Klare Kante gegen die AfD: Der SPD-Parteitag hat die Vorbereitung eines AfD-Verbotsverfahrens gefordert. Die Delegierten beschlossen am Sonntag einstimmig in Berlin einen entsprechenden Antrag des Parteivorstands. Er sieht die Einsetzung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe vor, die Belege für die Verfassungswidrigkeit der Partei sammeln soll. Bei ausreichendem Material soll „unverzüglich“ ein Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht gestellt werden. Der Koalitionspartner Union reagierte aber zurückhaltend.
SPD-Parteitag will Vorbereitung von AfD-Verbotsverfahrens
Nach intensiver Debatte verabschiedeten die Delegierten einen Antrag mit dem Titel „Wehrhafte Demokratie heißt handeln: Jetzt AfD-Verbotsverfahren vorbereiten – und die Menschen zurückgewinnen“. Darin wird die AfD als „klar rechtsextremistisch“ bezeichnet. Die Belege für eine Verfassungswidrigkeit seien „erdrückend“, heißt es. Die SPD werde sich deshalb „auf allen Ebenen für die Einleitung eines Verbotsverfahrens gegen die AfD vor dem Bundesverfassungsgericht“ einsetzen.
Es sei „demokratische Aufgabe“ der SPD, das Instrument des Parteiverbotsverfahrens zu nutzen, „um die Verfassung zu schützen“, sagte SPD-Chef Lars Klingbeil. Wenn der Verfassungsschutz die AfD als rechtsextreme Partei einstufe, „dann darf es kein Taktieren mehr geben“. Klingbeil warf der Union vor, dass sich ein solches Taktieren hinter mancher Äußerung aus ihren Reihen verstecke.

Union reagiert skeptisch auf SPD-Beschluss
Die bisherigen Erkenntnisse reichten aus seiner Sicht nicht für ein Verbotsverfahren, sagte der erste parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Steffen Bilger (CDU), der Funke Mediengruppe. Er verwies auf die „hohen rechtlichen Hürden“ für ein Verbotsverfahren. Alles weitere solle nun in der Koalition besprochen werden.

Die AfD sei eine völkische, menschenverachtende Partei, deren Ziel es sei, „unsere Demokratie zu beseitigen“, sagte der thüringische SPD-Innenminister Georg Maier, der den Antrag vor den Delegierten begründete. Es sei deshalb an der Zeit, die Möglichkeit eines Parteiverbotsverfahrens zu nutzen. Er wies dabei Warnungen vor einem Scheitern wie etwa im Falle der NPD zurück. Er sei inzwischen der Meinung, „dass das Risiko, nichts zu tun, deutlich größer ist als das Risiko, vor Gericht eine Niederlage zu kassieren“.
Juso-Chef Philipp Türmer sieht gute Chancen für Verbot
Juso-Chef Philipp Türmer sieht gute Chancen für ein erfolgreiches Verbotsverfahren. „Die Beweislast gegen die AfD ist inzwischen so erdrückend, dass alle demokratischen Kräfte in diesem Land es sich nicht länger erlauben können zu abzuwarten“, sagte er der Funke Mediengruppe. Die SPD mache „Tempo beim Schutz unserer Demokratie“.

In dem SPD-Beschluss heißt es auch, dass ein Verbot „in keiner Weise die politische Auseinandersetzung mit ihrem Gedankengut“ ersetzen könne. Eine Parteiarbeitsgruppe soll deshalb ein Konzept entwickeln, um der Politik der AfD inhaltlich und praktisch etwas entgegenzusetzen. Ziel der SPD soll es dabei sein, AfD-Wählerinnen und -Wähler dauerhaft zurückzugewinnen.
Union will mit SPD die AfD-Wähler zurückgewinnen
Auch Unions-Vertreter Bilger warb für eine politische Auseinandersetzung mit der AfD: „Wir sind uns mit der SPD einig, dass wir möglichst viele der zehn Millionen AfD-Wähler wieder für die politische Mitte gewinnen wollen, indem wir konkrete Probleme lösen“, sagte der Parlamentsgeschäftsführer. „Denn Frust lässt sich nicht verbieten.“
Die stellvertretende SPD-Fraktionschefin Sonja Eichwede sagte bei dem Parteitag hingegen, es dürfe hier „kein Entweder-oder geben“. Neben dem angestrebten Parteiverbot gehe die SPD „umso mehr raus“, um „Vertrauen zurückzugewinnen und Menschen von der Demokratie zu überzeugen“.
AfD ist durch Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft
Die AfD war bei der Bundestagswahl im Februar zweitstärkste Kraft nach der Union geworden. Sie ist zudem in 14 von 16 Landesparlamenten vertreten und in Teilen Ostdeutschlands stärkste Kraft.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte die AfD im Mai als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft. Die AfD hatte dagegen per Eilantrag Beschwerde beim Verwaltungsgericht Köln eingereicht. Für die Dauer des Verfahrens behandelt der Bundesverfassungsschutz nun vorerst weiter als rechtsextremistischen Verdachtsfall.
In vier Bundesländern wird die AfD von den dortigen Verfassungsschutzbehörden bereits als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Dies sind Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg.
(dpa)