Ungewohnt ruhig ist es kurz vor 20 Uhr vor dem Cineplex in Friedrichshafen. Wo Kinobesucher normalerweise Dauerschleifen über den Parkplatz drehen, klaffen heute Parklücken direkt vor der Eingangstür. Auch auf der Treppe hinauf zu den Kinosälen besteht keinerlei Ansteckungsgefahr.
Lisa Henzler und Maximilian Brauchle haben die strikten Hygiene- und Abstandsregeln nicht abgeschreckt, sie wollen sich den Tag der Wiedereröffnung des Kinos nicht entgehen lassen. Dank Netflix sei die Schließung zwar nicht so schlimm gewesen, findet Lisa und Maximilian fand das Autokino ab und zu ganz nett, aber jetzt freuen sich auf eine Abwechslung.
Hygieneregeln werden fast ausnahmslos akzeptiert
Gleich an der Eingangstür klärt ein Plakat über die Regeln auf: Maske auf, Hände desinfizieren und 1,5 Meter Abstand zu anderen Personen halten. Das alles funktioniere bisher anstandslos, erzählt Alexander Ronkartz und berichtet von nur zwei Besuchern, die das mit der Infektionsgefahr ein bisschen zu locker sahen. Prompt bekamen sie vom Theaterleiter einen hauseigenen Mund- und Nasenschutz verpasst. Lisa und Maximilian haben sich die Karten online gekauft und dabei gleichzeitig das obligatorische Gästeregistrierungsformular ausgefüllt, auf das der Kinobetreiber für den Fall einer Infektion zurückgreifen kann. Selbstverständlich würden die Daten wieder gelöscht, versichert Ronkartz. Wer die Karte bargeldlos an der Abendkasse kauft, muss das Formular analog im Foyer ausfüllen.
Im Foyer ist es gegenüber früher still

Auch hier ist es auffallend still. Vor der Versorgungsstation, wo sich zu normalen Zeiten mehrspurig lange Schlangen bilden, stehen drei Paare im vorgeschriebenen Abstand an, um sich für die Dauer des Films mit Popkorn und Cola einzudecken. Vorher und nachher ist Knabbern und Trinken im Foyer nicht erlaubt. Maximal 100 Personen dürfen sich gleichzeitig im Foyer aufhalten. Deshalb wurden die beiden Vorführungsschienen – Nachmittag und Abend – zeitlich weiter auseinandergerückt und zusätzlich Pausen zwischen Filmende und Anfang von 15 bis 30 Minuten gemacht, um zu verhindern, dass die Besucherströme aufeinander treffen. Im schlimmsten Fall würden diese nach der Vorführung durch die Notausgänge ins Freie geleitet. Doch heute, am ersten Tag, sind derartige Maßnahmen nicht angesagt.
Vom Publikumszuspruch lohnt die Öffnung nicht
Für insgesamt 14 Filme wurden 262 Karten verkauft, weiß Ronkartz. Mehr als er erwartet hatte, aber viel zu wenig, um profitabel zu sein. Trotz angemeldeter Kurzarbeit seien solche Besucherzahlen ein Verlustgeschäft. Und warum öffnet das Kino dann? „Aus Imagegründen“, sagt er: „Wir müssen zu Zeiten von Streamingdiensten zeigen, dass es uns noch gibt“.

Nur jede zweite Reihe wird besetzt
Romina Vögele und Julian Pfeiffer machen es sich inzwischen mit Popcorn und Nachos in der ersten Reihe bequem und dürfen endlich ihre Masken abnehmen. Es habe sie ein wenig gestresst, dass der Film bereits ausverkauft war und sie nur noch Plätze an vorderster Front bekamen. Doch im Kinosaal gähnt Leere die Besucher an. „Wir haben aufgrund der Abstandsregeln eine Maximalkapazität von 25 Prozent der möglichen Auslastung“, erklärt der Theaterleiter das Paradox. In dem mit 317 Plätzen größten Saal finden deshalb nur 80 bis 90 Personen Platz. Nur jede zweite Reihe wird besetzt, zwischen Einzelpersonen, Paaren oder Gruppen, müssen jeweils zwei Plätze freigehalten werden.
An der Kasse fast beschäftigungslos

Trotzdem ist heute ein Team von acht Mitarbeitern im Einsatz. Margarita Michelson sitzt alleine an der Kasse und war nur mit ein paar Stornos und Gutscheinen beschäftigt. Nach der langen Pause hatte die Lampe im Projektor eines Saales gestreikt und die 15 Besucher mussten je nach Wunsch auf andere Filme verteilt oder mit Gutscheinen versorgt werden. Selbstverständlich hat das Kino die Kosten für die Snacks übernommen. Ronkartz sagt: „Die Besucher waren alle sehr verständnisvoll“.