Im lange schwelenden Streit zwischen Pro-Palästina-Demonstrierenden und Gottesdienstbesuchern in einer Kirchengemeinde setzt die Stadt Langenau (Alb-Donau-Kreis) Grenzen. Sie geht jetzt gegen die Aktivisten vor und verbietet Kundgebungen vor der Martinskirche im Umfeld von Gottesdiensten. In der Allgemeinverfügung argumentiert sie, es gehe darum, «die Gottesdienste in der Martinskirche vor Störungen zu schützen».
Zuletzt soll es am vergangenen Sonntag bei einer unangemeldeten Versammlung vor der evangelischen Martinskirche Handgreiflichkeiten und Beleidigungen gegeben haben. Unter anderem soll der Pfarrer vor Kirchenbesuchern verunglimpft worden sein.
Gefühl der Einschüchterung
«Die Vorfälle haben auch ein Klima der Verunsicherung und Einschüchterung geschaffen – sowohl bei Gemeindemitgliedern als auch bei zufällig anwesenden Passanten und Familienangehörigen der Besucher», heißt es in der Verfügung. Gezielt würden Videoaufnahmen von Gottesdienstbesuchern gemacht und in sozialen Netzwerken verbreitet. «Dieses Verhalten verstärkt das Gefühl der Einschüchterung bei den Kirchenbesuchern und stellt eine weitere Form der psychischen Beeinträchtigung dar.»
Das Rathaus sei als Verwaltungsbehörde an die Rechtsstaatlichkeit und das Gebot der Verhältnismäßigkeit gebunden, erklärt Langenaus Bürgermeisterin Daria Henning. Die Versammlungs- und Meinungsfreiheit sei aber grundgesetzlich geschützt. Deshalb sei eine Allgemeinverfügung bislang kein Mittel gewesen. «Nach der Eskalation hat sich das geändert», sagte Henning.
Streit dauert schon eineinhalb Jahre
Der Streit in der Kirchgemeinde ist nach Angaben von Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl nach einer Predigt des Pfarrers im Oktober 2023 entbrannt. Darin ging es auch um den Überfall der islamistischen Hamas auf Israel. Seit eineinhalb Jahren würden der Pfarrer und seine Familie in einer Weise persönlich diffamiert, die nicht hinzunehmen sei, so der Landesbischof.
Es könne nicht sein, dass Sonntag für Sonntag Gottesdienstbesucherinnen und -besucher bedrängt und eingeschüchtert würden. Viele Gemeindeglieder würden inzwischen den Gottesdienst nicht mehr besuchen.
Rote Linien wiederholt überschritten
Schon im April hätte Gohl in einem Beitrag für die «Jüdische Allgemeine» geschrieben: «Die Vorkommnisse in Langenau beschäftigen die Evangelische Landeskirche in Württemberg auf allen Ebenen und sind ein Grund zu großer Sorge.» Rote Linien seien schon längst und wiederholt überschritten worden.