Wegen seiner rechtsextremen Gesinnung hat die Bundestagsverwaltung dem Sicherheitskoordinator der AfD-Fraktion, Philipp R., den Hausausweis und den Zugriff auf interne IT-Systeme entzogen.

Nun werden Details aus einem Gerichtsverfahren bekannt, die auf R.‘s rechtsextreme Gesinnung schließen lassen: In Chatgruppen teilte und kommentierte der AfD-Funktionär aus dem Bodenseekreis volksverhetzende und menschenverachtende Inhalte. Das belegt ein Urteil des Amtsgerichts Tettnang vom Dezember 2022, das dem SÜDKURIER vorliegt.

Im Bodenseekreis ist R. laut Homepage weiterhin Beisitzer des Kreisverbands und Vorsitzender des Ortsverbands Mitte, der Friedrichshafen, Immenstaad und Oberteuringen umfasst.

„Kochen mit Adolf“: Die Chat-Protokolle

Die von der Polizei auf Philipp R.s Mobiltelefon gefundenen Chatgruppen trugen Namen wie „Gute Alte Zeit“ oder „1888“. Letzteres ist ein in rechtsradikalen Kreisen bekannter Code für „Adolf Hitler“ und „Heil Hitler“, wie eine Polizistin im Prozess als Zeugin erklärte. Laut Urteil hat Philipp R. dort unter anderem folgende Inhalte, sogenannte Memes, gelikt, kommentiert oder weitergeleitet:

„Ich vergesse – ich vergaß – ich vergaste“;

„Mir gefällt Fussball. Weil es noch die einzig legale Art ist, einen Neger zu kaufen.“;

„Kochen mit Adolf – Schritt 1: Gas aufdrehen“;

„Was macht ein Schwarzer auf einem Sofa? Ein Niggerchen. Nein Spass, der darf gar nicht aufs Sofa.“

Handy-Auswertung nach Straftat im Februar 2022

Diese Funde stammen aus den Auswertungen von Philipp R.s Handy nach einem Vorfall vom Februar 2022. Damals bedrohte er zwei minderjährige Geflüchtete vor deren Unterkunft mit einer Schreckschusspistole, schoss in die Luft und äußerte sich laut Urteil ausländerfeindlich. Er hatte ferner unerlaubt ein Pfefferspray und einen Schlagring dabei.

Anschließend fuhr er mit 1,8 Promille Alkohol im Blut mit seinem Auto davon. Das Amtsgericht Tettnang verurteilte Philipp R. deswegen zu einer Geldstrafe von 8750 Euro, die nach seiner Berufung vom Landgericht Ravensburg leicht reduziert wurde. Seither ist der Mittdreißiger vorbestraft.

Gericht glaubte Philipp R. nicht

Während des Prozesses hatte R. einen rechtsradikalen Hintergrund abgestritten. Er selbst sei von den Minderjährigen beleidigt worden und habe möglicherweise als Reaktion darauf „Idioten“ gerufen. Das Gericht zweifelte angesichts der Chat-Inhalte jedoch an seiner Darstellung.

Aus der AfD-Bundestagsfraktion heißt es zu den konkreten Aufgaben, Philipp R. soll unter anderem für die Organisation der Sicherheitsbelange bei Veranstaltungen der Fraktion in Berlin und auf Landesebene gewesen sein.

Die Bundestagsverwaltung gibt auf Anfrage keine Auskunft darüber, ob der Entzug von Philipp R.‘s Hausausweis im Zusammenhang mit den Chatnachrichten stehe. Sie erklärt jedoch, dass es bei allen betroffenen Mitarbeitern deutliche Hinweise gebe, dass sie ihre Zugänge für verfassungsfeindliche Zwecke missbrauchen könnten.

Das könnte Sie auch interessieren

Das „Fass zum Überlaufen gebracht“

Wie der SÜDKURIER aus dem Umfeld der AfD im Bundestag erfahren hat, stehe Philipp R. vor der Kündigung, vorbehaltlich arbeitsrechtlicher Verfahren. Die jetzt bekannt gewordenen Chatnachrichten hätten „das Fass zum Überlaufen gebracht“. Demnach sei auch Parteichefin Alice Weidel verärgert, Philipp R. stammt aus ihrem Wahlkreis am Bodensee. Offen bleibt, ob und wie lange er noch Mitglied der Partei bleibt. Ein Ausschlussverfahren gibt es bislang nicht.

Schriftliche Anfragen des SÜDKURIER lässt Philipp R. unbeantwortet, telefonisch steht er nicht zur Verfügung. Der AfD-Kreisverband Bodenseekreis, wo Philipp R. weiterhin als Funktionär geführt wird, äußerte sich ebenfalls nicht.