Grüne und CDU sind sich zumindest in diesem Punkt einig: Die Einrichtung von Schottergärten auf Privatgrundstücken in Baden-Württemberg soll künftig nicht mehr erlaubt sein. Gärten und Hausgrundstücke sollen so wieder insektenfreundlicher werden. Eine entsprechende Änderung des Landesnaturschutzgesetzes hat der Landtag vergangene Woche gemeinsam mit weiteren gesetzlichen Arten- und Insektenschutzmaßnahmen beschlossen, die aus dem Volksbegehren „Rettet die Bienen“ resultieren. Doch was geschieht mit bereits bestehenden Schottergärten?

Entscheidung könnte vor Gericht gefällt werden

Darüber, ob ältere Schottergärten Bestandsschutz genießen oder bereits unzulässig errichtet wurden und nun zurückgebaut werden müssen, hat sich zwischen dem grün geführten Umweltministerium und dem CDU-geführten Wirtschaftsministerium eine bizarre Diskussion entwickelt. Weil sich die beiden Ministerien nach langem Tauziehen nicht darauf verständigen können, wie ein entsprechender Passus in der seit 1995 geltenden Landesbauordnung zu deuten ist, wünscht sich Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) eine rechtliche Klärung. „Ich wäre nicht unfroh über eine Klage“, sagte Untersteller.

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An den „Gärten des Grauens“, wie sie etwa der Landesnaturschutzverband (LNV) Baden-Württemberg geißelt, streiten sich auch auf kommunaler Ebene die Geister. Von den einen Grundstückseignern und Hausbesitzern werden die Schotter-, Geröll-, Kies- oder Splittflächen als gestalterisches Element geschätzt, das zudem keinen grünen Daumen erfordert und wenig Arbeit macht.

Hier könnten eigentlich Blumen auf einem Stückchen wertvoller Erde blühen. Die sogenannten Schottergärten haben sich in den vergangenen ...
Hier könnten eigentlich Blumen auf einem Stückchen wertvoller Erde blühen. Die sogenannten Schottergärten haben sich in den vergangenen Jahren rasant ausgebreitet. Die dienen aber in keinem Fall der der Natur sondern versiegeln wertvolle Flächen die man Insekten und Co. über und unter der Erde zur Verfügung stellen sollte. | Bild: Gabi Lendle

Von den Gegnern werden sie als tote Steinwüsten und Insektenfriedhöfe verdammt, die zudem den Boden verdichten, den Wasserablauf in den Boden verhindern und zur örtlichen Überhitzung beitragen würden. Der LNV stellt Schottergartengegnern online deshalb ein ganzes Paket von Argumenten zur Verfügung, um Nachbarn vor Ort umzustimmen, zudem Musteranschreiben, mit denen die örtlichen Behörden zum Einschreiten aufgefordert werden. Klagen auf Rückbau dürften nicht lange auf sich warten lassen. „Wir können die Verschotterung von Gärten nicht länger mit ansehen“, begründet der LNV-Vorsitzende Gerhard Bronner.

Es soll nicht um Geschmacksfragen gehen

Zahlen darüber, wie viel Fläche in Baden-Württemberg tatsächlich betroffen ist, liegen allerdings nicht vor. Auch auf kommunaler Ebene gibt es keine Erhebungen darüber. Geschmacksfragen stehen bei der politischen Auseinandersetzung aber nicht zur Debatte. Es geht um den 1995 in die Landesbauordnung aufgenommenen Passus, wonach „nicht überbaute Flächen bebauter Grundstücke Grünflächen sein müssen, soweit diese Flächen nicht für eine andere zulässige Verwendung benötigt werden“.

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Schon damals also hätten Schottergärten explizit einer Ausnahmegenehmigung der Baubehörden bedurft, wo es diese nicht gebe, sei die Einrichtung in jedem Fall unzulässig gewesen, wertet das Umweltministerium. Das Wirtschaftsministerium, das als oberste Baurechtsbehörde die Entscheidungsrichtung für die Baurechtsämter auf kommunaler Ebene vorgibt, pocht dagegen auf Bestandsschutz, sofern der Bebauungsplan nichts anderes vorgebe oder der Schottergarten bestimmte Zwecke wie etwa einen Spritzschutz für die Hauswand erfülle.

So wie der Garten rechts sollen in Zukunft idealerweise die Außenanlagen von Neubauten aussehen. Schottergärten wie auf der rechten ...
So wie der Garten rechts sollen in Zukunft idealerweise die Außenanlagen von Neubauten aussehen. Schottergärten wie auf der rechten Seite zu sehen, sollen dagegen nicht mehr erlaubt sein. Doch gibt es für Bestehende nun Bestandsschutz? | Bild: Facebook/Gärten des Grauens

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) wollte bei der Regierungspressekonferenz jedenfalls nicht zur Klärung der Fronten zwischen den Ministerien beitragen. Er appelliert stattdessen an den gesunden Menschenverstand der Schottergartenbesitzer. „Dass Insekten keine Steine fressen können, dürfte allgemein einsichtig sein“, sagte er.

„Dass Insekten keine Steine fressen können, dürfte allgemein einsichtig sein“.  Winfried Kretschmann, Ministerpräsident von ...
„Dass Insekten keine Steine fressen können, dürfte allgemein einsichtig sein“. Winfried Kretschmann, Ministerpräsident von Baden-Württemberg | Bild: Hendrik Schmidt

Weniger einsichtig dürfte für den Bürger wohl sein, dass nun erneut die Justiz klären soll, was die Politik nicht vom Tisch bekommt.