Nach nur zwei Jahren droht Niclas Brennecke, dem Pächter des Strandbads am Böhringer See, schon wieder das Aus. „Ich stehe kurz vor der Insolvenz“, sagt er. Die Schuld daran gibt er nicht nur der wetterbedingt schwachen Saison, sondern auch der Stadtverwaltung. Diese würde ihm bewusst Steine in den Weg legen. Diesen Schilderungen widerspricht die Stadt allerdings deutlich.

Erst zur Saison 2024 hatte Brennecke nach einer komplizierten Suche das Bad als neuer Pächter übernommen. Er unterzeichnete mit der Stadt einen Vertrag für fünf Jahre. Eine Pacht muss er seither nicht entrichten, dafür aber die von der Stadt gewünschte Badeaufsicht stellen und die Gastronomie am Bad betreiben.

250.000 Euro investiert, 120.000 Euro Schulden

Dies tat Brennecke gerne, sagt er. Sein Ziel sei gewesen, gute und frische Qualität anstatt Convenience-Kost sowie ab und an besondere Veranstaltungen anzubieten – und das zu niedrigen Preisen. „Ich wollte ein Angebot für alle Böhringer schaffen, das sich jeder leisten kann“, berichtet er. Doch zunächst lief die Saison wegen des schlechten Wetters, wie bei vielen Bädern in der Region, nicht gut. „Die Zahlen sind deutlich schlechter als vergangene Saison, es ist eine Katastrophe“, sagt Brennecke. Er habe 500 Euro Betriebskosten pro Tag und oft nur 200 Euro Einnahmen gehabt.

Dabei hat er vor Saisonbeginn, in Erwartung eines angekündigten Rekordsommers, laut eigener Aussage noch 250.000 Euro in Umbauten gesteckt. „Unser ganzes Geld steckt hier drin“, sagt er über sich und seinen Partner. 120.000 Euro seien noch nicht abbezahlt, ihm stehe das Wasser finanziell bis zum Hals. „Die Situation belastet das ganze Team, wir sind hier wie eine Familie“, sagt er.

Um Zusatzeinnahmen zu generieren, hatte Brennecke bereits bei seiner Übernahme des Bades geplant, an den Wochenenden Veranstaltungen zu organisieren. Im ersten Jahr gab es nur wenige, es fehlte an Personal. 2025 wollte er damit durchstarten. Doch die Stadtverwaltung habe ihm plötzlich einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Das könnte Sie auch interessieren

Warum wurden die Veranstaltungen nicht genehmigt?

Eine Beachparty im Sommer mit begrenzter Teilnehmerzahl und Ausschank bis 21 Uhr habe die Stadt beispielsweise nicht genehmigt, weil die Öffnungszeiten des Bades kürzer sind. Auch ein Oktoberfest Anfang des kommenden Monats mit dem Musikverein Böhringen für 200 Personen sei nicht genehmigt worden. Die Stadt habe das damit begründet, dass es nach Saisonende zum 30. September eine Übergangszeit zum Einwintern gebe, in dieser gehe nichts. „Das steht so aber nicht im Vertrag, das habe ich sogar anwaltlich prüfen lassen“, kritisiert der Pächter.

„Ich glaube, das ist etwas Persönliches. In diesem Jahr wurde mir nichts genehmigt, obwohl ich laut Vertrag zwölf Veranstaltungen machen ...
„Ich glaube, das ist etwas Persönliches. In diesem Jahr wurde mir nichts genehmigt, obwohl ich laut Vertrag zwölf Veranstaltungen machen darf. Ich verstehe nicht, warum die Stadt uns Steine in den Weg legt“, sagt Niclas Brennecke. | Bild: Jarausch, Gerald

Sein Vorwurf: Die Begründungen der Stadt seien nur vorgeschoben. Noch im vergangenen Jahr seien die Genehmigungen kein Problem gewesen. Doch seither habe nebenan eine weitere Gastronomie aufgemacht, zudem habe es bei der zuständigen Stelle der Stadtverwaltung einen Personalwechsel gegeben und der Wind habe sich seither gedreht.

„Ich glaube, das ist etwas Persönliches. In diesem Jahr wurde mir nichts genehmigt, obwohl ich laut Vertrag zwölf Veranstaltungen machen darf. Ich verstehe nicht, warum die Stadt uns Steine in den Weg legt“, sagt Brennecke.

Stadtverwaltung widerspricht Darstellungen

Die Stadtverwaltung schildert auf SÜDKURIER-Nachfrage jedoch eine andere Version und widerspricht Niclas Brennecke in vielen Punkten. So teilt Pressesprecherin Natalie Reiser mit, es habe ursprünglich eine Anfrage für ein Sommerfest innerhalb der Öffnungszeiten des Bades gegeben. Dieses hätte auch ohne Probleme stattfinden können.

Im Anschluss sei jedoch eine kostenpflichtige Beachparty mit DJs und TV-Auftritt angefragt worden. Für eine Veranstaltung dieser Größe hätte Brennecke einen Antrag bei der Abteilung Sicherheit und Ordnung stellen sowie konkrete Angaben zur Besucherzahl machen und ein Sicherheitskonzept vorlegen müssen. „Nach dieser internen Abklärung und Weitergabe an die Pächter wurde nie ein Antrag für eine solche Beachparty gestellt“, sagt Reiser.

Das könnte Sie auch interessieren

Darum kann das Oktoberfest nicht stattfinden

Auch bei den Gründen für die Ablehnung des Oktoberfest widerspricht die Stadtverwaltung Brennecke. So sei im Pachtvertrag klar geregelt, dass die Saison des Bades vom 1. Mai bis zum 30. September dauert. Davor finde jeweils eine zweiwöchige Aus- und Einwinterung statt. „In diesen zwei Wochen ist kein Zutritt möglich. Da die Bäder nicht durchgehend beheizt werden und die Leitungen vor Frost geschützt werden müssen, sind diese Abläufe notwendig“, erklärt Reiser. Erst danach werde die Außenfläche des Bades wieder für die Öffentlichkeit geöffnet.

Für Veranstaltungen außerhalb der Saison müsse der Pächter zudem eine Nutzungsvereinbarung bei der Abteilung Vergabe beantragen, da dieser Zeitraum nicht mit dem Pachtvertrag abgedeckt sei. Zudem müsse er eine Konzession bei der Abteilung Sicherheit und Ordnung beantragen. Das Prozedere sei aufwendig und nur möglich, wenn ein Antrag frühzeitig gestellt wird. Brennecke könnte jedoch jederzeit ein Oktoberfest während der Saison veranstalten, dies habe die Stadt ihm auch so mitgeteilt, so Reiser.

Das könnte Sie auch interessieren

Stadt weist Vorwürfe zurück

Auch Brenneckes Vorwürfe, seit einem Personalwechsel zur Saison 2025 werde jeder Antrag abgelehnt, kann die Stadt nicht nachvollziehen. So habe außer dem Oktoberfest 2024 keine Veranstaltung außerhalb der Saison stattgefunden. Dies sei eine einmalige Ausnahme als Entgegenkommen an den neuen Pächter gewesen, zur Regel könne es im Sinne der Gleichbehandlung aller Pächter jedoch nicht werden.

„Einen personellen Wechsel der Sachbearbeitung seit Genehmigung des Oktoberfestes im Herbst 2024 gab es ohnehin nicht“, teilt Reiser weiter mit. Und auch die Eröffnung einer weiteren Gastronomie am See spiele bei den Entscheidungen der Stadt keine Rolle. Weiter macht die Stadt klar: „Grundsätzlich handelt es sich um ein Bad mit Kiosk als Saisonbetrieb. Unsere Bäder sind keine Party- oder Veranstaltungsorte und wenn ein Event geplant ist, sollte dieses innerhalb der Saison stattfinden.“

Wie geht es nun weiter?

Niclas Brennecke droht laut eigener Darstellung nun das Aus. „Die Einnahmen aus dem Oktoberfest hätten uns retten können. Aber wenn es nicht stattfinden kann, müssen wir Konkurs anmelden“, klagt er. Angesichts der Situation in anderen Radolfzeller Bädern, bei denen die Stadt monatelang nach neuen Betreibern suchen musste, wäre dies ein schwerer Schlag.

Das könnte Sie auch interessieren

Die Stadtverwaltung teilt derweil mit, sie stehe in regelmäßigem Kontakt mit den Badpächtern. So habe in der zweiten Septemberwoche ein Telefonat stattgefunden, in dem den Pächtern ein gemeinsames Gespräch nach der Badesaison vorgeschlagen worden sei. Darin sei gegenüber Brennecke auch die Ablehnung des Oktoberfests begründet worden.

Von einer drohenden Insolvenz sei der Verwaltung jedoch nichts bekannt und auch von finanziellen Schwierigkeiten habe Brennecke gegenüber der Sachbearbeitung nichts erwähnt. „Das Bad ist bereits pachtfrei vergeben worden. Schon vor Beginn der Saison 2025 wurde den Pächtern ein persönliches Gespräch vorgeschlagen. Dieses Angebot wurde allerdings nicht in Anspruch genommen“, so die Stadt.