In der Regel fließt die Rotach gemächlich durchs Stadtgebiet, eher Flüsschen als Fluss, im Hochsommer auch mal nur Rinnsal. Radfahrer und Spaziergänger genießen gerne das Naturidyll. Doch die Rotach kann auch anders und Anwohner in Angst und Schrecken versetzen. Ob Schneeschmelze, tagelanger Regen oder Gewitterlagen – bei Hochwasser kann aus dem Bach im Handumdrehen ein reißender Strom werden, dem das Flussbett zu eng wird und der über die Ufer tritt. Dann werden mitunter Brücken überflutet, Gärten stehen unter Wasser und Keller laufen voll.

Ziel: Hohe Aufenthaltsqualität

Ein groß angelegtes Projekt soll nun den Schutz vor Überflutung erhöhen. Und nicht nur das: Der Flusslauf soll für Passanten noch attraktiver werden und mehr Erholungsraum bieten als bisher. Der Hochwasserschutz geht also einher mit einer höheren Aufenthaltsqualität. Das lässt sich die Stadt in den nächsten Jahren 20 Millionen Euro kosten.

Bei Niedrigwasser ein Idyll, bei Hochwasser eine Gefahr: die Rotach durchfließt das Friedrichshafener Stadtgebiet.
Bei Niedrigwasser ein Idyll, bei Hochwasser eine Gefahr: die Rotach durchfließt das Friedrichshafener Stadtgebiet. | Bild: Ambrosius, Andreas

Ortstermin mit Gemeinderäten

Bei einem Ortstermin schauten sich Gemeinderatsmitglieder des Ausschusses für Planen, Bauen und Umwelt um, Experten erläuterten die geplanten Eingriffe. Die sind zum Teil erheblich. Denn um Schutz vor einem sogenannten 100-jährigen Hochwasser zu gewährleisten, müssen auf einer Länge von etwa 2,5 Kilometern neue Mauern hochgezogen und Böschungen erhöht werden. Das Problem: Oft fehlt es an Platz. Es stehen zahlreiche Brücken oder Bäume im Weg. Entlang des Bachbetts verlaufen Straßen mit Versorgungsleitungen. Oder dort, wo eine Schutzmauer im besten Fall positioniert sein sollte, befinden sich Privatgrundstücke.

Plattformen und Bänke

Kreativität ist also gefragt. Niels Ullrich vom Planungsbüro RSI und Gerhard Hauber vom Büro Henning Larsen zückten Pläne und Skizzen, um die Maßnahmen zu verdeutlichen. Wo immer es geht, sollen kleine Plattformen und Ruhebereiche für Fußgänger entstehen. „Es soll eine Bereicherung für die Bevölkerung sein“, sagt Renate Gauß, Leiterin der Abteilung Stadtgrün und Friedhöfe im Stadtbauamt.

Die Experten Niels Ullrich (2.v.l.) und Gerhard Hauber (3.v.l.) zeigen am Plan, wo auf dem bisherigen Messeparkplatz P7 der Auwald ...
Die Experten Niels Ullrich (2.v.l.) und Gerhard Hauber (3.v.l.) zeigen am Plan, wo auf dem bisherigen Messeparkplatz P7 der Auwald entstehen soll (im Plan Grün markiert). | Bild: Ambrosius, Andreas

Aus Messeparkplatz wird Auwald

Die gravierendste Veränderung wird es auf einem Teilbereich des Messeparkplatzes P7 geben, der etwas südlich des ZF-Forschungs- und Entwicklungszentrums direkt an der Rotach liegt, auch als „Meierhöfle“ bekannt. Dort finden zuweilen Flohmärkte statt oder machen Zirkusse Station. Das wird sich ändern.

Rotach-Durchstich und Graben

Denn Eingriffe an der Rotach müssen kompensiert werden, das ist gesetzlich vorgeschrieben. Wo heute Autos parken können, ist ein Auwald vorgesehen. Was man im Unterlauf der Rotach vermeiden will, soll hier ermöglicht werden: „Es muss eine regelmäßige Überschwemmung geben können“, erläutert Gauß. Dafür wird an einer Stelle die Böschung zur Rotach geöffnet und ein Graben aufs Gelände angelegt, abgegrenzt durch eine Betonmauer. Schließlich soll der restliche P7-Parkplatz nicht überflutet werden.

Experte Hauber erklärt das Konzept Video: Ambrosius, Andreas

Von den derzeit 511 Parkplätzen werden demnach nur etwa 70 übrig bleiben, die erhöht im nördlichen Bereich an der B31 angelegt werden. Mit der Messe werde man das Gespräch suchen, was Ersatzparkplätze angeht, so die Stadtverwaltung.

2-Meter-Mauer bei Brücke

An der Aistegstraße müssen Mauern erhöht werden. Im Bereich einer Eisenbahnbrücke muss die Schutzmauer besonders hoch werden: bis zu zwei Meter. Kurz bevor die Rotach in den Bodensee mündet, geht es im Bereich der Schrebergarten-Siedlung besonders eng zu. Um hier 1,20 Meter hohe Erdwälle zu bauen, müssen die vorderen Schrebergärten weichen. Außerdem muss der Platzbedarf des künftigen Velo-Rings einkalkuliert werden. Erste Gespräche mit den Kleingärtnern hätten stattgefunden.

Bei Hochwasser geht‘s an der Schranke nicht weiter (v.l.): Hannes Bauer, Ralf Schwaderer, Martin Baur und Jochen Meschenmoser bei der ...
Bei Hochwasser geht‘s an der Schranke nicht weiter (v.l.): Hannes Bauer, Ralf Schwaderer, Martin Baur und Jochen Meschenmoser bei der Ortsbesichtigung an der Rotach | Bild: Ambrosius, Andreas

Alte Bäume müssen weichen

Nördlich der Lindauer Straße reichen private Gärten bis an den Fußweg, der von 15 großen Bäumen gesäumt ist. Diese werde man wohl opfern müssen, so die Planer, um die Schutzmauer platzieren zu können. In dem Bereich sollen neue Bäume gepflanzt werden.

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Um der Rotach mehr Platz zu bieten, wird das Flussbett verbreitert. Vorlandräumung nennen das die Fachleute. Da die Rotach viel Sand transportiert und an den Seiten ablagert, verringert sich der Gewässerquerschnitt. Diese Ablagerungen werden abgebaggert – es passt dann wieder mehr Wasser ins Bett. Renaturierungen sollen die Artenvielfalt erhöhen.