Welche Projekte laufen in Böhringen derzeit und welche Maßnahmen sollen künftig umgesetzt werden? Darüber hat der Ortschaftsrat in seiner jüngsten Sitzung diskutiert. Konkret ging es um die Priorisierung seiner Projekte und anstehende Maßnahmen für den Haushalt 2026. Neben laufenden Vorhaben wie der Planungen für das Dorfgemeinschaftshaus und die Neugestaltung des Dorfplatzes, dem wetterfesten Ausbau der Aussegnungshalle, einer Photovoltaikanlage für die Schulsporthalle, der Optimierung des Radwegs am östlichen Ortsrand und der Sanierung des Radwegs zwischen Böhringen und Radolfzell standen weitere Themen auf der Agenda.

Besonders kontrovers verlief die Diskussion um die Verkehrssicherheit des innerörtlichen Gehwegs, der durch das Wurzelwerk großer Bäume stark beschädigt ist. Die Ratsmitglieder forderten mit Nachdruck, diese Maßnahme als höchste Priorität ergänzend aufzunehmen. Weitere Anliegen betrafen unter anderem den Einbau einer zweiten Toilette im Feuerwehrhaus, die vollständige Sanierung des Schuldachs sowie das Anbringen von Nisthilfen für Störche im Ried.

Der Ortschaftsrat soll mitreden

Bemerkenswert war die starke Präsenz der Radolfzeller Verwaltungsspitze, die mit Oberbürgermeister Simon Gröger, Stadtkämmerin Petra Ohmer, der Dezernentin für Stadtentwicklung und Mobilität, Angelique Augenstein, sowie Tiefbauamtsleiter Uwe Negraßus vertreten war. Das ist bei Ortschaftsratssitzungen eher die Ausnahme.

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Bis zum Amtsantritt von Simon Gröger war es üblich, dass die Ortsteile ihre Wunschlisten an das Rathaus übermittelten und der Gemeinderat anschließend über die Priorisierung entschied. Diese Praxis hat Gröger geändert: Bereits im zweiten Jahr besucht die Verwaltungsspitze nun alle sechs Ortsteile, um gemeinsam mit den Ortschaftsräten über Prioritäten, Mittelbedarf und offene Fragen zu beraten – und zusätzliche Anliegen direkt aufzunehmen.

Die neue Ortsmitte läuft

„Die Ortschaftsräte sollen souverän bleiben. Ihre Meinungen und Haltungen haben Bestand – sie sind die ersten Ansprechpartner der Bürger vor Ort, kennen die Lage und können Themen gut einschätzen“, betonte der Oberbürgermeister. „Ich verstehe mich als Botschafter Ihrer Entscheidungen im Gemeinderat. Zudem geht es uns darum, eine gute Stadtentwicklung zwischen den Ortsteilen und der Kernstadt hinzubekommen.“

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Böhringen genieße dabei eine besondere Aufmerksamkeit, da es mit dem zugesagten Sanierungsgebiet und dem fortgeschrittenen Planungsprozess zur Neugestaltung der Ortsmitte das derzeit größte Investitionsprojekt der Stadt darstelle. Die hohen Landeszuschüsse machten die Umsetzung auch finanziell möglich. „Das Dorfgemeinschaftshaus mit Dorfplatz ist für mich gesetzt – dieses Projekt wird zeitnah realisiert“, sicherte Gröger zu.

Ärger bei Schulsporthalle und Schulkeller

Die starke Präsenz der Verwaltungsspitze nutzten die Ortschaftsräte auch, um deutliche Kritik an der Umsetzung laufender Projekte zu äußern. Unverständnis herrschte etwa darüber, dass in der Schulsporthalle bereits der Boden saniert wurde, während die Erneuerung des darüber liegenden undichten Daches erst im kommenden Jahr vorgesehen ist. „Die Dachsanierung haben Sie als neue ergänzende Maßnahme später in den Haushalt eingebracht. Wir haben die betroffenen Stellen provisorisch abgedichtet“, entgegnete Angelique Augenstein.

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Auch die seit einem halben Jahr ausstehende Beseitigung des Schimmelbefalls im Schulkeller sorgte für Unmut im Gremium. Oberbürgermeister Simon Gröger verwies auf strukturelle und personelle Herausforderungen: „Wir haben doppelt so viele Gebäude wie andere Städte unserer Größe. Jetzt haben wir bei etlichen Gebäuden Sanierungsstau. Wir nehmen die Dringlichkeit mit und schicken eine Fachperson!“

Streit um Bäume am Radweg

Einen besonders kontroversen Punkt stellte erneut der Zustand des innerörtlichen Geh- und Radwegs dar – ein Thema, das Böhringen seit Jahren beschäftigt. Die rund 30 Jahre alten Bäume entlang der Strecke haben mit ihrem Wurzelwerk den Wegbelag so stark beschädigt, dass Stolperfallen entstanden sind und der Weg für Fußgänger mit Kinderwagen oder Rollator kaum noch nutzbar ist.

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Die Mehrheit des Ortschaftsrats fordert die Entfernung der Bäume und sieht die Stadt in der Haftung, sollte es zu Unfällen kommen. In der Sitzung entluden nahezu alle ihren Unmut darüber, dass sie trotz mehrfacher Anfragen und Anträge zur Herstellung der Verkehrssicherheit in dieser Sache wenig Gehör finden. Uwe Negraßus räumte zu diesem Thema ein, dass seinerzeit eine ungeeignete Baumart und ebenso unpassende Baumquartiere, die das Wurzelwerk halten sollen, gewählt wurden. Dezernentin Angelique Augenstein verwies jedoch auf die Begutachtung eines Baumexperten, dem zufolge die Bäume vital seien. Auch unter dem Aspekt des Klimaschutzes sei eine Fällung daher nicht ohne Weiteres vertretbar, auch wenn man das Problem sehe.

Der Fragenkatalog des Ortschaftsrates, der mitunter viele Interpretationsspielräume gebe, so Uwe Negraßus, sei in der Bearbeitung und man werde bis zur Oktobersitzung eine Lösung suchen. Er hoffe, dass diese kostengünstig umzusetzen sei, es könne aber auch sein, dass man im fünfstelligen oder sechsstelligen Bereich lande.

Ortschaftsrat muss „etwas radikaler werden“

Oberbürgermeister Simon Gröger setzte dem Hin und Her ein Ende. Er machte deutlich, dass es für solche kommunale Situationen, die nachhaltige Lösungen unter Einsatz großer Personalenergie erforderten und wo es um unterschiedliche Haltungen gehe, eine politische Entscheidung brauche. Gröger empfahl dem Ortschaftsrat zur Durchsetzung seiner Interessen „etwas radikaler zu werden“ und einen Antrag zu stellen. Damit solle die Verwaltung beauftragt werden, für die Oktober-Sitzung alle notwendigen Erstuntersuchungen durchzuführen, um ein Grobkonzept für die verkehrssichere Gestaltung des Weges und eine Einschätzung der Verwaltung zu präsentieren.

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Dann müsse der Ortschaftsrat klar und mutig Position beziehen – entweder dem Vorschlag folgen oder einen eigenen Antrag stellen und das Ganze mit einer konkreten Priorität und einem Betrag im Haushalt hinterlegen. „Wichtig ist, dass sich der Ortschaftsrat einig ist und Ortsvorsteher Jürgen Keck dann bei den Haushaltsplanberatungen, wo der Gemeinderat entscheidet, eine klare Haltung vertreten kann!“, betonte er. Ein einstimmiger Arbeitsauftrag wurde in der Sitzung gemeinsam formuliert.

Störche und zweite Toilette

Ebenfalls diskutiert wurde zu Nisthilfen für Störche im Ried und das Storchenmanagement allgemein in Böhringen – Themen, über die schon in vorangegangenen Sitzungen lang und breit mit Experten diskutiert worden war. Eine weitere Diskussion bezog sich auf eine zweite Toilette im Feuerwehrhaus. Auch wenn es im Zuge der Ortskernsanierung woanders einen Neubau geben soll – nach Informationen der Ortschaftsräte vielleicht in zehn Jahren –, braucht es nach Ansicht des Rates dringend eine Übergangslösung mit möglichst geringen Mitteln, die Männern und Frauen getrennte Toiletten ermöglicht.