Der Johannistag war am Sonntag, weshalb die Markdorfer Variante des Sonnwendtags, das Hansafüratle, am gestrigen Montag gefeiert werden musste – also nicht am 24. Juni, dem Geburtstag von Johannes dem Täufer, sondern erst am 25. Juni. An mehreren Stelle in der Stadt versammelten sich die Schüler der Jakob-Gretser-Grundschule. Ein kleines Feuer wurde angezündet, das Angelus-Gebet gesprochen und im Anschluss baten die Kinder an den Türen von Geschäfts- und Privathäusern, Rat- und Pfarrhaus oder dem Polizeiposten um Süßigkeiten.
Für Aylin und Alexa, beide sechs Jahre alt, ist das dann auch der Kern des Hansafüratles. Natürlich hat es ihnen gefallen, als Dietmar Bitzenhofer mitten auf dem Rathausvorplatz die aufgeschichteten Holzscheite angezündet hat. Und natürlich hat es den beiden Schülerinnen Spaß gemacht, um das brennende Feuer herumzugehen. Das Eigentliche aber seien die "vielen Süßigkeiten", verrät Aylin.
Es geht um Licht und Feuer
Mögen die Ursprünge des Markdorfer Hansafüratles auch im Dunkeln liegen, wie Manfred Ill in seinem Aufsatz "Markdorfer Brauchtum im Jahresreigen" geschrieben hat. Soviel ist klar: Es geht dabei um Licht – genauer: um Feuer. Und es geht dabei um gute Gaben. Und obendrein geht es bei diesem uralten Brauch auch um Religion. Denn so viel steht fest: "Hansafüratle" fällt stets auf den Johannistag – Ausnahmen wie dieses Jahr bestätigen nur die Regel.

Das Hansafüratle, jener kleine Scheiterhaufen, wird immer zur selben Uhrzeit angezündet: Mittags um zwölf, just nachdem das die Gottesmutter grüßende Angelus-Läuten aus der Glockenstube der St.-Nikolaus-Kirche verklungen ist. Und mit "Gegrüßet-seist-du-Maria-voll-der-Gnade-der-Herr-ist-mit-dir" auf den Lippen kreisen die Kinder der Stadt dann um das lodernde Feuer.
Übrigens treffen sich die Markdorfer Grundschüler an verschiedenen Punkten in der Stadt. Was wohl auch daran liegt, dass die Schar nach dem Hansafüratle sich von Privat- wie Geschäftsleuten, aber auch vor dem Rathaus, dem Pfarrhaus und dem Polizeiposten Gaben erbitten. Wären die Kinder nicht aufgeteilt, stünden sie alle zusammen vor einem Haus. Das wäre wohl ein zu großes Gedränge – und nur für die Wenigstens fielen Bonbons, Schokoriegel und andere Süßigkeiten ab.
"Man gibt uns Nüss' und Äpfel" singen sie. Doch selbst bei Maria Haller in der Ulrichstraße gab's heuer keine Äpfel. "Das erste Mal, seit 37 Jahren, dass ich Bonbons verteile", erklärt sie. Gummibärchen und Fruchbonbons, Brause und Schokolade fingen die Kinder auch an den meisten übrigen Anlaufstellen aus der Luft – oder klaubten sie vom Boden.
"Wohin?!", hatte sich Jörg Schirm mit gespieltem Ernst erkundigt. Und den Leiter des Polizeipostens freute das laute "Doher-doher!" anschließend ebenso wie Rebekka Geldmacher, seine junge Kollegin. Spaß an den strahlenden Gesichtern hatten Bürgermeister Georg Riedmann und Amtsleiter Klaus Schiele sowie Pfarrer Ulrich Hund genauso wie die vielen Geschäfts- und Privatleute.
Hansafüratle
Das Fest ist eindeutig christlichen Ursprungs. Gefeiert wird der Geburtstag von Johannes dem Täufer. Was insofern eine Ausnahme ist, weil allen anderen Heiligen an ihrem Todestag gedacht wird. Der Johannistag knüpft allerdings an vorchristliche Riten an. Am 24 Juni ist die Sonnenwende. Den in der Nacht des längsten Tages im Jahr angezündeten Feuern wurde – und wird immer noch – eine reinigende Wirkung nachgesagt. Daher das Tanzen um den Scheiterhaufen. (büj)