Im Jahr 2022 hat es 700 Opfer häuslicher Gewalt im Bereich des Polizeipräsidiums Konstanz gegeben. 589 der Opfer sind Frauen. Im Vergleich zum Vorjahr sind das 168 Fälle mehr, ein Zuwachs von 31,6 Prozent.

Damit liegt die Region deutlich über dem Landesschnitt, der 22 Prozent mehr Opfer häuslicher Gewalt verzeichnet. „Ein trauriger Rekord“, kommentiert der Konstanzer Polizeipräsident Hubert Wörner bei der Vorstellung der neuesten Kriminalitätsstatistik.

Der Konstanzer Polizeipräsident Hubert Wörner, als er 2015 noch Leiter der Kriminalinspektion 1 in Karlsruhe war.
Der Konstanzer Polizeipräsident Hubert Wörner, als er 2015 noch Leiter der Kriminalinspektion 1 in Karlsruhe war. | Bild: DPA/Uwe Anspach

Vor allem der Schwarzwald-Baar-Kreis sticht hier heraus. Dort hat es im vergangenen Jahr fast doppelt so viele Opfer gegeben wie noch 2021: Aus 103 wurden 198. Insgesamt war rund ein Drittel aller Tatverdächtigen bei der Tat alkoholisiert.

Polizeipräsident: Entwicklung der Sicherheitslage in der Region insgesamt positiv

Insgesamt bewertet Wörner die Sicherheitslage in der Region positiv. Zwar hat es nach Ende der Pandemie wieder mehr Straftaten gegeben, insgesamt aber noch deutlich unter dem Niveau der Zeit vor Corona. Die Steigerung der Straftaten fällt geringer aus als im Landesvergleich, die Aufklärungsquote sinkt in beiden Bereichen.

Sorgen machen Wörner die Raubüberfälle. Nach 99 solcher Straftaten in 2021 waren es im Folgejahr 184 – ein Plus von 86 Prozent. Auch im Landesvergleich gab es mehr Raubdelikte, hier fiel der Zuwachs mit 30 Prozent nicht so drastisch aus. Eine Erklärung für die vielen Fälle sind laut Polizei Raubserien in den Stadtgebieten von Konstanz und Singen. Doch auch in ländlicheren Regionen wie im Landkreis Rottweil sind die Zahlen gestiegen.

Das gilt auch für Wohnungseinbrüche. Sie haben überall wieder das Niveau von vor der Pandemie erreicht. 205 solcher Einbrüche gab es 2022 im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Konstanz, 88 mehr als im Vorjahr.

Enkeltricks und Schockanrufe: Deutlich höherer Schaden

Ein besonderes Augenmerk der Polizei gilt den sogenannten Anrufstraftaten – darunter fallen zum Beispiel Enkeltricks und Anrufe falscher Polizeibeamter. Die haben sich im Vorjahresvergleich fast verdoppelt. Der Gesamtschaden ist sogar noch deutlicher gewachsen: Nach 880.000 Euro in 2021 erbeuteten die Täter im vergangenen Jahr etwa 2,3 Millionen Euro. 2022 wurden zudem erstmals Betrugsfälle über den Messengerdienst WhatsApp gesondert ausgewertet. Dort wurden 557 Fälle registriert, von denen 439 beim Versuch scheiterten. Es entstand ein Schaden von circa 220.000 Euro.

Präsident Wörner betont einen Wandel bei den Opfern solcher Straftaten: „Es sind nicht mehr nur Hochbetagte, das muss man ganz klar sagen.“ Inzwischen seien immer mehr Menschen um die 60 unter den Geschädigten. Häufiger als Enkeltricks gäben sich die Betrüger inzwischen als Polizeibeamte aus.

Gewalt gegen Einsatzkräfte

Nach den Silvesterkrawallen wurde viel über Gewalt gegen Einsatzkräfte diskutiert. Für die Region sagt Wörner: „Die Gewalt gegen Polizisten stagniert auf hohem Niveau.“ In 2022 gab es 299 Fälle und damit zwölf weniger als im Vorjahr.

Allerdings kam es in allen Landkreisen im Zuständigkeitsbereich des Präsidiums und auf Landesebene zu mehr Gewalt gegen Rettungskräfte. 22 solcher Delikte gab es in der Region, in ganz Baden-Württemberg waren es 367. In den meisten Fällen sind die Tatverdächtigen alkoholisiert und der Polizei schon im Vorfeld bekannt.

Im Bereich der Drogen- und organisierten Kriminalität ging die Belastung zurück, so Wörner. Für die organisierte Kriminalität werden zwar intern gesonderte Statistiken erhoben, diese werden aber nicht veröffentlicht. Im Bereich der politisch motivierten Kriminalität liege der Schwerpunkt im rechten Milieu. 83 solcher Fälle wurden in 2022 registriert. im linken Milieu waren es zehn. Internetkriminalität nimmt in allen Bereichen zu.

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2022 gab es mit zwölf Fällen im Zehn-Jahres-Vergleich der Region die wenigsten Straftaten gegen das Leben. Ob es dabei zu einer Häufung von Femiziden kam, ist nicht klar – Femizide werden von der Polizei statistisch nicht extra erfasst. Mehrere Mordfälle an Frauen in der jüngsten Vergangenheit hatten die Frage aufgeworfen, wie viele solcher Verbrechen tatsächlich vorkommen.