Derzeit besucht die studierte Wirtschaftswissenschaftlerin und Welterbe-Managerin erst einmal die einzelnen Kulturdenkmäler, um diese „kennenzulernen, ihre Wege zu gehen und ihre Geschichten zu hören“, wie sie sagt. Dazu gehörte vergangene Woche auch ein Abstecher ins Schloss Salem, wo eine der zehn Regionalverwaltungen der Staatlichen Schlösser und Gärten (SSG) sitzt, zuständig für Schloss Salem, das 2012 wiedereröffnete Neue Schloss in Meersburg, das dortige Fürstenhäusle sowie die Burgruine Hohentwiel.
Vor genau 14 Jahren, im April 2009, war der Verkauf der Schlossanlage vom Eigentümer Haus Baden an das Land Baden-Württemberg notariell besiegelt worden. Seither wird sie von der landeseigenen Schlösser-und-Gärten-Gesellschaft verwaltet und vermarktet. Dass die SSG auf diese Weise Zuwachs bekommen, ist eher ungewöhnlich. Die jüngsten Neuzuwächse, etwa die Heuneburg und das Residenzschloss Mergentheim 2020 sowie die Sammlung Domnick und die Festungsruine Hohenneuffen 2017, befanden sich bereits vorher in staatlichem oder Stiftungsbesitz.

Die Staatlichen Schlösser und Gärten haben nun die Aufgabe, die kulturellen Schätze auf der einen Seite zu bewahren und auf der anderen Seite touristisch zu vermarkten, wie Patricia Alberth sagt. „Diesen Spagat müssen wir schaffen.“ Schloss Salem beispielsweise lebe vor allem von Besuchern. Exakt 98.382 touristische Gäste wurden im vergangenen Jahr gezählt, fast so viele wie im Vor-Corona-Jahr 2019, wie Salems Schlossverwalterin, die Archäologin Birgit Rückert, sagt. Das Neue Schloss in Meersburg dagegen erziele Einnahmen vor allem aus der Vermietung als Eventlocation, etwa für Hochzeiten.
Wobei die Staatlichen Schlösser und Gärten niemals einen Gewinn erwirtschaften dürften. Zu aufwendig ist der Unterhalt der Objekte. Die touristische Vermarktung könne da lediglich einen Deckungsbeitrag erwirtschaften, sagt SSG-Sprecher Frank Krawczyk. Investiert wird derzeit unter anderem in die Digitalisierung. Seit Ende 2021 gibt es die Monumente-BW-App, einen virtuellen Guide, in den bislang sechs der 62 Objekte eingepflegt wurden. Schloss Salem soll bis Herbst folgen. Dann können sich Besucher ohne den herkömmlichen Audioguide per Smartphone durchs Schloss führen lassen – auch auf französisch, italienisch oder spanisch. Ein besonderes Feature: Die App erkennt, wenn das Smartphone ans Ohr gehalten wird. Nur dann gibt es Audio – um „die Aura nicht zu stören“. Der Hohentwiel hat übrigens seine eigene App. Diese lässt die Burg auf Basis von Plänen aus dem 16. Jahrhundert virtuell wieder aufleben.
In Salem dreht sich 2023 alles um die Feuerwehr
Das Jahr 2023 steht bei den Staatlichen Schlössern und Gärten unter dem Motto „Feuer und Wasser“. Mancherorts stehen Wasserspiele im Fokus oder die historische Wasserversorgung. In Salem ist es die Feuerwehr. Denn nach dem großen Klosterbrand 1697 hatten die Mönche eine Feuerwache eingerichtet und die modernste Feuerwehr der Region etabliert. Davon zeugt heute das vom Markgrafen aufgebaute Feuerwehrmuseum mit umfangreicher Handdruckspritzen-Sammlung. Am 6. August dieses Jahres wird eine Sonderführung den „Brandschutz im Kloster“ thematisieren. Und auch für die Internatsschule Schloss Salem ist die Feuerwehr wichtig. Den „Feuerwehrdienst“ hat die Schule vor über 75 Jahren als ersten sozialen Dienst für ihre Schüler eingeführt.
Auch für Patricia Alberth ist es wichtig, „relevant zu bleiben für die jungen Leute und ihre Lebensrealität“. Die Monumente seien ja nicht nur „alte verstaubte Orte“, sondern „Teil unserer Kultur“. Historische Orte stimulierten die Menschen, ist die Welterbe-Expertin überzeugt, nur nach wirtschaftlichen Kriterien errichtete hingegen „stumpfen sie ab“.
Schüler in Mönchskutten unterwegs
Im vergangenen Jahr habe man insgesamt 2170 Schulklassen durch die Schlösser, Klöster und Burgen geführt. „Wir sind damit ein wichtiger außerschulischer Lernort.“ Wenn beispielsweise Schüler in Mönchskutten schlüpfen, schweigend durch den Salemer Kreuzgang wandeln und tatsächlich „Silentium“ üben, die absolute Stille, dann werden auch sie ganz andächtig, schildert Birgit Rückert. Und nach einer Stilkunde-Tour durchs Schloss können sie Gebäude nach Epochen datieren, ob Gotik oder Barock. „Das ist doch was.“ Das Schulklassenprogramm der SSG steht allen Schulen zu günstigen Konditionen offen. Und auch mit dem Landesfamilienpass lassen sich die Monumente vergünstigt besuchen. Denn auch das ist ein Ziel der SSG: Die Kulturgeschichte des Landes auch mit kleinem Geldbeutel zugänglich zu machen.
Unterdessen startet in Salem wieder die Veranstaltungssaison. Beim Schloss Salem Open Air im Juli stehen Eros Ramazzotti, One Republic, Simply Red, Andreas Gabalier und Roland Kaiser auf der Bühne. Bereits am 29. Mai findet auf der Schlosswiese ein Picknickkonzert zum Abschluss des diesjährigen Bodenseefestivals statt. Zuvor spielen etwa am 18. Mai das Duo Gambelin im Kaisersaal oder am 21. Mai das Trio Toccata im Salemer Münster. Und Birgit Rückert und ihr Team sind bereits dabei, den traditionellen Weihnachtsmarkt vorzubereiten.