Der Verkehrslärm bleibt draußen, die Hitze auch. Wer die „Ästhetic Lounge“ der Dorow Clinic in Waldshut betritt, trifft auf angenehme Kühle, Stille und gedämpftes Licht. Die Damen am Empfang tragen Pink. An den Wänden hängen großformatige Fotografien von ästhetischen, nackten Frauenkörpern in Schwarz-Weiß, geschickt mit einem Hauch Dramatik in Szene gesetzt.

350 Mitarbeiter und 40 Ärzte

Gründer und Chef der Klinik ist Andreas Dorow, Herr über 350 Mitarbeiter, darunter 40 Ärzte und Zahnärzte. Er leitet die 2008 gegründete Zahn- und Schönheitsklinik mit acht Standorten – in Gottmadingen, Jestetten, Waldshut, Lörrach, Dogern, Bad Säckingen und zwei in Freiburg. Demnächst kommt ein neuer Standort für Schönheitschirurgie in Zürich hinzu.

Wird oft der Schönheitspapst genannt: Werner Mang aus Lindau.
Wird oft der Schönheitspapst genannt: Werner Mang aus Lindau. | Bild: Bodenseeklinik

In Lindau, 160 Kilometer östlich von Waldshut, residiert seit über 30 Jahren Schönheitspapst Werner Mang in der Bodenseeklinik, der regelmäßig durch deutsche Talkshows tourt. Außer dem 75-jährigen Chef operieren dort zwei Ärzte, die Klinik hat über 30 Mitarbeiter. Für Andreas Dorow ist Mang keine Konkurrenz, wie er sagt. Wie hat es der 52-Jährige geschafft, so groß zu werden?

Während Werner Mang sich bedeckt hält, welche Prominenten er bereits operiert hat, geht Andreas Dorow offen damit um. La Toya Jackson, die Schwester des Popstars Michael Jackson, erzählt im Video, wie zufrieden sie mit Empfang und Behandlung war: „I love Dorow Clinic“, sagt sie.

Prominenz in der Klinik: La Toya Jackson, Michael Jacksons Schwester mit Klinikchef Andreas Dorow.
Prominenz in der Klinik: La Toya Jackson, Michael Jacksons Schwester mit Klinikchef Andreas Dorow. | Bild: Dorow Clinic

Der Fernsehsender RTL berichtet über den Arzt in der deutschen Provinz, der der Sängerin die Zahnschmerzen nimmt. Ihre Ankunft am Standort in Lörrach gerät zum Spektakel mit Rotem Teppich. Alle Mitarbeiter stehen vor der Klinik und applaudieren, als die Sängerin aus ihrer Luxus-Limousine steigt.

Lidstraffung und Nackenbuckel entfernen: Daniela Katzenberger ist gute Kundin in der Dorow Clinic.
Lidstraffung und Nackenbuckel entfernen: Daniela Katzenberger ist gute Kundin in der Dorow Clinic. | Bild: Dorow Clinic

TV-Star Daniela Katzenberger ist Dauergast. Wie ihre Eltern hat sie sich unter anderem die Lider straffen lassen. Sie selbst spricht in Videos an der Seite des Klinikchefs über ihre Ängste und die zahlreichen OPs. TV-Star Carmen Geiss gönnte sich zu ihrem 60. Geburtstag ein Facelift mit Halsstraffung. Kosten: 18.000 Euro aufwärts. Zu ihrer Party in St. Tropez waren die Dorows eingeladen.

Carmen Geiss vor (links) und nach dem Facelift (rechts).
Carmen Geiss vor (links) und nach dem Facelift (rechts). | Bild: Dorow Clinic

Roger Glover, Bassist von Deep Purple, und US-Schauspieler Vincent de Paul erzählen im Video von ihrer Behandlung in der Zahnklinik.

Andreas Dorow vermarktet die Besuche der Promis geschickt auf seiner Homepage, setzt aber gleichzeitig auf die Fortbildung seiner Ärzte. „Sie sind die Stars, nicht ich“, sagt er.

Sie arbeiten mit modernsten OP-Methoden. In eigenen Zahntechnik-Laboren designen Techniker am PC aus 3-D-Scans der Mundhöhle einen passgenauen Zahnersatz, der am Ende im 3-D-Drucker produziert wird. Er gibt sich nahbar für seine Patienten und setzt auf Freundlichkeit.

Das Leben der Promis ist nichts für ihn

Die Welt der Stars und Sternchen sei nicht seine Welt, sagt er. Als Sohn zweier Lehrer ist er mit vier jüngeren Schwestern auf der Schwäbischen Alb aufgewachsen. Seine Großmutter war Krankenschwester, ein Großonkel Allgemeinmediziner und der Urgroßvater Chefarzt in der Chirurgie.

Er selbst hat Medizin und Zahnmedizin studiert und sich dann in plastischer Chirurgie ausbilden lassen. Entsprechend gliedert sich die Klinik in drei Bereiche: Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Zahnmedizin von der Zahnreinigung bis hin zu kompletten Implantaten und Gebissen sowie die Schönheitschirurgie.

Wer mit seinem Körper nicht zufrieden ist, kann sich hier für Tausende Euro operieren lassen: Faltenunterspritzung, Botox, Facelift, Nasenkorrektur, Brustvergrößerung, Fettabsaugung, Po-Vergrößerung und Wadenformung sind nur einige der Schönheits-OPs im Angebot – pro Jahr sind es 5000, sagt Andreas Dorow.

Nach dem Studium arbeitete er zunächst in Stuttgart, dann am Bundeswehrkrankenhaus in Ulm. Er operierte Soldaten nach Unfällen, aber auch Patienten mit Tumoren und Kieferfehlstellungen und setzte Zahnimplantate.

Zur Schönheitschirurgie kam er, wie er sagt, über einen Freund, der plastischer Chirurg war und ihn ausbildete. Immer mehr Krankenschwestern, Bekannte und Freunde sprachen ihn an. „Die Chefsekretärin hatte Hängelider, manche wollten ein Facelift oder ihren Speck weghaben“, sagte er. „So habe ich abends nach Dienstschluss die halbe Klinik durchoperiert“, lacht Andreas Dorow. „Am Bundeswehrkrankenhaus ging das damals, und ich hatte einen Chef, der es selbst lernen wollte.“

Beratungsgespräche finden in dieser Sitzgruppe statt.
Beratungsgespräche finden in dieser Sitzgruppe statt. | Bild: Hofmann, Birgit

In den lichtdurchfluteten Beratungsräumen gruppieren sich glänzende schwarze Sessel um einen kleinen, gläsernen Tisch, daneben steht eine Behandlungsliege. Die Ärzte tragen hier keine weißen Kittel, sondern schwarze Hosen und Shirts. Am Ausschnittrand steht in goldenen Lettern ihr Name.

„Will jemand ein Facelifting oder eine neue Nase, dann setzen wir uns zusammen entspannt hin und besprechen das“, sagt Andreas Dorow. Ganz wichtig ist ihm, wie sein Team mit den Patienten umgeht. Heute stößt er immer dann dazu, wenn jemand unzufrieden mit dem Ergebnis ist.

Alle duzen sich

Kleine Angelegenheiten regelt er im Vorbeigehen sofort, so wie die Bestellung eines speziellen OP-Bestecks, auf das zwei Mitarbeiterinnen ihn ansprechen. Er scheint überall zu sein und hat nicht nur Augen für die Patienten, die er grüßt, sondern auch für die Mitarbeiter. Er duzt alle, egal ob Arzt, Pflegerin, Azubi oder Hausmeister – und sie ihn.

Auffallend ist, dass sein Team sehr jung ist. „Es gibt auch ältere Ärzte“, entgegnet er. „Aber ich werde lieber von einem engagierten 40-Jährigen operiert als von einem 60-Jährigen, der Erfahrung mit alten Dingen hat. Das ist in der Medizin nicht anders als im Marketing. Unsere Ärzte können sich aufs Operieren konzentrieren statt auf lästige Dokumentation“, sagt er. „Wir schauen, dass die Jungen schnell viel Erfahrung bekommen und viele Fortbildungen machen.“

Die Pausenzone war früher sein Wohnzimmer

Zum Gespräch führt er in die Pausenzone der Klinik und nimmt auf einem Sofa Platz. Ein eigenes Büro hat er nicht. „Das unterscheidet mich wahrscheinlich von anderen Chefs“, lacht er. „Aber dafür war kein Platz. Lasst‘s euch schmecken“, ruft er zwei Frauen zu, die mit einem Eis in der Hand vorbeigehen, die eine ist plastische Chirurgin.

Mit seiner Frau, einer Physiotherapeutin, die er 1999 in Luzern kennenlernte und die sich um die Personalsuche kümmert, lebt er in einem großen umgebauten Bauernhof in Birndorf, wenige Kilometer von Dogern entfernt. Rund um sein Haus gibt er im Juli ein Sommerfest für alle 350 Mitarbeiter. „Wir haben zwei Hektar Land drumherum, da ist das kein Problem.“

Seine 20-jährige Tochter wohnt in der Einliegerwohnung und beginnt im Herbst ihr Medizinstudium. Sein 17-jähriger Sohn wohnt in Zürich und studiert an der ETH Physik. „Er ist hochbegabt und hat zwei Klassen übersprungen“, sagt Andreas Dorow.

Anfangs wohnte er in der Praxis

In dem mehrstöckigen Gebäude direkt in Bahnhofsnähe in Waldshut hat er im Laufe der Jahre immer mehr Räume übernommen und expandiert. Schon gleich zu Beginn hatte er den Vermieter gefragt, ob er sein Logo an der Fassade anbringen darf. Er durfte. Kurz zuvor hatte er seine Zahnarztpraxis noch in Tiengen. Den Standort im Süden der Republik wählten er und seine Frau wegen der günstigen Lage zwischen beiden Elternhäusern in Albstadt und Luzern.

Anfangs wohnte er hier auch. „Der Pausenraum war früher unser Wohnzimmer.“ Gleich nebenan liegen die Zahntechnik-Labore. „Hallo Jens, na, wie geht‘s?“, ruft er dem Mann mit den Kopfhörern zu. „Alles klar“, antwortet dieser lächelnd.

Direkt vom Obi-Baumarkt abgeworben: Jens Meurer von der Rezeption.
Direkt vom Obi-Baumarkt abgeworben: Jens Meurer von der Rezeption. | Bild: Hofmann, Birgit

Vor zehn Jahren war Jens Meurer noch im Obi-Baumarkt in der Elektroabteilung. „Nach der Beratung hab‘ ich ihm sofort einen Job bei mir angeboten“, sagt Andreas Dorow. „Er kann einfach mit Kunden.“ Heute kümmert er sich an der Rezeption um die Patienten.

Der Klinikchef überlässt nichts dem Zufall. Für Social Media, Videos und Veranstaltungen gibt es eine eigene Abteilung und Studios. Seit zwei Jahren operiert der 52-Jährige nicht mehr selbst, sondern kümmert sich nur noch um Management und Vermarktung, dreht Videos, gibt Ernährungstipps auf Instagram, wo die Klinik fast 60.000 Follower hat.

„Ich wollte das nie so“

Ist er zufrieden, mit dem, was er erreicht hat? Andreas Dorow lacht. „Ich wollte das nie so“, sagt er. „Ich hatte nie einen Business Plan, aber immer Spaß daran, coole Sachen zu entwickeln. Aber es ging nie darum, etwas Großes aufzubauen und Erfolg zu produzieren.“