Hochwasserschutz und erlebbare Natur: Diese beiden Ziele sollen durch die Umgestaltung der Rotach erreicht werden. Im Ausschuss für Planung, Bauen und Umwelt stellte Stadtbauamtsleiter Wolfgang Kübler Gestaltungsideen für das Projekt vor. Der vorgestellte Plan sieht drei Säulen vor: Die Rotach erleben, die Rotach schützen und entdecken sowie der Hochwasserschutz und die Aufwertung der Rotach als Lebensraum. Naturschützer sehen die Pläne allerdings kritisch.
Den Fluss erlebbar machen
Grundlage für die Pläne ist der hochwassersichere Ausbau des Flusses. Dieser sei notwendig, sagte Bauamtsleiter Kübler. Dies biete aber die Gelegenheit, auch Maßnahmen für die Ökologie und die Aufenthaltsqualität zu ergreifen. „Die Rotach selbst kann zum Erlebnisort werden“, erläuterte er. Um die Rotach erlebbar zu machen, sieht der vorgestellte Plan durchgängige Fußwegverbindungen an beiden Uferseiten des Flusses vor, die mit Querungsmöglichkeiten verbunden werden sollen.
Ziel sei es, aus der Rotach einen neuen Naherholungsbereich zu machen, erklärte Stadtbauamtsleiter Kübler. Sitzstufen am Ufer und Balkone würden zum Verweilen einladen, erhöhte Stege einen Spaziergang durch die Vegetation ermöglichen. Schulen könnten den Fluss als „offenes Klassenzimmer“ nutzen. Für Fahrradfahrer sei ein Anschluss an den Veloring geplant.
Vorteil für Mensch und Tier
Gleichzeitig ist laut Plan vorgesehen, die Lebensräume der Tiere zu erweitern und zu vernetzen. Ziel sei ein durchgängiges Habitat, sagte Kübler. Das sei zum Beispiel für eine heimische Fledermausart nötig, die zur Jagd an den See fliege. Mit dem vorhandenen Baumbestand soll sorgsam umgegangen werden. Nördlich der Lindauer Straße können zudem neue Bäume angepflanzt werden. Das dritte Standbein – die Ökologie der Rotach – schließt schließlich den Hochwasserschutz mit ein. Dieser soll naturnah gestaltet und integriert werden.

Für den Fall von Hochwasser soll dem Fluss zusätzlicher Raum gegeben werden, beispielsweise im Bereich Trautenmühleweg. Hier stehe das dann aber dem Thema Bebauen entgegen, meinte Wolfgang Kübler. Der Zulauf des Allmansweiler Bachs könne erweitert werden. So könne bei Starkregen mehr Wasser ablaufen.
Neben neuen Ausbreitungsflächen für das Wasser sind laut Plan Schutzwände vorgesehen, die sich in ihrer Gestaltung in die Umgebung integrieren sollen. Möglich sei es, einen Steg auf die Mauer zu setzen, der dann von Spaziergängern als Fußweg genutzt werden kann.
Naturschützer sind vorsichtig
Von Naturschützern werden die Pläne einerseits wohlwollend, andererseits aber auch skeptisch betrachtet. Das Konzept zur Umgestaltung mit mehr Möglichkeiten für die Naherholung, die Erhöhung der biologischen Vielfalt und die Integration des Hochwasserschutzes könne positiv beurteilt werden, meint Gerhard Knötzsch vom Naturschutzbund (NABU) Friedrichshafen-Tettnang.
„Bei genauerem Betrachten der bisher vorliegenden Fakten stellen sich allerdings auch einige Fragen, die das Ganze dann nicht mehr so uneingeschränkt positiv erscheinen lassen.“ Die Balkone über dem Fluss, multifunktionale Flächen im Uferbereich, Stufen, die ans Flussufer führen, und Trittsteine, mit denen man durch den Fluss laufen kann, machen auf die Naturschützer den Eindruck einer „Verrummelung“.
„Dadurch gelingt es sicher nicht, der Bevölkerung die Natur nahezubringen“, meint Knötzsch. Grundsätzlich stellt sich der Nabu aber nicht gegen das Vorhaben. „Unsere kritischen Einwendungen stellen das Gesamtkonzept natürlich nicht infrage, sondern sollen nur auf die Gefahr hinweisen, in der Euphorie der Planung falsche Pfade einzuschlagen.“
Skeptisch äußert sich auch die Ortsgruppe Friedrichshafen vom Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND). Das Vorhhaben mache den Eindruck, stärker auf den Nutzen der Menschen und weniger auf den der Tiere ausgerichtet zu sein. Allerdings müsse man sich erst näher mit den Plänen befassen, bevor man ein Urteil abgegeben könne.

Ausschuss stimmt dem Entwurf zu
Seitens der Ausschussmitglieder fand der Entwurf derweil Zustimmung. So lobte Heinz Tautkus (SPD) den Plan in höchsten Tönen. Gerlinde Ajiboye-Ames (FDP) gab ihre „Zustimmung mit Sternchen“ und auch Regine Ankermann (Grüne) und Daniel Oberschelp (CDU) zeigten sich zufrieden ob der geplanten Umgestaltung des Flusses. Sollte die Stadt die Rotach am Ende tatsächlich umgestalten, wird sie wohl auf einem großen Teil der Kosten sitzen bleiben, kündigte Wolfgang Kübler an. Denn alles was über den reinen Hochwasserschutz hinaus geht, sei nicht förderfähig.
Eine lange Historie
Der hochwassersichere Ausbau der Rotach beschäftigt die Stadt Friedrichshafen bereits seit den 80ern. Der Gemeinderat beschließt Anfang der 80er den Ausbau der Rotach im Stadtbereich. Rückhaltebecken im Oberlauf werden aber nach Untersuchung und Kostenschätzung abgelehnt. Mitte der 90er wird der Ausbau und die Verlegung der Rotach am Trautenmühleweg beschlossen und umgesetzt.
2007 gibt die Stadt eine Untersuchung der Standsicherheit von drei Rotachdämmen in Auftrag. Sie ergibt, dass die Standsicherheit bei Hochwasser nicht mehr gewährleistet ist. 2010 erfolgt eine Analyse. Das Ergebnis: Die Schadenshöhe könnte bei einem Jahrhunderthochwasser über 30 Millionen Euro betragen. 2014 stimmt der Gemeinderat einem Entwurf zur Hochwassersicherung zu.