Professor Wolfgang Fuchs, gelernter Hotelfachmann, seit 2001 Studiengangsleiter Tourismusbetriebswirtschaft II (Hotel- und Gastronomiemanagement) an der DHBW Ravensburg, über deutsche Hotelkonzerne und warum Markdorf, nicht akttraktiv genug ist.
Herr Fuchs, warum ist Markdorf für eine Hotelkette kein attraktiver Standort?
Hotelkonzerne haben eigene A-B-C-Kriterien, nach denen sie entscheiden. Das sind unter anderem Einwohnerzahl, Kaufkraft, Infrastruktur, Flughafen. Zuerst werden grundsätzlich A-Standorte besetzt, dazu gehören beispielsweise Berlin, Hamburg und München. Ist dort der Markt gesättigt, geht es in die B- und C-Standorte.
Städte am Bodensee würde ich der C-oder D-Kategorie zuordnen. Da ist dann vor allem Konstanz attraktiv, Friedrichshafen und Lindau. Markdorf spielt weniger eine Rolle – eine Stadt unter 15 000 Einwohnern steht nicht im Fokus von großen Hotelketten.

Bietet Markdorf als zentrale Lage im Bodensee-Hinterland nicht eine gute Lage?
Markdorf hat das Problem, dass es eben im Hinterland und nicht direkt am See liegt und dass es von der Saisonalität abhängig ist. Es gibt schwache Monate, wie Januar und Februar, da wird es schon schwieriger. Das hat man in Städten wie München und Berlin weniger. Es geht letztlich einfach um Cash und Profit.
In der Konzernhotellerie sind die Betreiber Markengesellschaften und die Immobilien gehören Banken, Versicherungen oder Fonds. Da steckt nüchternes Investitionskalkül dahinter. Ein klassischer Schwellenwert für Neubauten sind 100 Zimmer – darunter rentiert sich ein Haus schwieriger.
Wie könnte Markdorf für einen Investor interessant werden?
Das Hinterland profitiert, sobald die Nachfrage am See überläuft. Doch je mehr Hotels am See gebaut werden, was seit Jahren der Fall ist, desto mehr wird vor Ort abgeschöpft. Die gegenwärtige Auslastung in Markdorf beträgt circa 35 Prozent aller Schlafgelegenheiten und ist damit überschaubar.
Ein Problem in der Hotellerie sind fehlende Fachkräfte. Wie kann man dem entgegenwirken?
Es wird immer mehr automatisiert, sei es bei der Buchung, beim Check-In oder beim Aufenthalt. Viele Hotelgruppen konzentrieren sich auf die Übernachtungen, ohne Gastronomie.
Es wird dann höchstens ein Frühstück angeboten. Man verdient mit den Zimmern das Geld, nicht mit der Hotelgastronomie. Der Gewinn kommt die Treppe hinab. Daher setzen viele neue Marken stark auf die Beherbergung.
Wohin geht die Zukunft von Hotels – wird es mehr oder weniger Übernachtungsmöglichkeiten geben?
Nachfrage und Angebot steigen in den vergangenen Jahrzehnten, allerdings das Angebot stärker als die Nachfrage. Deshalb sind die Preise in Deutschland relativ niedrig. Es gibt einen gegenwärtigen Boom in Hotelimmobilien, denn das Kapital auf dem Markt sucht verzweifelt nach Anlage. Das schafft Überkapazitäten und drückt den Preis.
Familienbetriebe können kaum mithalten und sich nur schwer durchsetzen. Was früher Frühstückspensionen waren, ist heute Konzerthotellerie mit Namen wie „Ibis“, „Arcor“, „B & B“, „Holiday Inn Express“ oder „Motel One“.
Was müssen Hotels heute leisten, um von den Gästen gebucht zu werden?
Es läuft vieles über Sichtbarkeit im Netz, ein guter Standort und Ausstattung sind wichtig. Servicequalität und Emotionalisierung spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Das Hotel muss sein Alleinstellungsmerkmal klar machen.
Was kann die Stadt Markdorf unternehmen, um einen potenziellen Investor zu gewinnen?
Das entscheidet nicht die Stadt, sondern der Markt. Ich denke nicht, dass vonseiten der Konzernwelt etwas kommen wird, die konzentrieren sich auf Konstanz, Friedrichshafen, Lindau oder Bregenz.
Eine Lösung sehe ich in Familienbetrieben, privaten Investoren oder regionalen Unternehmen, die andere Entscheidungsgrundlagen für eine Investition zurate ziehen, zumal durch die Schließung des Bischofsschlosses eine Lücke entstanden sind.