„Bundesregierung Besieger“ steht auf dem T-Shirt des Chefredakteurs des rechtsextremen „Compact“-Magazins, als dieser sich nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts stolz den Kameras präsentiert. Das zeigt, was dieser Mann und seine Mitstreiter im Sinn haben: Sie sehen sich als Kämpfer gegen das System, gegen die freiheitlichen Prinzipien unserer Demokratie.
Es reicht am Ende nicht für ein Verbot, „noch nicht“, begründete das Gericht sein Urteil. Und das, obwohl es eine Reihe verbotsrelevanter Äußerungen und Aktivitäten feststellt. Man vertraut auf das bürgerschaftliche Engagement gegen solche demokratiefeindlichen Bestrebungen. Doch die kritische Schwelle dieser Äußerungen ist schon lange erreicht.
Zu Recht ist die Pressefreiheit in Deutschland ein hohes Gut, geschützt durch das Grundgesetz. Entsprechend hoch sind die Hürden für ein Verbot eines Mediums. Doch bei dieser Fülle migrationsfeindlicher Äußerungen und Verunglimpfungen von Minderheiten, die auch die Richter bestätigen, bleibt schwer nachvollziehbar, wann der Zeitpunkt für ein Verbot erreicht sein soll.
Sprachrohr der AfD
Ein Magazin, das sich spätestens seit der Flüchtlingskrise als Sprachrohr der AfD versteht und islamfeindlichen Bestrebungen, wie der Pegida-Bewegung nach dem Mund redet, zeigt mit jeder Ausgabe, wes Geistes Kind es ist. Seit 14 Jahren erscheint „Compact“ mit rassistischen, völkisch-nationalistischen Beiträgen. Die Macher tischen antisemitische Verschwörungsmythen auf, organisieren Veranstaltungen und Kampagnen.

Reißerisch hetzen sie gegen die Regierung mit Titeln wie „Merkel? Verhaften!“ zur Zeit der Flüchtlingskrise 2015 und mit „Impf-Diktatur“ in der Pandemie. Der Verfassungsschutz hatte „Compact“ schon 2021 als erwiesen rechtsextremistisch eingestuft.
Man bedient das Geschwurbel der Querdenker-Szene und eines der Hauptvertreter der Neuen Rechten, Martin Sellner. Dieser wird bewundernd „unser Held“ genannt, dessen „Remigrationskonzept“ als „rechtsstaatlich“ und „machbar“ verharmlost. Das sind keine vereinzelten Ausreißer – wie auch das Gericht anmerkt.
Verabscheuungswürdiges Gedankengut
Das Gefährliche ist die schleichende Unterwanderung unserer Gesellschaft mit diesem verabscheuungswürdigen Gedankengut. Es wird polarisiert, andere Meinungen werden diskreditiert und Migration zum Problem stilisiert. Auch zugewanderte Deutsche werden abgewertet.
Es bildet sich ein Netz teils geschickter Desinformation, das es den Menschen immer schwerer macht, in sozialen Medien wahre Inhalte von gezielten Fake-News zu unterscheiden.
Rechte Medien wie „Compact“ geben sich den Anstrich seriöser Nachrichtenmedien, wenn sie Gleichgesinnten über Ländergrenzen hinweg in ihren Videos eine Plattform bieten.
Was das Urteil bedeutet
Mit dem Urteil bekommen diese Umtriebe Aufwind. Die Szene geht gestärkt daraus hervor. 40.000 Exemplare erscheinen laut „Compact“ monatlich, der Online-TV-Kanal hat 517.000 Abonnenten. Das seit dem Verbot durch Ex-Innenministerin Nancy Faeser eingezogene Vermögen wird wieder zur Verfügung stehen. Auch Geld von Förderern wird fließen.
Die AfD feiert den Sieg mit. Sie geht aktiv auf die Szene zu, dient sich ihr an. Manche Bürger sind bereits so weit in sie abgetaucht, dass seriöse Medien sie nur noch schwer erreichen.
Nazi-Wort „Lügenpresse“
Man hantiert mit dem Vorwurf „Lügenpresse“, den die Nazis gegen Juden (oder auch „Judenpresse“) verwendeten, indem sie behaupteten diese würden die Presse beherrschen und eine „jüdische Weltherrschaft“ errichten wollen.
Mit Klimawandel, Migration, Pandemie und Kriegen leben wir in einer Zeit vieler Krisen. Verunsicherung und Ängste wachsen. Deshalb ist politische Bildung und Medienkompetenz so wichtig. Kinder, und nicht nur sie, müssen Demokratie lernen und wie man rechte Hetze erkennt und ihr widersteht.
Gegen den Hass von rechts
Denn nur wer sich in die Nöte von Schwächeren und Minderheiten hineinzuversetzen vermag, kann sich für deren Rechte stark machen. Wir müssen uns wappnen gegen diesen Hass von rechts. Wer hasst, für den sind die anderen nur Objekte, die man verunglimpfen kann – und mit denen man nach Belieben umspringt.