Immer wieder wurde in vergangenen Sitzungen der Internationalen Bodenseekonferenz (IBK) eine Bootsreinigungspflicht thematisiert, schon 2022 wurde ein entsprechender Passus in deren Richtlinien aufgenommen. Passiert ist seitdem nichts, sehr zum Ärger vom Landtagsabgeordneten Hans-Peter Storz (SPD). Er fordert ein geschlossenes Konzept – gegen die Quaggamuschel, gegen die Ausbreitung weiterer invasiver Arten.

In einer Pressemitteilung beschwerte er sich kürzlich, dass der Schweizer Kanton Thurgau mit einem konkreten Vorschlag in die nächste Sitzung ging – obwohl Baden-Württemberg aktuell noch das Vorsitzland der IBK ist. Bootsreinigungspflicht, nach Schweizer Vorbild.

In den Kantonen Zürich und St. Gallen gibt es eine solche Pflicht seit 1. April 2025, in anderen Kantonen seit dem Vorjahr. Aber wie funktioniert die Bootsreinigungspflicht in der Schweiz? Und wie positioniert sich Baden-Württemberg dazu mittlerweile? Der SÜDKURIER beantwortet die wichtigsten Fragen.

Was wird genau diskutiert?

Diskutiert wird eine Pflicht für Bootsbesitzer: Sie sollen ihr Boot bei jedem Einwassern in den Bodensee reinigen. Der Kanton Thurgau hat einen Antrag gestellt, um eine Schiffsmelde- und Reinigungspflicht am Bodensee zu prüfen. Der IBK Ausschuss hat dem Antrag am 16. Mai zugestimmt.

Im Gremium selbst sei der Vorschlag Mitte September schon diskutiert worden, sagt eine Sprecherin des baden-württembergischen Umweltministeriums auf Anfrage.

Warum braucht es eine Reinigungspflicht?

Martin Eugster vom Thurgauer Departement für Bau und Umwelt erklärt es so: Schiffe, die mehrere Gewässer befahren, gelten als Hauptverbreiter invasiver aquatischer Arten.

Wer etwa mit seinem Boot ans Schwarze Meer und wieder zurück an den Bodensee fährt, kann potenziell blinde Passagiere mitbringen. Ähnlich ist wohl auch die Quaggamuschel in den Bodensee gelangt. Invasive Arten könnten demnach unbemerkt am Bootsrumpf, in Motor-Kühlleitungen, im Bilgewasser oder an anderen Stellen mitgeführt und so verschleppt werden.

Warum setzt sich der Thurgau für die Pflicht ein?

„Dem Kanton Thurgau ist es wichtig, dass rechtzeitig die erforderlichen Maßnahmen getroffen werden, um einer Verbreitung künftiger Neobiota entgegenzuwirken“, sagt Eugster. Die Quaggamuschel habe sich im Bodensee rasant und irreversibel verbreitet – das zeige, dass frühzeitig gehandelt werden müsse.

Wie funktioniert die Reinigungspflicht in der Schweiz?

In den Kantonen Zürich und St. Gallen funktioniert die Reinigungspflicht über ein Meldesystem: Immatrikulierungspflichtige Schiffe, also Schiffe, die ein Kontrollschild haben, brauchen eine Einwasserungsfreigabe.

Wer sein Boot von einem Gewässer in ein anderes verlegen will, muss das auf einer digitalen Plattform anmelden und das Boot durch eine autorisierte Reinigungsstelle fachgerecht reinigen lassen, erklärt der Kanton auf seiner Internetseite. Diese Reinigung wird mit einem Eintrag auf der elektronischen Meldeplattform bestätigt. Dann gibt es eine Einwasserungsfreigabe.

Betriebe wie Werften oder Autowerkstätten mussten eine Schulung absolvieren, um als Reinigungsstelle autorisiert zu werden, sagt die Sprecherin der Baudirektion des Kantons Zürich, Isabelle Rüegg. Auf einer Karte seien alle Reinigungsstellen in der Schweiz verzeichnet. Das Online-Tool zur Anmeldung werde rege genutzt und man gehe davon aus, dass die Praxis inzwischen allen Schiffsbesitzern bekannt ist.

Wie wird die Reinigungspflicht kontrolliert?

Es habe im Kanton Zürich bereits Verstöße gegeben, sagt Rüegg. Regelmäßig gebe es Schwerpunktkontrollen durch die Polizei. Bei Regatten oder anderen Veranstaltungen auf dem See kontrolliert der Veranstalter, ob teilnehmende Boote einen Reinigungsnachweis haben. Ist dieser nicht vorhanden, erfolgt eine Anzeige.

Könnte diese Pflicht auch für kleinere Boote gelten?

Laut Sprecherin Isabelle Rüegg besteht auch bei Kanus, Boards, Tauch- und Fischereiausrüstung ein Risiko, dass Lebewesen oder Krankheitserreger zwischen den Gewässern transportiert werden würden. Das Gesamtrisiko sei geringer, man rufe dennoch dringend dazu auf, die Geräte bei jedem Gewässerwechsel zu reinigen. „Die Nutzer wie Surfer oder Taucher müssen weiterhin über Sensibilisierungsmaßnahmen erreicht werden“, sagt auch Martin Eugster. Dazu gibt es etwa von der Internationalen Gewässerschutzkommission (IGKB) einen Info-Flyer.

Aus dem baden-württembergischen Umweltministerium hört man dazu nur, dass sämtliche Details der Verordnung, sollte diese denn überhaupt kommen, noch ungeklärt seien.

Wie positioniert sich Baden-Württemberg?

Der Vorschlag des Kantons Thurgau sei innerhalb der Kommission grundsätzlich befürwortet worden, auch von Baden-Württemberg, sagt die Sprecherin des baden-württembergischen Umweltministeriums.

Piet Spaak ist der Leiter des Seewandel-Projekts. Er spricht sich schon seit Jahren dafür aus, eine Reinigungspflicht für Boote einzuführen.
Piet Spaak ist der Leiter des Seewandel-Projekts. Er spricht sich schon seit Jahren dafür aus, eine Reinigungspflicht für Boote einzuführen. | Bild: Simon Conrads

Allerdings gebe es nach wie vor viele offene Fragen, die zunächst geklärt werden müssten. Als Beispiel nennt die Sprecherin die wissenschaftliche Grundlage, die konkreten rechtlichen Voraussetzungen und die praktische Durchsetzbarkeit der Regelung.

Es sei derzeit noch nicht klar, welche ökologischen und wirtschaftlichen Folgen durch die Quaggamuschel drohen. Unklar sei außerdem, welche Schutzmaßnahmen geeignet seien, um die Gefahr durch neue invasive Arten zu verringern. Außerdem müssten mögliche Maßnahmen laut Sprecherin mit allen Anrainerstaaten abgestimmt werden. „Diese müssen gemeinsam umgesetzt werden“, so die Sprecherin.