In der Reihenfolge des Wahlzettels ruft Redaktionsleiter Stefan Hilser die vier Kandidatinnen und Kandidaten beim SÜDKURIER-Podium zur Daisendorfer Bürgermeisterwahl auf die Bühne: Zunächst Christoph Huber, dann Amtsinhabern Jacqueline Alberti, Manuel Strasser und schließlich Andreas Lipp, der sich zuletzt beworben hatte.

Wer nicht schon dort wohnt, will dort hin
Zunächst erfahren die 225 Gäste im voll besetzten Rathaussaal Privates: Der Sipplinger Hauptamtsleiter Huber zieht die Heimkarte. Er wohnt in Riedetsweiler, seine Frau kommt aus Daisendorf. „Schon als Jugendlicher habe ich auf der Freizeitanlage Fußball gespielt.“ Alberti lebt seit über 30 Jahren im Ort. Das habe Vorteile, „man kennt die Strukturen“, sagt sie.
Wie er denn wohne, will Moderator Hilser von Strasser wissen. „In einer Drei-Zimmer-Wohnung mit kleinem Garten in Markdorf.“ Als Bürgermeister würde er aber sofort nach Daisendorf ziehen. Auch der vierte Kandidat, Andreas Lipp aus Vogt, seit 2022 Ortsvorsteher von Ailingen, will nicht auf Dauer „eine Stunde pendeln“.
Konfliktlösung ohne Waffen
Kandidat Strasser sorgt für den ersten Lacher im Saal: Wie denn Daisendorf von seinem jetzigen Job profitieren könne? Er erteilt und entzieht beim Landratsamt Waffenberechtigungen. Durch sein Konfliktlösungsvermögen, antwortet er, „ohne Waffe natürlich“.
Lipp macht gleich zu Beginn ein „Kompliment“ an Daisendorf: „Sie können hier zwischen vier Kandidaten wählen.“ Das sei nicht überall so. Anschließend geht es um die Sachthemen: Für Alberti gibt es keinen Plan B zum neuen Feuerwehrhaus, Strasser will die Instandsetzung zumindest abwägen und sagt: „Am Ende entscheidet der Gemeinderat.“ Lipps Weg wäre eine Kommission aus Gemeinderat und Feuerwehr. „Das Thema ist nicht profan.“
Unterstützung für Vereine
Weiter zu den Vereinen, die „mehr Wertschätzung“ verdienten, wie alle Kandidaten betonen. Huber denkt in diesem Zusammenhang an einen „Ehrenamtstag“, um auch Neubürger zu gewinnen. Strasser spricht von „mehr Pragmatismus“, einer Förderung, ohne erst Formulare ausfüllen zu müssen. Vereine – „die aus einem Schlafort eine Heimat machen“ – würden von Bürokratie erstickt, pflichtet Lipp bei.

Deshalb müsse man es ihnen so einfach wie möglich machen. Unterstützung ja, sagt Alberti, doch „die Vereine müssen es auch schaffen, selbst zurechtzukommen“. Zum Ehrenamt gehören für sie nicht nur Vereine, sondern auch informelle Gruppen wie etwa die Walkinggruppe und die Beachvolleyballer, die ebenfalls „ein soziales Gefüge unterstützen“.
Was passiert mit dem Dorfkrug?
Stichwort „soziales Gefüge“: Welchen Einfluss könnte der Bürgermeister auf die „schmerzlich vermisste“ Gastronomie nehmen? Dass der Dorfkrug wiederkomme, bezweifelt Strasser. Doch Interessenten würde er etwa bei Gewerbesteuer, Pacht oder Mitarbeiterwohnen unterstützen. Die neue Freizeitanlage könnte helfen, die Gastronomie im Schützenhaus wiederzubeleben, glaubt Huber: „Langsam anfangen, vielleicht mit Grillabenden.“

Die Gemeinde könnte auch pachten und weiterverpachten. Der Schützenverein „möchte die Räume momentan für sich“, entgegnet Alberti. Da könne auch ein Bürgermeister nichts machen. Zunächst müsse dort „die Erkenntnis reifen, dass Pachteinnahmen fehlen“. Aus Lipps Erfahrung ist das Thema Gastronomie vor allem wegen des Personals schwierig. Doch „wir sollten hier nicht über, sondern mit dem Schützenverein reden“, entgegnet der Ailinger Ortsvorsteher und erntet Applaus.

Belebung braucht auch der Wochenmarkt – bei Ständen wie Kunden. Ein Automat als Ergänzung könnte ihn für Standbetreiber attraktiver machen, glaubt Strasser. „Ein Henne-Ei-Problem“, sieht Lipp. Alberti erinnert daran, dass es schon mal mehr Stände gab. Doch „wenn die Bürger nicht kaufen, macht es keinen Sinn.“ Sie lasse dort jeden Donnerstag „40 oder 50 Euro liegen“. Man dürfe auch die Funktion des Marktes als Treffpunkt nicht vergessen, ergänzt Lipp: „Meine Mutter geht jede Woche zum Markt. Sie kauft zwar nichts, aber weiß nachher alles.“
Lohnt Daisendorfs Selbstständigkeit?
Und dann die provokante Frage des Moderators: „Was hat Daisendorf eigentlich davon, weiter selbstständig zu sein?“ Das größere Nußdorf beispielsweise sei schon lange Ortsteil von Überlingen. Leichtes Raunen im Saal. „Dann wären wir Bittsteller“, entgegnet Alberti. „Welches Schlagloch würde dann eher repariert, das an der Meersburger Promenade oder am Gärtlesberg?“ „Wir haben ja schon einen Verbund“, entgegnet Lipp, „den Gemeindeverwaltungsverband.“ Diesen zu nutzen und zu gestalten, sei bei enger werdenden Finanzen „das Gebot der Stunde“. Davon profitierten dann alle Gemeinden.
Und ein Gewerbegebiet für höhere kommunale Einnahmen? Habe man schon probiert, aber keines gefunden, sagt Alberti, man könne Eigentümer nicht zum Verkauf zwingen. Strasser „hätte da eine Idee – für fünf bis zehn Handwerksbetriebe. Und vielleicht auch noch Wohnmobilstellplätze.“ Mit zehn Euro pro Quadratmeter könne man niemanden locken, sagt Huber. In Sipplingen arbeite man mit Nachzahlungsverpflichtungen, „damit alle profitieren“, wie er als bisheriger Hauptamtsleiter der Gemeinde weiß. Aus dem Publikum dann die Frage nach dem Bebauungsplan für die Ortsmitte. „Ein gutes Instrument zur Gestaltung“, so Strasser. Doch den aktuellen Prozess würden Albertis Mitbewerber alle erst einmal anhalten. „Statt immer wieder Einwendungen abzuwägen, lieber im Vorfeld sprechen“, findet Lipp.

Mit dem Gemeinderat in Klausur
Im Daisendorfer Rathaussaal sieht man am Dienstagabend übrigens nicht nur Daisendorfer. Auch die Bürgermeister von Uhldingen-Mühlhofen und Stetten, Dominik Männle und Daniel Hess, sind gekommen. Ebenfalls im Saal: Albertis Vorgänger Frank Lemke – den sie damals stark kritisiert hatte. „Haben Sie es besser gemacht?“, will der Moderator wissen.
Kurze Erheiterung im Saal. „Das muss jeder selbst entscheiden“, entgegnet Alberti. So kommt das Thema auf „gute Kommunikation“, insbesondere mit dem Gemeinderat. Für Lipp hat die „verständlich und transparent“ zu sein, „Grabenkämpfe“ seien „traurig“. Alle drei Mitbewerber würden mit dem Rat gerne in Klausur gehen – „um sich kennenzulernen und auf Augenhöhe zu sein“, wie Strasser sagt.