Zwei mächtige Geländewagen mit Antennen und Satellitenschüsseln draußen, eine Gruppe von Männern mit Einsatzjacken und kleinen Kästchen mit vielen Knöpfen drinnen. „Kommen Sie rein; das hier ist unser Shack“, sagt Robert Traussnig. Hier, in der Bergheimer Straße in Markdorf, haben Funkamateure aus der ganzen Region Bodensee-Oberschwaben ihre Notfunk-Zentrale aufgebaut. Von hier aus können sie im Katastrophenfall ein Kommunikationsnetz für den Raum von Bregenz bis Überlingen aufbauen.

Funkamateure kommen in Markdorf zusammen

„Ein Funk-Shack ist der Standort jedes Funkers, seine ‚Hütte‘“, erklärt Traussnig, Vorsitzender der Funkamateure im Bodenseekreis, die im Deutschen Amateur Radio Club (DARC) organisiert sind. Doch diese Hütte ist etwas Besonderes: Ehrenamtlich organisierte Funkamateure aus dem Bodenseekreis und den Landkreisen Lindau und Ravensburg treffen sich hier, um im Katastrophenfall sofort und flächendeckend einsatzbereit zu sein. Dafür haben sie aus verschiedenen DARC-Kreisverbänden den neuen Verein Notfunk Bodensee gegründet.

Das Team von Notfunk Bodensee im Markdorfer Funk-Shack, jeweils mit ihren Funkzeichen (von links): Hubert Stiehle (DK9TI), Trebian, Rolf ...
Das Team von Notfunk Bodensee im Markdorfer Funk-Shack, jeweils mit ihren Funkzeichen (von links): Hubert Stiehle (DK9TI), Trebian, Rolf Knobelspieß (DO9ABC), Stefan Heckner (DO8EE), Robert Traussnig (DL5RT), Ernst Steinhauser (DL3GBE) und Harry Kurrle (DB1AMG). | Bild: Thomas Kapitel

Katastrophen können überall passieren

Im Ahrtal zum Beispiel hat sich gezeigt: Katastrophen können blitzschnell und überall eintreten. Wenn dann noch Strom und Kommunikationsnetze ausfallen, wird es auch für die Einsatzkräfte dunkel. In solchen Situationen wollen die Amateurfunker schnell mit Know-how und Technik vor Ort sein und per Satellitenkontakt ein flächendeckendes WLAN aufbauen. Internet, Handys und Telefone funktionieren dann wieder. Die Notfunkzentrale Bodensee in Markdorf ist ein bundesweites Pilotprojekt.

Das könnte Sie auch interessieren

Zentrale kontinuierlich ausgebaut

Seit dem offiziellen Start des Pilotprojekts im Juni 2022 haben die Funkamateure ihr Markdorfer Shack kontinuierlich ausgebaut. Neben dem Funkraum im ersten Stock haben sie noch einen Besprechungs- und Schulungsraum für bis zu 20 Personen. „Und die Firma Intimus stellt uns jetzt noch das gesamte zweite Obergeschoss zur Verfügung“, freut sich Robert Traussnig. „Mit Küche, Bad und allem. Da können wir uns im Einsatz-Fall für mehrere Tage hier einquartieren.“

Das Handgerät ist immer dabei, auch bei Robert Traussnig: Ist der Gehrenberg in Sicht, geht damit alles.
Das Handgerät ist immer dabei, auch bei Robert Traussnig: Ist der Gehrenberg in Sicht, geht damit alles. | Bild: Thomas Kapitel

Überhaupt laufe die Unterstützung mit Intimus und der Maker-Werkstatt Toolbox im Haus hervorragend. Die Technik-interessierten jungen Leute lassen sich von den Einsatzmöglichkeiten des Amateurfunks begeistern: Bereits zehn Anmeldungen gab es für die Funkausbildung im Haus; nicht wenige dürften neue Mitglieder bei den Funkern werden. So wie ein junger Mann aus Bermatingen mit Künstlernamen Trebian, der gerade die Funkerausbildung macht und sein handwerkliches Geschick schon am Geräte- und Fahrzeugpark eingebracht hat.

Von den Männern kann man einiges lernen

Lernen kann man hier einiges. Von Hubert Stiehle etwa, erfahrener Entwickler aus der Airbus-Raumfahrttechnik, der die Messtechnik anhand eines Oszilloskops erklärt. Von Ernst Steinhauser aus Weingarten, der sich im DARC-Bundesvorstand für Finanzausgleich und Frequenzmanagement einsetzt. Von Harry Kurrle, der sonst bei MTU an Marinesystemen arbeitet, oder von Rolf Knobelspieß aus Schlier, der auch beim Technischen Hilfswerk ist und das 7,5 Tonnen schwere Funkmobil „Krümel“ fährt.

Allrad-Ford „Krümel“ und Mercedes G sind aufgerüstet und einsatzbereit: Harry Kurrle (links) und Robert Traussnig mit ihren ...
Allrad-Ford „Krümel“ und Mercedes G sind aufgerüstet und einsatzbereit: Harry Kurrle (links) und Robert Traussnig mit ihren Notfunk-Fahrzeugen. | Bild: Thomas Kapitel

Stadt erteilt Genehmigung für den Gehrenbergturm

Die „kritische Masse“ an notwendiger Personaldecke für eine Notfunkzentrale sei erreicht, sagt Robert Traussnig. Und noch viel mehr: „Wir bekommen den Gehrenbergturm! Den Schlüssel haben wir schon“, freut sich Traussnig. Die Genehmigung der Stadt ist unterschrieben, die Armaturen des früheren Betreibers sind abgebaut und nun dürfen die Notfunker den Turm allein nutzen. „Wir sind froh und dankbar an die Stadt, dass das so funktioniert“, ergänzt Harry Kurrle.

Nun können die Amateurfunker von jedem Punkt aus, von dem man den Gehrenberg sieht, selbst bei Stromausfall ins Funknetz kommen – also quasi von der gesamten nördlichen Bodenseeregion aus. Vom heimischen Shack aus genauso wie vom Handgerät, das jeder Funker immer und überall dabei hat. Das ist ein riesiger Fortschritt: Bisher waren sie dafür auf eine Relaisstation auf den Allgäu-Höhen bei Scheidegg angewiesen.

Von digital zu analog: Empfangsgerät und schriftliches Notfunk-Protokoll.
Von digital zu analog: Empfangsgerät und schriftliches Notfunk-Protokoll. | Bild: Thomas Kapitel

Funkbus mit Kaffeemaschine ausgestattet

Beim Fahrzeugpark bekommt Notfunk Bodensee neben dem Allrad-Funkmobil „Krümel“ nun auch einen ausgebauten Mercedes G in der Militärversion von Airbus überlassen. Alle Fahrzeuge sind in Eigenausbau ausgestattet, neuerdings auch mit Starlink-Kommunikation. Dazu kommt Harry Kurrles ausgebauter Funkbus: „Da ist sogar eine Kaffeemaschine drin“, sagt Robert Traussnig strahlend: „Die funktioniert im Einsatz auch mit Notstrom.“

Dass dies alles funktioniert, haben die Funker schon im Dezember bei einer weltweiten Notfunkübung unter Beweis gestellt. Mit einigen „Field Days“ ab dem Frühjahr wollen sie sich fit und einsatzfähig halten: für einen Katastrophenfall, der hoffentlich nie eintritt.

Mit Antenne zum Ausfahren und kompletter Funkkabine: Der 7,5 Tonnen schwere Allrad-Ford „Krümel“ ist das Flaggschiff der ...
Mit Antenne zum Ausfahren und kompletter Funkkabine: Der 7,5 Tonnen schwere Allrad-Ford „Krümel“ ist das Flaggschiff der Markdorfer Notfunk-Flotte. | Bild: Thomas Kapitel

Bei Interesse einfach zum Treffen vorbeikommen

Die Notfunker treffen sich jeden Donnerstag ab 18.30 Uhr in der Bergheimer Straße 6 in Markdorf. Hier lernt man alles, vom Löten bis zur Vorbereitung auf die Amateurfunklizenz. Willkommen ist jeder, auch ohne technische Vorkenntnisse. Informationen im Internet: www.notfunk-bodensee.de