Es gibt nicht wenige Experten, die bezeichnen Bertold Siber als einen der Geburtshelfer der Kochbewegung in Deutschland. Früher war Essen herzulande ein Mittel zum Zweck, an gehobene Küche und kulinarische Lebensqualität verschwand der Deutsche kaum einen Gedanken.

Doch dann kam Bertold Siber und mit ihm eine neue Philosophie. Gemeinsam mit dem Vorarlberger Drei-Sterne-Koch Eckart Witzigmann ist er der Vorreiter der Nouvelle Cuisine in Deutschland. Diese französische Bewegung konzentrierte sich früh auf die Bewahrung des Eigengeschmacks von Nahrungsmitteln und setzte dabei auf Leichtigkeit, Frische und Regionalität der Produkte.

So wurde Bertold Siber einer der ersten Sterneköche Deutschlands

Kochen ist für Bertold Siber die Kunst, das Leben zu genießen. 1957 absolvierte er seine Kochlehre im Hotel Halm. Es folgte eine Tour zu den Stars der französischen Küche Paul Bocuse und Roger Vergé. Nach Stationen in Schweden und der Schweiz kehrte der erfahrene Koch schließlich zurück nach Konstanz.

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Bereits in den 70er Jahren war er mit einem Stern des Guide Michelin dekoriert. „Damals war das schwieriger als heute“, sagt er. „Es gab in Deutschland ja fast niemanden auf Sterne-Niveau.“ Doch er schaffte es – mit Talent, Akribie und eisernen Willen.

Bertold Siber über Pinzetten in der Küche, Pünktchen auf dem Teller und ausreichend Soße. Video: Andreas Schuler

Der Stephanskeller in der Konstanzer Altstadt galt als eine der besten Adressen in Mitteleuropa. Hier bekochte Bertold Siber unter anderem Anneliese Rothenberger und Jose Carreras, Walter Scheel, Herbert Grönemeyer, Gunter Sachs, Alfred Biolek, Prinzessin Soraya von Persien, König Carl Gustaf von Schweden, Minister aus Bonn und Berlin, ganze Regierungen aus Afrika. Sie waren alle zu Gast im Stephanskeller oder später im Seehotel Siber, dem heutigen Riva.

Bertold Siber mit dem Fernsehmoderator und -produzent, Talkmaster, Entertainer und Kochbuchautor Alfred Biolek.
Bertold Siber mit dem Fernsehmoderator und -produzent, Talkmaster, Entertainer und Kochbuchautor Alfred Biolek. | Bild: privat
Bertold Siber mit der Opern- und Operettensängerin Anneliese Rothenberger.
Bertold Siber mit der Opern- und Operettensängerin Anneliese Rothenberger. | Bild: privat
Bertold Siber mit Walter Scheel, der von 1974 bis 1979 Bundespräsident der BRD war.
Bertold Siber mit Walter Scheel, der von 1974 bis 1979 Bundespräsident der BRD war. | Bild: privat

Bertold Siber trat in TV-Shows auf, war in Werbespots zu sehen oder gesellte sich im Kreise der ganz Großen der Kochzunft – Paul Bocuse, Eckart Witzigmann, Roger Vergé oder Johann Lafer. Der Sternekoch war Mit-Initiator der erfolgreichen TV-Sendung „Essen wie Gott in Deutschland“. Er arbeitete in und für die besten Häuser in Frankreich, der Schweiz, Florida, Hongkong oder auf Mauritius. Für die Lufthansa kreierte er Menüs für die First Class, er belieferte andere Sternehäuser mit seiner Gänseleberpastete oder seiner noch Bouillabaisse.

Das Leben von Betrold Siber schien perfekt – bis der 11. September 1996 kam.

Nach dem letzten Kochkurs: Wie es für Bertold Siber nun weitergeht

Im Riva kreuzten sich erstmals die Wege von Bertold Siber und Jochen Fecht, der in seiner Heimatstadt Stockach seine Lehre absolvierte und 1996 Souschef im Gourmetrestaurant Seehotel Siber wurde. Seither sind die beiden befreundet – Bertold Siber absolvierte Kochkurse für Jochen Fecht, der 2024 sein Konstanzer Sterne-Restaurant San Martino schloss und seither unter anderem als Berater und Gastgeber von Kursen und Seminaren arbeitet.

Nach der Schließung des Seehotels 2004 zog Bertold Siber mit seinem Lebensgefährten nach Grasse in Südfrankreich. In Konstanz gibt er seinen riesigen Erfahrungsschatz an aufstrebende Köche weiter. Nicht nur Jochen Fecht profitierte davon, auch der Konstanzer Patrick Stier wird vom 82-Jährigen goutiert.

Bertold Siber bei seinem letzten Kochkurs im Küchenstudio Wurst am 13. April.
Bertold Siber bei seinem letzten Kochkurs im Küchenstudio Wurst am 13. April. | Bild: Andreas Schuler

Und Bertold Siber? Der reist nach seinem letzten Kochkurs wieder zurück ins Land der Bouillabaisse, der Ratatouille und des Boeuf Bourguignon. „Ab jetzt gibt es nur noch private Kochkurse. Adieu, meine Freunde“, sagt er zum Abschluss und zog seine Kochschürze aus.