Satte 1,85 Euro hat der Liter E10-Benzin im November letztes Jahr in Konstanz gekostet. Das ist der mit Abstand höchste Wert in der Region seit fünf Jahren. Auf 40 Liter hochgerechnet sind das 74 Euro pro Tankfüllung. Oder anders ausgedrückt: ein Batzen Geld.
Tanken ist überall teuer, in manchen Regionen kostet der Sprit aber noch mehr als anderswo. Zumindest meint man das, wenn man rund um den Bodensee an den Zapfsäulen steht und auf die Preisanzeige achtet.
Aber stimmt dieses Gefühl? Wir haben Spritpreise der vergangenen fünf Jahre ausgewertet. Mehr als 1000 Tankstellen aus Baden-Württemberg und über 13 Millionen Preise flossen in die Analyse ein. Das sind unsere Erkenntnisse.
In Konstanz ist der Sprit außergewöhnlich teuer
Schauen wir uns zunächst die Preisentwicklung zwischen Juli 2014 und Mitte 2019 an. Die folgende Grafik zeigt den Diesel-Tagesmittelwert über alle Tankstellen in Baden-Württemberg hinweg.
Preisentwicklung seit Juli 2014
- Friedrichshafen
- Villingen-Schwenningen
- Waldshut-Tiengen
- Konstanz
Wir sehen deutlich, wie der Preis Ende 2018 auf durchschnittlich mehr als 1,50 Euro nach oben geschossen ist. Wir gehen weiter unten noch auf die Gründe für diese Entwicklung ein.
Zunächst jedoch schauen wir uns ausgewählte Städte aus dem südlichen Baden-Württemberg an. Das sind die Werte für Friedrichshafen ...
... und für Villingen-Schwenningen. Beide Städte bewegen sich nah am Landesdurchschnitt, sind also weder besonders teuer, noch besonders günstig.
Waldshut-Tiengen hingegen zeigt bereits ein paar Auffälligkeiten. Die mittleren Preise liegen immer mal wieder über dem Schnitt. Noch deutlicher ist dieser Effekt in Konstanz.
Die Konzilstadt macht ihrem Ruf alle Ehre, sie gehört zu den teuersten Städten in ganz Baden-Württemberg – auch und besonders was Spritpreise betrifft.
Es ist kein Zufall, dass die Grenzstädte Konstanz und Waldshut-Tiengen derart auffällig sind. Wegen des jahrelangen Tanktourismus in die Schweiz, haben auf deutscher Seite eine ganze Reihe von Stationen dichtgemacht. Als Folge gibt es auf deutscher Seite Gebiete, in denen es zu wenige Tankstellen gibt. Ein Beispiel ist Konstanz. "Die verbliebenen Tank-Stationen hier können Preise besser durchsetzen als anderswo", sagt Thomas Rundel, Vorstandschef des Südwest-Energiehandelsverbands (VEH). Als Folge ist Sprit hier teilweise 20 Cent teurer als anderswo.
Eine Ausnahme ist Singen. Auch diese Stadt liegt in Grenznähe, dennoch gilt Singen als "Preistrichter", wie Rundel es ausdrückt. Hier konkurrieren viele Zapfstationen um die günstigsten Tarife. Zudem ziehen die Tankstellen mit Lockangeboten den Lastverkehr von der Autobahn an. "Davon profitieren auch die Autofahrer", sagt Rundel.
Die Mineralölkonzerne sahnen bei den Spritpreisen ab
Tatsächlich hängen die im Grenzgebiet teils höheren Spritpreise auch mit der Geschäftspolitik der Tankstellen zusammen. Gerade die internationalen Mineralölkonzerne mit Tankstellen dies- und jenseits der Grenze haben ein Interesse, dass die Autofahrer zum Tanken ins Ausland fahren. Das gilt für etwa für Luxemburg, aber auch für die Schweiz, wie die folgende Karte zeigt.
Durchschnittlicher E10-Preis pro Landkreis
Je dunkler der Landkreis eingefärbt ist, desto teurer ist das Benzin im Schnitt. Grundlage sind die Preise seit April 2018. Wir sehen deutlich, dass die südlichen Landkreise Lörrach, Waldshut und Konstanz, die allesamt an die Schweiz grenzen, zu den teuersten im ganzen Bundesland gehören.
Der Grund: Die Steuerbelastung auf Benzin ist in der Schweiz geringer als in Deutschland. Je Liter Sprit werden in Deutschland rund 65 Cent Mineralölsteuer fällig, für Diesel liegt der Wert bei gut 47 Cent. Dazu kommt die Mehrwertsteuer von 19 Prozent. Zusammen mit dem staatlich festgelegten Erdölbevorratungsbeitrag gehen so laut Mineralölwirtschaftsverband (MWV) bei einem Benzinpreis von 1,60 Euro für Benzin knapp 91 Cent an den Staat. Rund 15 Prozent des Bundeshaushalts stammt somit aus der Mineralölsteuer.
Die Stationen können den Netto-Verkaufspreis im benachbarten Ausland also deutlich über das deutsche Niveau heben, ohne dass sich die Tankkunden abwenden. Ihre Netto-Gewinnspannen bleiben höher als hierzulande. "Die Anbieter haben kein Interesse an günstigen Preisen auf deutscher Seite", sagt eine ADAC-Sprecherin.
In der Reisezeit kostet der Sprit mehr
Frühlingszeit ist Reisezeit. Damit einher geht eine hohe Nachfrage an Sprit. Tanken wird daher – etwa rund um Ostern – tendenziell teurer. Derselbe Effekt stellt sich rund um Pfingsten oder auch vor Weihnachten ein.
Allerdings steigen die Preise nicht mehr so stark wie in früheren Jahren, heißt es vom ADAC. Dafür sei die Tageszeit, zu der man tank, relevanter. Die Preisausschläge über den Tag hinweg seien stärker.
Am günstigsten ist es nachmittags und am Abend
Mitunter schwanken die Notierungen an den Stationen in Deutschland acht bis zehn Mal täglich. Das macht es für den Verbraucher schwierig, zum günstigsten Preis zu tanken. Im benachbarten Ausland ist das anders geregelt, in Österreich dürfen die Stationen ihre Preise nur einmal am Tag anpassen – und zwar um exakt 12 Uhr mittags.
Schaut man sich die Preise im Stundenmittel an, bekommt man eine Ahnung, wann der Sprit am günstigsten ist. Nämlich außerhalb der Stoßzeiten nach dem Berufsverkehr. Die teuerste Tankzeit ist nach unserer Analyse morgens zwischen sechs und neun Uhr, in der Mittagszeit und Abends zwischen 17 und 19 Uhr. In diesem Zeitraum liegen die Notierungen um bis zu sieben Cent über dem Schnitt. Am günstigsten ist es gegen 15 Uhr und ab 20 Uhr.
Die Preise sind von der Weltwirtschaft abhängig
Derzeit steige die Preise wieder, weil das Angebot an Rohöl, aus dem Sprit raffiniert wird, nicht mit der Nachfrage mithält. Nach Berechnungen der Commerzbank fehlen derzeit weltweit rund 800 000 Barrel (159 Liter) Öl pro Tag. Der wichtigste Grund ist, dass das Förderkartell OPEC den Ölhahn zudreht.
Wichtige Lieferländer wie Saudi-Arabien, aber auch das mit der OPEC assoziierte Russland haben die Fördermengen stark zurückgefahren, um die Weltmarktpreise zu stützen. Das hatte Erfolg. Nach Daten des MWV ist der Preis der für Europa relevanten Öl-Sorte Brent seit Januar von 51 auf rund 75 US-Dollar gestiegen.
Dazu kommt, dass durch das Chaos in Venezuela und Libyen sowie durch das gerade verschärfte Iran-Embargo der USA weitere wichtige Öl-Förderländer nicht liefern können. Als Folge wird auch Diesel und Benzin teurer.
Derlei politische und wirtschaftliche Einflüsse sind nicht ungewöhnlich. An den Durchschnittskurven von oben lässt sich das gut ablesen.
- Der Fracking-Boom in den USA lässt das Ölangebot anschwellen. Um die neue Konkurrenz aus dem Markt zu drängen, dreht die Opec den Ölhahn auf. Die Öl-Lager sind so voll wie seit 80 Jahren nicht mehr.
- 2016 wird zum billigsten Tankjahr seit 2009. Kurzzeitig kostet das Barrel weniger als 30 Dollar. Teils müssen Autofahrer für einen Liter Diesel nur 90 Cent bezahlen. Der Grund: Noch immer lässt die zerstrittene Opec den Öl-Hahn offen.
- Die Opec beginnt, die Produktion zu drosseln und Öl vom Markt zu nehmen. Allein die Ankündigung von Förderkürzungen lässt den Ölpreis steigen. Auch Sprit wird teurer.
- Die boomende Weltwirtschaft treibt die Preise. Extreme Niedrigwasserstände in Flüssen und der Brand in einer Raffinierie beeinträchtigen die Spritversorgung in Süddeutschland massiv. Die Spritpreise erreichen fast Rekordhöhen.
Auf den Euro kommt es an
Der Wechselkurs zwischen Euro und US-Dollar ist für die Benzinpreise in Europa wichtig, denn Rohöl wird in Dollar gehandelt, während wir beim Tanken Euro auf den Tisch legen. Ein starker Euro dämpft insofern die Preisentwicklung an der Zapfsäule – schlicht weil wir mit einem Euro mehr in Dollar gehandeltes Rohöl einkaufen können.