Rene Dittrich hat eben Melonen geerntet. In seinem Schrebergarten in Manzell gedeihen diese gut. Angefangen habe er mit dem Anbau vor zehn Jahren: „Damals dachten viele, dass das gar nicht geht.“ Wichtig sei eine dicke Kompostschicht unter der Pflanze, dann wachse sie eigentlich immer super mit Naturdünger. Und er hat einen weiteren Grund zur Freude: Sein Feigenbaum trägt in diesem Jahr viele Früchte. „Den haben mir Freunde aus Kroatien vor Jahren mitgebracht. Letztes Jahr hatte er fast gar nichts getragen.“
Wein ist am See zwar nicht exotisch. Aber auch die Trauben genießen
Direkt gegenüber hängen Kiwis dicht an dicht. Weil die Gartenbesitzer gerade unterwegs sind, beantworten sie Fragen am Telefon. Gertrud Kiebler schildert: „Die Kiwis waren schon da, als wir den Garten vor 13 Jahren übernommen haben.“ Sie seien seit Jahren schon sehr üppig. In einem Jahr hätten sie rund 1000 Stück ernten können. Was man mit so vielen Kiwis macht? „Wir essen jeden Tag zwei bis drei Stück, verschenken an Freunde und Nachbarn und ich koche auch Marmelade daraus.“
Auch einen Kaki-Baum hätten sie vor fünf Jahren gepflanzt. „Dieses Jahr hat er zum ersten Mal viele Früchte.“ Mit dem Feigenbaum in ihrem Garten sei es ähnlich gewesen: Der habe die ersten Jahre gar nichts getragen. In diesem Jahr hänge er richtig voll: „Wir haben schon so 15 bis 20 ernten können, die übrigen werden auch noch reif, wenn es noch warm bleibt.“ Das Wetter habe sich über die Jahre schon verändert. Das betont auch Rene Dittrich. „Es gibt auch keinen leichten Übergang mehr zwischen kühlen und warmen Jahreszeiten, es kommt Schlag auf Schlag. Das ist heute viel krasser. Da haben die Pflanzen auch zu kämpfen.“
Obstbauberater Jürgen Sittner vom Landratsamt Bodenseekreis ordnet die Entwicklung der vergangenen Jahre ein. Auffällig sei vor allem die Dauer von Extremwetterlagen: „Während es früher vielleicht zwei oder drei Hitzetage über 30 Grad gab, sind es jetzt schon bald 30.“ Auch Regenperioden hielten länger an, wobei man hier auch regionale Unterschiede berücksichtigen müsse. Im Bodenseekreis gebe es vergleichsweise viel Niederschlag – im Vergleich etwa zum Rheinland. Veränderungen, die sich im heimischen (Schreber-)Garten bemerkbar machen, aber natürlich auch im professionellen Obstbau.

Die Apfelblüte habe sich in den vergangenen 20 Jahren deutlich nach vorn verschoben, sagt Sittner, was vor allem wegen Spätfrosts ein Problem sei. Die Kombination aus mehr Regen- und mehr Hitzetagen, jeweils am Stück, erfordert Schutzvorkehrungen. Da seien zum einen Hagelnetze, um das Obst vor Sonnenbrand zu schützen und dann gebe es in kurzen Trockenphasen natürlich die Möglichkeit zu bewässern. Dagegen ist die Verfügbarkeit des Wassers in langen Trockenphasen eine immer größere Herausforderung.
Obendrein spiele die Schädlingsbekämpfung eine größere Rolle. „Vor vier oder fünf Jahren sind immer wieder Apfelbäume einfach abgestorben. Untersuchungen haben dann ergeben, dass eine Pilzart aus Italien, wo die Pflanzen herkommen, hier nun überlebt“, schildert Sittner. Durch die höheren Temperaturen sei der Pilz hier inzwischen lebensfähig. Ähnlich sei es mit Wanzen, deren Population inzwischen deutlich größer geworden sei – sowohl bei einheimischen als auch bei eingeschleppten Arten.
Gunstlage mit guten Anbaumöglichkeiten
Einige Faktoren ließen sich durch neue Züchtungen ausgleichen. „25 Jahre alten Obstsorten haben sicherlich keine Zukunft“, betont Sittner. So könnten stattdessen etwa besonders spät blühende Sorten geschaffen werden. Dennoch sei die Bodenseeregion nach wie vor eine Gunstlage mit vergleichsweise guten Anbaumöglichkeiten.
Ulrich Mayr, Leiter des Fachbereichs für Sortenprüfung beim Kompetenzzentrum Obstbau Bodensee, bestätigt die deutliche Sichtbarkeit des Klimawandels am Bodensee. Die Apfelblüte etwa habe sich in den vergangenen 50 Jahren um rund drei Wochen nach vorn verschoben. Darin liege aber auch eine Chance für Sorten mit längerer Vegetationsphase, die vorher hier nicht reif geworden seien. Risiko sei hier allerdings der Spätfrost.

„Werden hier keine Zitronen im großen Stil anbauen“
Aber: „Auch mit dem Klimawandel ist die Bodenseeregion nicht optimal für Südfrüchte. Wir werden hier keine Zitronen oder Kiwis im großen Stil anbauen“, sagt Mayr. In privaten Gärten sei die Lage anders. Da würde eine einzelne Pflanze ganz speziell betreut, häufig sei so ein Garten auch windstiller und daher abgeschirmter von Witterungseinflüssen. Generell sei die Gegend für Südfrüchte nach wie vor viel zu niederschlagsreich.