus den Urnen für alle sichtbar auf einem Tisch im Foyer. Es gibt zwei hohe und zwei niedrige Stapel. Der Kleinste ist seiner.

Ein bisschen aufgeregt sei er schon, erklärte Huber vor der Auszählung, „Ich gehe davon aus, bei den Stimmen weit vorn zu liegen“, sagte er mit einem Lachen. Nun ist er enttäuscht. „Natürlich“, sagt er, „ich habe drei Monate Wahlkampf gemacht.“ Nun wolle er noch die Briefwahlergebnisse abwarten. Ob er nun an einem anderen Ort kandidieren werde, wisse er nicht. „Ich hoffe, in Sipplingen sind sie froh, wenn ich bleibe“, sagt er als Hauptamtsleiter der Gemeinde.

„Das hat sie nicht verdient“
Albertis schlechtes Abschneiden sorgte auf dem gut gefüllten Rathausplatz für Erstaunen: „Das hat sie nicht verdient“, ist eine ältere Dame zu vernehmen. „Sie hat ja keine schlechte Arbeit gemacht“, sagt ein früherer Gemeinderat, „das Problem war einfach nur die Kommunikation.“

Jacqueline Alberti stand nach der Verkündung nicht für ein Gespräch mit dem SÜDKURIER zur Verfügung. Noch zuvor hatte sie betont, es sei schön, dass es so viele Bewerber gebe. Nun geht ihr das ernüchternde Ergebnis von 11,9 Prozent sichtlich nahe. Sie verabschiedet sich von den anwesenden Bürgermeisterkollegen und ihren Mitarbeiterinnen. Eine Erklärung für ihr Abschneiden findet Gemeinderat und stellvertretender Wahlleiter Hasan Ögütcü: „Das hat sie nicht verdient“, sagt er.

„Ich habe damit gerechnet, dass sie nicht zur Stichwahl kommt. Sie hat gute Arbeit gemacht, hat es aber nicht geschafft bei Vereinen und einzelnen Bürgern anzukommen.“ Sie habe viel Zeit geopfert und auch die Arbeit mit dem Gemeinderat sei in den vergangenen Monaten besser geworden. Er dankt ihr und wünscht viel Erfolg. In Anbetracht der nun bevorstehenden Stichwahl zwischen Ailingens Ortvorsteher Andreas Lipp und dem Landratsamtsbeamten Manuel Strasser ist er gespannt: „Gehen wir mit jemand Neuem oder mit mehr Erfahrung?“
Sieger machen weiter Wahlkampf
Bei den Gewinnern des Abends ist die Stimmung gelöst. „Bei vier qualifizierten Kandidaten ist es eine Ehre, in die Stichwahl zu kommen“, kommentiert Stimmenkönig Manuel Strasser. Von 359 Personen erhielt er Zustimmung, 42,7 Prozent. „Ich habe darauf hingearbeitet“, sagt Manuel Strasser.
„Man ersehnt den Tag und will wissen, wo steht man wirklich“, erläutert er. Für den Fall, dass es anders ausgeht, habe er allerdings auch eine Stellungnahme vorbereitet. Dann hätte er gesagt, dass er an den Erfahrungen des Wahlkampfs enorm wachsen konnte. Flyer mit Terminen habe er bereits gedruckt und werde sie ab Montag verteilen. In den nächsten drei Wochen will er ebenso wie Andreas Lipp wieder auf dem Markt stehen und auf Veranstaltungen für Bürger ansprechbar sein.

Lipp ist auch alles andere als unglücklich über sein Ergebnis. Das sei „schon in Ordnung“, sagt der Zweitplatzierte. Auch für ihn geht der Wahlkampf nun gleich weiter. Zwar würden die Daisendorfer – in Anspielung auf Mitbewerber Strasser – „nicht gleich morgen schon wieder Flyer von mir im Briefkasten finden“. Doch werde er in den verbleibenden drei Wochen erneut an den Haustüren klingeln, auf dem Wochenmarkt stehen und versuchen, mit den Wählerinnen und Wählern ins Gespräch zu kommen. Auch eine „Überraschung“ plane er.