„Da dürfen nur Fußgänger lang“, ruft eine Radfahrerin ihrem Begleiter zu. Doch der ist schon auf den Streifen südlich der Friedrichstraße gebogen und fährt in Richtung Innenstadt. Auch ein paar Meter weiter herrscht Verwirrung. „Wann haben sie denn das geändert“, wundert sich ein Fahrradfahrer. Wo jetzt nur noch Fußgänger erlaubt sind, waren bis zur Umgestaltung der Friedrichstraße Fußgänger und Radler gemeinsam unterwegs.

Radfahrer müssen jetzt die Straße nutzen. Teilweise tun sie das schon, die neue Regelung hat sich allerdings längst noch nicht überall ...
Radfahrer müssen jetzt die Straße nutzen. Teilweise tun sie das schon, die neue Regelung hat sich allerdings längst noch nicht überall rumgesprochen. | Bild: Wieland, Fabiane

Seit Samstag ist die Friedrichstraße nach mehreren Monaten Sperrung wieder für den Verkehr geöffnet. Der Abschnitt wurde seit dem 9. März umgestaltet, soll dadurch wieder etwas von seiner alten Aufenthaltsqualität zurückerhalten. Dafür wurde der bisherige Querschnitt von drei auf zwei Fahrspuren verringert. Außerdem wurde im Bereich der Olgastraße ein Mini-Kreisel gebaut. Auf dem umgebauten Abschnitt gilt Tempo 20. Außerdem wurde der Geh- und Radweg zum reinen Gehweg. Radfahrer sollen die Straße nutzen. Das sei bei Tempo 20 ohne Probleme möglich, so die Ansicht der Stadt.

Radfahrerin wünscht sich separate Spur

Margarete Gutte schiebt ihr Fahrrad den Gehweg entlang. „Ich habe mitbekommen, dass die Verkehrsführung für Fahrradfahrer hier geändert wurde. Jetzt schaue ich mir das mal an“, sagt die Häflerin. Statt die Straße gemeinsam mit Autos, Bussen und Lastwagen zu nutzen, würde sie sich für Fahrradfahrer eine separate Spur wünschen. Dass kurz nach der Freigabe der Strecke noch nicht alles rund läuft, hält sie für normal. „Es müssen sich alle erst einmal an die Neuerungen gewöhnen, dann wird es schon gehen“, betont sie und schiebt ihr Rad weiter in Richtung Bahnhof.

Mit dem Rad durch die Friedrichstraße Video: Julia Blust

Kurt Geiser ist zusammen mit seiner Frau auf dem Fußweg unterwegs. „Es sind doch noch ziemlich viele Fahrradfahrer auf der Strecke“, sagt er und fügt hinzu: „Als Fußgänger kein so gutes Gefühl.“ Das könne sich natürlich noch einspielen, glaubt er. Die Neugestaltung ist für ihn dennoch nur eine Notlösung. „Das ist nicht so, wie es sein könnte“, findet der Häfler. Er würde sich für jede Verkehrsart eine eigene Spur beziehungsweise einen abgegrenzten Bereich wünschen.

Bernhard Glatthaar, ADFC
Bernhard Glatthaar, ADFC | Bild: Altmann, Miriam (Extern)

Mit der Umgestaltung sollten die Konflikte gelöst werden, die seit Jahren durch die Mischung von Fuß- und Radverkehr beklagt wurden. Bernhard Glatthaar vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) hat sich am Samstag ein Bild vor Ort gemacht. „Morgens standen noch die Absperrungen, mittags war die Strecke dann frei“, erzählt er. Die Verkehrsteilnehmer müssten sich erst einmal an die Veränderungen gewöhnen. „Das muss sich jetzt zunächst einspielen“, glaubt er, „bei den Häflern ruckelt sich das sicher schnell ein.“ Die Frage werde sein, ob die Gäste erkennen, wo sie hier langfahren sollen.

Ein Pulk von Radfahrern an der Ampel vor dem Bahnhof.
Ein Pulk von Radfahrern an der Ampel vor dem Bahnhof. | Bild: Wieland, Fabiane

Als Fehler bezeichnet Glatthaar es allerdings, dass die Friedrichstraße überhaupt wieder für den gesamten Durchgangsverkehr geöffnet wurde. Während der Sperrung konnten nur Verkehrsteilnehmer mit Sondergenehmigung den Streckenabschnitt passieren. „Diese Chance hätte man zur langfristigen Verkehrsberuhigung nutzen können – man hat sie aber verpasst.“ Auch von handwerklichen Fehlern spricht er. So müssten Fahrradfahrer nun beispielsweise zwischen Autos und Lastwagen an drei Ampeln halten.

Und was sagen die Händler?

„Wir spüren bei der Kundenfrequenz noch keinen großen Unterschied“, sagt Natalie Schwelg, die in ihrem Nasch-Store Back- und Partyartikel anbietet. Offenbar habe es sich noch nicht wieder überall rumgesprochen, dass die Strecke wieder offen sei. Interessieren würde sie, was eigentlich mit den Podesten geplant sei. „Lassen wir uns einfach überraschen“, meint sie. Nach Angaben der Stadt sollen die Podeste begrünt, auf einigen Fahrradständer montiert werden.

Autos, Busse, Lastwagen – und jetzt auch Fahrradfahrer auf der Straße.
Autos, Busse, Lastwagen – und jetzt auch Fahrradfahrer auf der Straße. | Bild: Wieland, Fabiane

Auch im Miele-Center Jaeger glaubt man, dass sich die Streckenfreigabe noch nicht überall rumgesprochen hat. „Es ist ja auch erst der zweite Tag“, sagt Andrea Jaeger. Während der Bauarbeiten habe die Kommunikation mit der Verwaltung und den Baufirmen nicht immer gut funktioniert, kritisiert sie. Durchs Schaufenster sehen sie und ihre Kollegen direkt auf die Fahrbahn. Busse, Autos, Radfahrer, „das wird noch lustig“, glauben sie im Geschäft.