So viele Menschen wollen derzeit eine Ausbildung bei der Polizei in Baden-Württemberg machen, dass selbst Anwärterinnen und Anwärter mit besten Voraussetzungen eine Absage erhalten. «Als sich nach Verlängerung des Bewerbungsschlusses ein hochqualifiziertes Bewerberfeld abzeichnete, wurden die vorhandenen Studienplätze auf Grundlage einer Rangliste vergeben», teilte eine Sprecherin des Innenministeriums in Stuttgart mit. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) kritisierte: «Es ist absolut inakzeptabel, dass hochmotivierte Bewerberinnen und Bewerber jetzt so kurzfristig ausgeschlossen werden.»
Selbst Kandidatinnen und Kandidaten, die Auswahltests mit hervorragenden Ergebnissen bestanden und so eine Aussicht auf eine Einstellung jetzt zum Juli bekommen hätten, sei Mitte Juni abgesagt worden. «Begründet wird dies inoffiziell mit fehlenden Kapazitäten, die durch eine nachträglich angehobene Auswahlgrenze verschleiert werden sollen», teilte die GdP mit. Laut dem Ministerium hat das Land seit Beginn einer sogenannten Einstellungsoffensive ausreichend Kapazitäten und Lehrkräfte bereitgestellt.
Innenminister Thomas Strobl (CDU) hatte die Einstellungsoffensive 2016 angesichts einer Pensionierungswelle gestartet. Mit rund 25.000 Polizistinnen und Polizisten gibt es nun etwa 500 mehr als damals. Bis kommendes Jahr sollen es 1.000 mehr sein. Für 2025 und 2026 stünden jeweils 1.200 Ausbildungs- und Studienplätze fest.
Gewerkschaft fordert verlässliche Auswahlverfahren
«Fehlende Bettenplätze und Lehrpersonal dürfen nicht darüber entscheiden, wer Polizistin oder Polizist wird und wer nicht», kritisierte GdP-Vize-Landeschef Thomas Mohr. «Wir reden hier über junge Menschen, die mit großem Engagement ihren Traumberuf anstreben und sich gewissenhaft vorbereitet haben.» Viele hätten ihre Lebensplanung auf den Ausbildungsbeginn im Juli ausgerichtet, Arbeitsverträge und Wohnungen gekündigt, Umzüge vorbereitet oder sogar auf eigene Kosten medizinische Eingriffe wie Augenlasern durchführen lassen, um den Anforderungen für den Polizeidienst zu genügen.
«Wer das Auswahlverfahren besteht, hat ein Recht auf Fairness, Klarheit und eine gesicherte Perspektive – und darf nicht an organisatorischen Versäumnissen scheitern», sagte Mohr. Die GdP fordert eine verlässliche und transparente Personalplanung, faire und verlässliche Auswahlverfahren ohne nachträgliche Hürden sowie rasche Investitionen in Ausbildungsinfrastruktur und -personal.
Bestandener Auswahltest reicht nicht
Ein bestandener Auswahltest war und ist nach Auskunft des Ministeriums grundsätzlich eine Voraussetzung, aber keine Garantie für eine Einstellung. Die Sprecherin räumte ein, dass es im Kampf um die besten Köpfe seit 2023 die Möglichkeit einer direkten Zusage für das Studium gab. Das sei auch in diesem Jahr zunächst erfolgt.
«Wir befinden uns in diesem Jahr in einer besonders komfortablen Situation: Wir haben qualitativ und quantitativ eine richtig gute Bewerberlage für den gehobenen Polizeivollzugsdienst», teilte sie mit. Auf 600 geplante Plätze hätten sich 2.735 Menschen beworben. Ähnliches zeichne sich schon für die Herbsteinstellung im mittleren Polizeivollzugsdienst ab.
Aktuell hätten rund 160 Bewerberinnen und Bewerber, die den Auswahltest bestanden haben, keine verbindliche Einstellungszusage bekommen. Weitere rund 150 hätten ihre vollständigen Unterlagen wie medizinische Dokumente und Führungszeugnisse bislang noch nicht vorgelegt. Dass manche Absagen erst spät kamen, liege daran, dass wegen der hohen Bewerbungszahlen die Auswahltests erst im Mai abgeschlossen worden seien und dann noch die Auswahluntersuchungen folgten.
«Wir werden die Einstellungsmöglichkeiten für den Einstellungstermin Juli 2025 aber so weit wie möglich erweitern», erklärte die Sprecherin. Weiterhin könnten erfolgreiche Bewerberinnen und Bewerber im Herbst in die Ausbildung des mittleren Polizeivollzugsdienstes einsteigen und sich von dort weiterentwickeln oder ihre Bewerbung für 2026 aufrechterhalten.