Maria Wirth kennt das Hotelgeschäft. Viele Jahre leitete sie den Markdorfer Campingplatz und das dazugehörige Hotel, mittlerweile führen ihre Kinder die Geschäfte. Die Familie Wirth betreibt mit über 120 000 Übernachtungen im Jahr den größten Übernachtungsbetrieb in der gesamten Ferienregion Gehrenberg-Bodensee – und dieser hätte nach Plänen der Familie weiter wachsen sollen.
So sei eine gemeinsame Rezeption von Hotel und Campingplatz geplant gewesen, ein Bistro, die Erweiterung der Saunalandschaft sowie des Hotels um 15 Zimmer. "Diese Thematik wurde schwieriger als gedacht. Eigentlich sind wir schon davon ausgegangen, dass wir den Zuschlag haben und mit den Bauarbeiten starten können", sagt Maria Wirth. Doch letztendlich bewilligte die Bank den Kredit nicht. Die Umbauarbeiten in Steibensteg müssen nun kleiner ausfallen.
Kernstadt braucht ein Hotel
Daher ist es laut Wirth umso wichtiger, dass es auch in der Kernstadt ein Hotel gibt. "Wo für einen Platz ist, ist auch für zwei, drei Mitbewerber Platz. Das befruchtet den Wettbewerb", so Wirth. Vor allem in den schwachen Wintermonaten muss man den Gästen eine entsprechende Infrastruktur bieten können. "Markdorf ist aus meiner Sicht ein kleines, feines, mediterranes Städtchen. Unsere Gäste sind oft sehr positiv überrascht vom Flair und vom Leben in der Stadt", sagt die Hotelfachfrau.

Das Hotel Wirthshof verfügt über 24 Zimmer, vier Einzel- und 20 Doppelzimmer. "Heute würden wir keine Einzelzimmer mehr bauen", sagt Wirth. Urlaube verbringen größtenteils Paare miteinander und auch Geschäftsreisende buchen für eine Person eher ein Doppelzimmer. "Wir vermissen das Hotel Bischofschloss", sagt Maria Wirth wehmütig. Betreiber Bernd Reutemann habe ein sehr gutes Marketing gemacht und man habe gut miteinander kooperiert.
Wie es nun mit dem Bischofsschloss weitergeht? Maria Wirth weiß es nicht. Die Chancen auf ein Hotel-Comeback schätzt sie sehr niedrig ein. "Da müsste ein Investor Millionen investieren." Auch sei der Investor im seltensten Fall auch der Betreiber und beide Seiten müssen verdienen.
Interessante Zielgruppe ansprechen
Sie erinnert sich noch zurück, als der frühere Bürgermeister Bernd Gerber für das ehemalige Bucher-Areal in der Hauptstraße (heute Stadthaus) einen Hotelinvestor an der Angel hatte – doch dieser machte einen Rückzieher. "Die Gründe dafür kenne ich nicht", so Wirth. Sie würde sich freuen, wenn es ein weiteres Hotel in Markdorf geben würde – wo auch immer.
Es muss natürlich wirtschaftlich rentabel sein und der Betreiber eine für ihn interessante Zielgruppe ansprechen. "Das muss man leben. Es gehört sehr viel Herzblut dazu", so Wirth, die 20 Jahre Vorsitzende der Tourismusgemeinschaft war.
Gäste bleiben nur ein paar Tage
Markdorf profitiere von Kurzzeittouristen, Spontanurlaubern und Geschäftsreisenden – die füllen zwei, drei Tage in der Woche, aber keine sieben. "Man braucht ein Konzept und muss seinen Gästen etwas Besonders bieten." Drei Monate gehen in der Bodenseeregion laut Wirth von allein, neun Monate muss man sich bemühen.
Deutschland-Tourismus hat zugenommen
Für die Hotellerie lebt auch Uwe Felix, der das Hotel "Traube am See" in Friedrichshafen-Fischbach betreibt. Er ist zweiter Kreisvorsitzender des Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) in Ravensburg. Die Bedeutung des Deutschland-Tourismus hat zugenommen. Viele Bestandsbetriebe haben ihr Angebot an Qualität und Quantität erhöht.
Die meisten Betriebe sind recht zufrieden", sagt er zur Hotelsituation im Bodenseekreis. Allerdings müsse man insgesamt auch eine starke Zunahme des Angebots feststellen. Dieser Bettenzuwachs sei auch dem Zinsumfeld geschuldet, das den Bau von Hotels auch für Investoren attraktiv macht.
"Grundsätzlich befinden wir uns noch in einer Hochkonjunkturphase. Wir können nur hoffen, dass die Zukunft besser wird, wie viele Konjunkturwarnungen vermuten lassen", so Felix. Markdorf sei in seinen Augen eine interessante und vor allem auch hübsche Stadt. Ob sie ganzjährig genügend Übernachtungsvolumen generiert, um damit ein Hotel in wirtschaftlich interessanter Größe ausreichend auszulasten, sei laut Felix allerdings fraglich. Eine Zielgruppe sei immer auch vom Hotel abhängig.
Messe Friedrichshafen ist kein Zugpferd
Auf die Messe Friedrichshafen als Zugpferd oder Umsatzbringer zu setzen, sei falsch. Erstens habe die Messe selbst zu kämpfen und bis auf zwei bis drei Messen, also zehn bis 12 Messetage im Jahr, sei die Zimmerkapazität in Friedrichshafen ausreichend.
Messebesucher müssten nicht auf Markdorf ausweichen. Er empfiehlt der Stadt, sich zurückzuhalten, wenn eine Einflussnahme auf den Wettbewerb vermieden werden soll. "Die Stadt sollte vermeiden, Investoren mit falschen Versprechungen anzulocken", so der zweite DEHOGA-Kreisvorsitzende.
Markdorf mus Investoren locken
Sylvia Westermann sieht dagegen die Stadt in der Verantwortung: "Markdorf muss die Investoren locken und sich um ein Hotel bemühen", sagt die Geschäftsführerin der Tourismusgemeinschaft. Ihr und ihren Kollegen in der Tourist-Information fehlen Hotelkapazitäten in der Stadt. "Uns gehen Touristen verloren, weil wir kein entsprechendes Angebot mehr haben."
Bürgerliche Gastronomie mit Zimmern
Markdorf brauche ihrer Meinung nach eine Gastronomie im gut bürgerlichen Segment mit Zimmern. "Wir können viele, die auf dem Weg sind, wie Wanderer, Radfahrer oder Pilger nicht bedienen", sagt Westermann.
Die Nachfrage sei da, ob das Bischofschloss allerdings wieder als Hotel in Frage kommt, sieht auch sie kritisch. Sie ist aber davon überzeugt, dass für das historische Gebäude mehrere Alternativen in Frage kommen würden.
Dialog mit den Bürgern
"Es steht und fällt mit einem guten Konzept. Aber es gibt in Markdorf so viel kreative Köpfe und Unternehmen. Im Dialog mit den Bürgern ist da sicher einiges möglich", so die Touristikerin.
Sie könnte sich beispielsweise eine Jugendherberge vorstellen, die nicht mit Wellness und Balkonen glänzt, sondern mit Charme und Einfachheit in den Schlosszimmern.
Zeitlich befristete Zwischenlösung
Wichtig sei, dass das Bischofsschloss nun nicht über Jahre leer stünde, dann werde es schwierig. Sie könne sich auch eine zeitlich befristete Zwischenlösung vorstellen. "Es gibt nichts Schlimmeres als völliger Leerstand". Kurzfristig sehe sie aber keine geeigneten Standorte für ein Hotel – es fehlt an Grundstücken und Investoren.