Begeistert war niemand im Gemeinderat, mit Ausnahme vielleicht von CDU-Rat Alfons Viellieber, aber ablehnen konnte das Gremium den Bauantrag auch nicht, weil er den Erfordernissen des Bebauungsplanes entspricht und keine Befreiungen nötig sind. „Normalerweise eine reine Kenntnisnahme“, sagte Bürgermeister Georg Riedmann im Technischen Ausschuss am Mittwochabend. Aber weil es eben doch eine größere Angelegenheit sei, wollte die Verwaltung den Räten dennoch die Möglichkeit zur Aussprache geben.

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Netto reizt Vorgaben bis auf den Quadratmeter aus

Die Discounterkette Netto möchte auf der Fläche zwischen der Lackiererei Trautmann und den noch bestehenden Gebäuden des früheren Autohauses Gschossmann an der Rudolf-Diesel-Straße einen Lebensmittelmarkt bauen – in direkter Nachbarschaft zum Aldi. Genehmigt werden muss das Vorhaben, nun ging es nur noch um die Informationen über die endgültigen Pläne des Discounters. Die Netto-Kette bedient sich dabei, überspitzt formuliert, auch eines Tricks, allerdings im legalen Rahmen: Im Gebiet des Bebauungsplanes Negelsee sind zwar keine so genannten großflächigen Einzelhandelsbetriebe erlaubt, Discounter hingegen schon, siehe Aldi. Die rechtliche Maßgabe ist, dass Einkaufsmärkte eine Verkaufsfläche haben müssen, die nicht größer als 800 Quadratmeter sein darf, die Geschossfläche darf 1500 Quadratmeter nicht überschreiten.

Das Areal aus einer größer gefassten Perspektive. Das ehemalige Verkaufsgebäude des früheren Autohauses (rechts am Bildrand) gehört ...
Das Areal aus einer größer gefassten Perspektive. Das ehemalige Verkaufsgebäude des früheren Autohauses (rechts am Bildrand) gehört nicht zum Baufeld. | Bild: Grupp, Helmar

Diese Vorgaben hat man sich bei Netto offenbar ganz genau angeschaut: Der Discounter soll eine Verkaufsfläche von 798,9 Quadratmetern haben und eine Geschossfläche von 1457 Quadratmetern – also gerade noch genehmigungsfähig. Der Grund für diese Vorgaben ist, dass bei einer Überschreitung dieser Grenzen negative Auswirkungen auf das Einzelhandelsangebot in der Innenstadt angenommen werden. Das ist auch so im Einzelhandels- und Zentrenkonzept der Stadt Markdorf festgelegt, das 2011 beschlossen wurde. Dieses Konzept dient seither als Leitlinie für die Stadtentwicklungsplanung des gesamtstädtischen Einzelhandelskonzeptes. Aber weil sich Netto an diese Vorgaben hält, gibt es für Rat und Verwaltung keine Handhabe. Das kommentierten auch die Stadträte in diesem Sinne.

Im aktuellen Antrag gibt es keine Befreiungen mehr

Eingangs noch hatte Bauamtsleiter Michael Schlegel darauf hingewiesen, dass Netto ursprünglich beantragte Befreiungen wieder zurückgenommen habe und der Antrag somit nun genehmigungsfähig sei. „Wir erwarten von diesem Markt auch keine deutliche Schwächung der bestehenden Märkte in der Innenstadt“, sagte Schlegel.

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FW und UWG: Innenstadt gerät durchaus unter Druck

Dies sah UWG-Fraktionschef Joachim Mutschler anders. Die Umweltgruppe sehe das Projekt mit kritischen Augen, vor allem, da der Discounter auch einen Backshop mit Café bekommen werde. „Wir denken schon, dass die Märkte in der Innenstadt dadurch zunehmend unter Druck geraten und das sind schon auch Frequenzbringer für die Innenstadt“, so Mutschler. Wollte man aber Netto verhindern wollen, würde das die Innenstadt im Umkehrschluss auch nicht aufwerten. Mutschler erinnerte daran, dass man vor Jahren die Erweiterungspläne von Aldi um 500 Quadratmeter abgelehnt habe.

In direkter Nachbarschaft ist der Markdorfer Aldi. Dessen Erweiterungspläne hatte der Gemeinderat vor einigen Jahren noch abgelehnt. ...
In direkter Nachbarschaft ist der Markdorfer Aldi. Dessen Erweiterungspläne hatte der Gemeinderat vor einigen Jahren noch abgelehnt. Aldi wollte die Verkaufsfläche vergrößern und auch einen Backshop einrichten. | Bild: Grupp, Helmar

Die Freien Wähler würden die Meinung der UWG teilen, so Fraktionschef Dietmar Bitzenhofer. Er verwies auf den bereits 1977 beschlossenen Bebauungsplan Negelsee. „Der wurde halt schon lange vor unserer Zeit so beschlossen und der Käufer wusste das natürlich.“ Für eine Veränderungssperre gebe es keine Handhabe, so Bitzenhofer: „Deshalb müssen wir diese Kröte wohl schlucken.“

CDU: Netto wird eher weitere Kunden für die Innenstadt bringen

CDU-Rat Alfons Viellieber hingegen bewertete die Netto-Pläne deutlich positiver. „Planungsrechtlich ist das eine klare Sache“, sagte er. Für die CDU würde er dies auch nicht als „Kröte“ bezeichnen wollen. Er sehe keine negativen Auswirkungen auf die Innenstadt. Im Gegenteil werde die Innenstadt durch die Netto-Ansiedlung eher noch weitere Kunden von außerhalb gewinnen können. „Die gehen dann im Städtle vielleicht noch einkaufen oder einen Kaffee trinken“, sagte er.

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Dies wiederum bezweifelte SPD-Chef Uwe Achilles. In Bezug auf Lebensmittelmärkte sei man in Markdorf eigentlich gut aufgestellt. Er glaube nicht an einen Zuzug von außerhalb. „Diese Märkte gibt es landauf landab überall, der Kuchen wird halt nur insgesamt kleiner“, sagte Achilles. Er sehe durchaus potenzielle Kaufkraftverluste für die Geschäfte in der Innenstadt.

Bürgermeister: Grundstückspreis war der Stadt zu hoch

Bürgermeister Georg Riedmann wies darauf hin, dass der Stadt der Preis für das Grundstück zu hoch gewesen sei, deutlich über dem eigentlichen Marktwert. Deshalb habe die Stadt auch nicht mitbieten können und wollen. Zudem sei der Boden auf dem Gelände des ehemaligen Autohauses auch belastet durch Altlasten, so Riedmann und zuvor auch Bitzenhofer. Auch deren eventuelle Beseitigung müsse die Discounterkette erst noch vornehmen lassen, sollte dies nötig sein.