An den 33. Kilometer kann sich Bettina Steidle aus Oberteuringen noch gut erinnern. Ihre Beine wurden schwerer, in einem Fuß verspürte sie Anzeichen einer Zerrung. Ihr Freund winkte ihr aus einer Masse von Zuschauern heraus zu. Es nieselte, war kalt. Das Brandenburger Tor war noch 9,195 Kilometer weit entfernt. „Da wusste ich: Ich schaffe es, ich komme auf jeden Fall an“, erinnert sich Steidle an diesen Moment.

Nach vier Stunden und acht Minuten rannte sie ins Ziel. Nicht im Sprint, denn dazu tat der Fuß schon zu sehr weh, aber dennoch mit genügend Puste. Die 38-jährige Controllerin hatte ihn geschafft: Den ersten Marathon ihres Lebens.

Laufen verbindet – auch Kollegen. Bettina Steidle (Mitte) mit ihren beiden ZF-Kollegen Matthias Koch (links) und Armin Ohlinger ...
Laufen verbindet – auch Kollegen. Bettina Steidle (Mitte) mit ihren beiden ZF-Kollegen Matthias Koch (links) und Armin Ohlinger (rechts) beim Firmenlauf 2019. | Bild: Bettina Steidle

Das war im September 2019. Im April hatte die Hobby-Läuferin, die ihre Liebe zum Joggen erst während des Studiums entdeckt hatte, bei einer Startplatz-Verlosung ihres Arbeitgebers, der ZF AG in Friedrichshafen, mitgemacht. Und prompt eine der begehrten „white cards“ für den Berlin Marathon bekommen. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie bereits einige Zehn-Kilometer-Läufe und Halbmarathone mitgemacht, betreute den Lauftreff Oberteuringen und trainierte mehrmals die Woche. Doch einen Marathon laufen? „Das ist doch nochmal eine ganz andere Nummer“, sagt sie.

Die Startgelder übernimmt die Firma

Ihr Training: Sechs bis acht Stunden pro Woche Laufen, dazu Muskelaufbau und Koordinationsübungen. Hinzu kamen etliche Wettbewerbe in der Region, wo sie für ZF ins Rennen ging. Über die Betriebslaufsportgruppe ihrer Firma, die laufbegeisterten Arbeitnehmern die Startgelder sponsert, hatte die Controllerin bereits viele Gleichgesinnte kennengelernt. Unter anderem auch Marc Hüfner, der die ZF-Laufgruppe koordiniert.

Marc Hüfner und seine Lebensgefährtin Nicole Altenburg erfüllten sich einen Traum und liefen 2018 den Dresden Marathon miteinander.
Marc Hüfner und seine Lebensgefährtin Nicole Altenburg erfüllten sich einen Traum und liefen 2018 den Dresden Marathon miteinander. | Bild: Marc Hüfner

Hüfner selbst ist seit Jahren passionierter Läufer, sein erster Marathon war der Drei-Länder-Lauf in Bregenz 2014. Seither läuft er ein dutzend Wettbewerbe im Jahr. „2018 bin ich mit meiner Lebensgefährtin zusammen den Dresden Marathon gelaufen, das war schon einer meiner persönlichen Höhepunkte“, sagt er. Da der vierfache Familienvater als global tätiger Qualitätsmanager viel unterwegs ist, hat er es sich angewöhnt, das Laufen in seinen Alltag zu integrieren. „Oft stehe ich früh auf und laufe um 5 Uhr morgens von Immenstaad aus ins ZF Forum“, erklärt er. Dort duscht er, zieht sich um und beginnt zu arbeiten.

Der große Traum? Einmal in New York dabei sein!

Sein Vorsatz für 2020: Er läuft derzeit jeden Tag mindestens eine Meile, also 1,6 Kilometer. „Ich setze mir immer wieder neue Ziele, neue Zeiten, habe neue Ideen“, sagt er. In diesem Jahr stehen wieder viele regionale Läufe auf dem Plan: der Fischbacher Halbmarathon, der Firmenlauf, Citylauf, der Drei-Länder-Lauf. Dazu noch ein Marathon auf Usedom. „Mein ganz großer Traum? Ganz klar der New York Marathon. Den will ich mit meiner Lebensgefährtin irgendwann laufen“, sagt der 37-Jährige.

Bild 3: Lauf, Baby, lauf: Warum der Laufsport so glücklich macht
Bild: Marc Hüfner

Doch ihm gehe es nicht nur um körperliche Selbstoptimierung, sondern auch um etwas anderes. „Ich bekomme beim Laufen den Kopf frei, kann komplexe Dinge mit mehr Abstand sehen, werde dadurch gelassener“, sagt er. Es ist eine Art mentale Selbstreinigung, die Hüfner da beschreibt. Steidle und Hüfner, sie beide bezeichnen sich als „hibbelig“, wenn sie krankheitsbedingt nicht laufen können. Ihre Körper haben sich an die beinahe tägliche Dosis Bewegung gewöhnt.

Wenn der Körper plötzlich streikt

In seinen Spitzenzeiten war Dirk Joos aus Friedrichshafen unter den Top50-Marathonläufern. Nun musste der 39-jährige Informatiker zwei ...
In seinen Spitzenzeiten war Dirk Joos aus Friedrichshafen unter den Top50-Marathonläufern. Nun musste der 39-jährige Informatiker zwei Jahre lang pausieren. | Bild: Günter Kram

Wie es sich anfühlt mitten in der Läuferkarriere auf Null gehen zu müssen, weil der Körper streikt, weiß Dirk Joos (39) aus Fischbach genau. Mehr als ein Jahrzehnt lang tauchte der Informatiker in den bundesweiten Bestenlisten für Langstrecken auf und machte sich einen Namen in der deutschen Läuferszene. Joos, der einen Marathon in Spitzenzeiten unter 2:40 Stunden lief, und oft fünf Mal pro Woche und mehr trainierte, fiel knapp zwei Jahre lang aus. „Nach dem Fischbacher Halbmarathon 2018 ging nix mehr“, erinnert er sich.

„Die erste Zeit war ich wie auf Entzug“

Eine komplizierte Versenverletzung, die operiert werden musste, setzte ihn auf „Entzug“, wie er selbst sagt. „Die erste Zeit ohne Laufen war sehr schwer, aber ich habe zum Glück mit dem Radfahren eine Alternative gefunden.“

Seit einigen Wochen trainiert er wieder, langsam und mit viel Bedacht. „Obwohl ich versucht habe, das Laufen durch anderen Sport zu kompensieren, bin ich wieder viel glücklicher, ausgelassener, seitdem ich wieder trainiere“, sagt er. Der 39-Jährige hat sich einen Trainingsplan erstellt, der ihn langsam wieder heranführen soll. „In mir hat sich einiges verändert“, erklärt er, „während ich früher stark auf Leistung getrimmt war, will ich nun nur noch Spaß im Laufen haben und werde kein Risiko mehr eingehen.“ Seine Spitzenzeiten, meint Joos, seien vorbei. Wenn es gut läuft, werde er beim Fischbacher Halbmarathon wieder dabei sein.

Maria Rinaldi-Crimi begann nach einer Diät mit dem Laufen – und schaffte 2016 zum ersten Mal das „Viertele“ beim ...
Maria Rinaldi-Crimi begann nach einer Diät mit dem Laufen – und schaffte 2016 zum ersten Mal das „Viertele“ beim Fischbacher Halbmarathon. Seither hat sie das Lauffieber gepackt. | Bild: Maria Rinaldi-Crimi

Das will auch Maria Crimi, Arzthelferin aus Friedrichshafen. Die 34-Jährige hat sich sich zum Ziel gesetzt, das „Viertele“, also zehn Kilometer, zu schaffen. 2016 lief die zweifache Mutter das erste Mal mit. „Ich hatte gerade 15 Kilo abgenommen und es war mein großes Ziel, zehn Kilometer zu packen“, erinnert sie sich. Neben dem Laufen wurde Taekwando zu ihrer großen Leidenschaft, dazu machte sie Muskelaufbau.

Nach dem zweiten Kind musste sie langsam machen

Dann kam der zweite Sohn und sie musste nochmal pausieren. „Ich begann langsam wieder mit dem Laufen als mein Sohn neun Monate alt war“, sagt sie. Der Anfang sei hart gewesen, doch jetzt sei sie wieder im Lauffieber – wenn auch zeitbedingt nur am Wochenende. Dann zieht sie sich die Laufschuhe an und rennt los. „Ich liebe es, in der Natur draußen zu laufen, vor allem wenn es kalt ist“, sagt sie, „es gibt nichts anderes, bei dem man so gut abschalten kann und den Kopf frei kriegt.“

Laufkalender Bodensee 2020

Sie laufen gerne Wettkämpfe? Hier eine Auswahl der schönsten Läufe am östlichen Bodenseeufer.

  • 25. April: Halbmarathon Fischbach: gilt als eher anspruchsvoll, weil leichter Aufstieg, Startgeld: 20 Euro, Anmeldung: www.halbmarathon-fischbach.de
  • 8. Mai Citylauf Friedrichshafen: Zweier Teams laufen je 800 Meter insgesamt eine Stunde lang durch die Häfler Innenstadt, Startgeld: 25 Euro, Anmeldung (noch nicht): www.zeller-event.de
  • 9. Mai: Pfahlbau-Marathon Unteruhldingen: anspruchsvolle Strecke entlang der Pfahlbauten, Schloss Salem, Affenberg und Basilika Birnau, Startgeld: 25 Euro, Anmeldung: www.pfahlbaumarathon.de
  • 16. Mai: Hagnauer Seelauf: Halbmarathon durch die hügeligen Weinberge, Startgeld: 20 Euro, Anmeldung: www.gemeinde-hagnau.de/Seelauf
  • 15./16. Mai Bodensee-Frauenlauf Lochau: 5-Kilometer und 10-Kilometer in Vorarlberg, Startgeld: 25/29 Euro, Anmeldung: www.bodensee-frauenlauf.comwww.bodensee-frauenlauf.
  • 17. Mai: Halbmarathon Überlingen: flache Runde durch die Stadt, schön am Bodenseeufer entlang, Startgeld: 25 Euro Anmeldung: www.halbmarathon-ueberlingen.de
  • 9. Juli Firmenlauf Friedrichshafen: flache 5-Kilometer-Feierabendstrecke rund um die Messe, Startgeld: 16 Euro, Anmeldung: www.firmenlauf-fn.de
  • 19. September: Kressbronner Bodensee-Marathon: der Marathon besteht aus zwei Halbmarathon-Runden, Startgeld noch unbekannt, Anmeldung ab 1.4: www.bodensee-marathon.de
  • 4. Oktober: Gehrenberglauf Markdorf: anspruchsvoller Traillauf auf den Gehrenberg mit 8,3 Kilometer-Strecke, Startgeld noch unbekannt, Anmeldung (noch nicht): www.tv-markdorf.de
  • 4. Oktober: Drei-Länder-Marathon Bregenz: ein Unikum am Bodensee, denn der Lauf geht entlang des Bodensee-Ufers durch Deutschland, Österreich und die Schweiz, Startgeld für Marathon: 65 bis 85 Euro, Anmeldung: www.sparkasse-3-laender-marathon.at