„Manche Leute haben mir nicht geglaubt, dass ich meine Ausbildung schaffe“, erinnert sich Jonathan Anorue. Der Nigerianer blickt freundlich lächelnd zu seinem Unterstützer Manfred Schörner aus Salem. Viele Jahre hat der Rentner geflüchtete Menschen betreut. Dass mit Jonathan jetzt einer seiner Schützlinge sogar eine Gärtnerlehre absolviert und erfolgreich abgeschlossen hat, freut ihn sehr.
„Dass ich das geschafft habe, habe ich viel Manfred zu verdanken“, sagt Jonathan und die Tränen steigen ihm in die Augen. Mit der Unterstützung des Salemers sei ihm vieles leichter gefallen. Als Beispiel nennt er den Online-Unterricht während der Corona-Pandemie.
Manfred Schörner habe ihm geholfen, noch besser Deutsch zu lernen. Zusammen hätten sie Fachrechenaufgaben oder Wirtschaftskunde übersetzt, damit er Sprache und das neue Fach besser verstehen lernt. Wenn er etwas falsch ausspricht, erfährt der 2015 nach Deutschland Geflohene sofort eine freundliche Korrektur. Manfred sei es auch gewesen, der ihn bestärkt hätte, eine Ausbildung zu machen und ihm Hilfe versprochen habe, erzählt der heute 33-Jährige. „Und genau das hat er getan.“ Die Hilfestellungen beschränkten sich dabei nicht auf rein Schulisches.
Wohnungssuche Rassismus
Unterstützung gab es auch bei der Suche nach einer Wohnung – denn die war ganz und gar nicht einfach, schildert Jonathan Anorue im Gespräch mit dem SÜDKURIER. Am Telefon sei die Reaktion der Vermieter positiv ausgefallen – bis er dann vor ihrer Haustüre stand. „Wenn Sie mich und meine Hautfarbe gesehen haben, haben sie mir die Türe zugemacht“, erzählt er. Manfred Schörner sei da für ihn eingesprungen. Er habe ihn als sein Patenkind bezeichnet und eine Bleibe für ihn gefunden. Genauso habe er sich darum gekümmert, dass Jonathan Anorue Ersatz für seine auf der Flucht verloren gegangenen Papiere bekam. Schörner habe ihm sogar Geld geliehen und über die Mitbürgerhilfe Geldmittel flüssig gemacht, damit er Originaldokumente aus Nigeria bekommen konnte.
„Sonst habe ich immer darauf geachtet, dass ich mein Leben selbstständig schaffe“, sagt Anorue nicht ohne Stolz. Schon bevor er deutschen Boden betrat, habe er gearbeitet, wie er berichtet. In Istanbul habe er Maschinen bedient, in Thessaloniki wieder auf dem Land gearbeitet. In Baden-Baden arbeitete er ein Jahr lang in einer Kinderbetreuungseinrichtung.

Sprachbarrieren und viele Vorurteile
Dann fand der Nigerianer seinen Traumberuf in einem Oberteuringer Garten- und Landschaftspflegebetrieb. Drei Jahre war er dort tätig, auch über seine Lehrzeit hinaus. Über seinen Lohn finanzierte er Mietzahlungen, Führerschein und notwendige Möbel und büffelte für seine Berufsausbildung. „Es war richtig schwierig und ich habe wenig Schlaf gefunden“, berichtet Anorue von Angst vor Ausweisung, von Einsamkeit, Sprachbarrieren und unangemessenem Verhalten ihm gegenüber. Er höre von vielen Leuten, dass Flüchtlinge nach Deutschland kommen, um an deutsches Geld zu kommen.
„Wir wollen nur in Ruhe leben“
90 Prozent der afrikanischen Flüchtlinge wolle das Geld nicht. In Nigeria gebe es kein Geld vom Staat wie in Deutschland. Daher seien die Menschen dort so aufgewachsen, dass sie arbeiten müssen, wenn sie Essen haben wollen. „Es tut mir weh, wenn ich so viel Mist über Ausländer höre“, sagt Jonathan Anorue. „Wir kommen nicht her, um zu stehlen – wir wollen nur in Ruhe leben“, unterstreicht er.
Sein Salemer Helferfreund Manfred Schörner ergänzt, es habe ihm immer imponiert, dass der Junge trotz aller Widrigkeiten seine kranke Mutter in Nigeria unterstützt habe. Jonathan Anorue träume davon, sie vielleicht im nächsten Jahr in Nigeria besuchen zu dürfen. Der Antrag auf Aufnahme ist bereits gestellt. Er hofft zumindest auf ein begrenztes Bleiberecht für drei Jahre. Dann gebe es wieder Grund zu feiern, wie nach der bestandenen Abschlussprüfung. „Da haben wir bei Manfred und seiner Familie zu Hause gefeiert“, freut sich Anorue. Seine Frau und sein mittlerweile zweijähriger Sohn feierten mit.