Nach dem Tod des Überlinger Alt-Oberbürgermeisters Reinhard Ebersbach, der am Karfreitag im Alter von 85 Jahren starb, erinnern sich Weggefährten an den Mann, der von 1969 bis 1993 eine ganze Ära prägte.
Oswald Burger: Als seinen „kommunalpolitischen Lehrer“ bezeichnet den verstorbenen Reinhard Ebersbach der langjährige Stadtrat und Parteigenosse Oswald Burger (SPD), der 1984 erstmals in den Gemeinderat gewählt worden war. Ebersbach habe stets einen guten Überblick über Fakten und Situationen gehabt und zudem die Gabe besessen, alles prägnant zusammenzufassen. „In der Regel hatte er ein großes Gespür dafür, was mit dem Gemeinderat umzusetzen war“, erinnert sich Burger. Ebersbachs selbst habe sich in Beratungen anfangs oft mit seinen Positionen zurückgehalten, um gemeinsame Lösungen zu sondieren.
Auch wenn sie nicht immer einer Meinung gewesen seien, habe es zwischen ihnen menschlich sehr gut harmoniert. „Wir waren unterschiedliche Typen und gehörten anderen Generationen an“, sagt Burger. Als Parteigenosse habe Reinhard Ebersbach stets große Solidarität zu den Sozialdemokraten bewiesen. Ja, er sei sich sogar nicht zu schade gewesen, trotz seines hohen Alters bis jetzt die Kasse für den Ortsverein zu führen. Nun muss die SPD eine Nachfolge finden.
„Er war ein fairer und feiner Chef“
Edgar Apin: „Reinhard Ebersbach hat sehr viel für die Stadt getan und er war immer ein fairer und feiner Chef“, formuliert mit Edgar Apin (84) einer, der beides sehr gut beurteilen kann. Apin war schon beim Amtsantritt Ebersbachs Ratsschreiber und begleitete dessen Arbeit über 24 Jahre bis zum Schluss. „Er war ein Mensch, der auch zugehört hat, wenn der Ratsschreiber einmal eine andere Meinung hatte“, sagte Apin. Nicht nur er selbst habe den „vorbildlichen Führungsstil“ geschätzt, betont der langjährige Wegbegleiter: „Die Mitarbeiter hatte eine große Achtung vor ihm.“ Zudem habe Reinhard Ebersbach das Wohl der Stadt mit großem Weitblick verfolgt.
TV-Vorsitzender aus Pflichtgefühl
Roland Ruf: Verantwortung für die Stadtgesellschaft hatte Reinhard Ebersbach auch an anderer Stelle übernommen. Wenige Jahre nach seinem Rückzug aus dem Rathaus ließ er sich zum Vorsitzenden des Turnvereins Überlingen wählen, mit rund 1400 Mitgliedern der zweitgrößte Verein, und hatte diese Funktion bis 2018 inne. „Reinhard Ebersbach war zwar sportlich“, sagt sein Nachfolger Roland Ruf, „war aber keiner Sportart besonders zugeneigt.“ Den Vorsitz habe er vor allem aus Pflichtgefühl übernommen, als die Personalnot an dieser Stelle groß war. „Er war quasi mein Mentor“, erklärt Ruf, „und wir hatten ein sehr, sehr herzliches Verhältnis.“ Als Stellvertreter habe Ebersbach ihn noch zwei Jahre unterstützt und ihm viele Prinzipien vermittelt. „Eine Sitzung beginnt pünktlich und sie wird zackig und zügig geleitet“, nennt Ruf ein Beispiel. Auch nach seinem Ausscheiden aus dem Vorstand habe Reinhard Ebersbach dem Verein noch als juristischer Berater zur Seite gestanden.

Ebersbach war ein „großer Bürgermeister“
Hans-Peter Wetzel: „Bürgermeister Schelle hatte große Fußstapfen hinterlassen“, sagt Hans-Peter Wetzel, der Ebersbachs Arbeit elf Jahre lang als FWV-Stadtrat begleitet hatte: „Doch Reinhard Ebersbach hat sie zusehends ausgefüllt.“ Ebersbach sein ein „großer Bürgermeister“ gewesen, der viel bewegt und Überlingen „gutgetan“ habe. Man habe sich an ihm reiben könne, doch er sei durch und durch Demokrat gewesen, meint der Rechtsanwalt. Nicht nur die mutigen strukturellen Veränderungen durch den Bau des Ufersammlers an der Promenade habe die Stadt ihm zu verdanken. Er habe das Gewerbegebiet erweitert und die Anliegen von Gewerbe und Tourismus mit ihren Synergien stets zusammen gedacht, betont Wetzel.
Auseinandersetzungen wurden nie persönlich
Helmut Hornstein: Dem verstorbenen Reinhard Ebersbach viel Wertschätzung entgegen bringt auch Helmut Hornstein, der 1984 gemeinsam mit Rudi Durejka für die Grünen erstmals in den Gemeinderat gewählt worden war und sich im Herbst 1993 vergeblich um die Nachfolge beworben hatte. „Reinhard Ebersbach war für uns einerseits ein harter Gegner, der für seine Überzeugung engagiert gekämpft hat“, erinnert sich Hornstein: „Doch er hat ein bestimmtes Niveau nie unterschritten und die Auseinandersetzungen gingen nie ins Persönliche.“ Vor allem aber habe er nie aus persönlicher Eitelkeit für seine Ziele gekämpft. Es sei Ebersbach immer um die Verbundenheit mit der Stadt gegangen, betont Hornstein, der eine weitere Eigenschaft besonders hervorhebt, die keineswegs selbstverständlich sei: „Er konnte auch verlieren.“ Dies habe sich spätestens im Jahr 1988 nach der krachenden Niederlage beim Bürgerentscheid um den Standort West für ein neues Kurhaus gezeigt. Hornstein: „Die hat er sehr souverän weggesteckt. Da hat es bei Reinhard Ebersbach auch kein Nachkarten gegeben.“
„Er war ein herausragender OB“
Udo Pursche: Über seine ganzen 24 Amtsjahre hinweg sei Ebersbach ein „äußerst fleißiges und kreatives Stadtoberhaupt“ gewesen, sagt Udo Pursche, SPD-Genosse und aktuell der dienstälteste Überlinger Gemeinderat, der auch zu Ebersbachs Zeiten im Gremium saß. Er erinnert an Leistungen wie die Promenade über dem Ufersammler und der heute sehr grüne Ortsteil Burgberg, aber auch an die Städtepartnerschaften, die ebenfalls auf seine Ideen zurückzuführen seien. Ebersbach sein ein im Umgang immer fairer Verhandler gewesen. Egal, ob im Gemeinderat oder etwa bei den Eingemeindungsgesprächen mit den Teilorten. „Ich habe immer seine Pünktlichkeit bewundert und wie er Sitzungen zügig und diszipliniert durchziehen konnte“, sagt Pursche. „Reinhard Ebersbach war für mich einer der herausragenden Oberbürgermeister und ich habe ja von Ebersbach bis heute alle erlebt in meinen 40 Jahren Gemeinderat. Er war in vielen Dingen für mich auch Vorbild.“

Gegenseitiger Respekt
Michael Jeckel: „Er war mit Sicherheit kein schlechter Bürgermeister, mit Sicherheit besser wie alles, was danach kam“, sagt Michael Jeckel, ehemaliger CDU-Gemeinderat. „Ich habe halt immer s‘Maul uffgmacht“, sagt der bodenständige „Galgenhölzle“-Wirt, „das war mir egal“. Er der Bruttler, der verbal zupackt und Ebersbach, der Meister der geschliffenen Rede – da trafen doch Welten aufeinander? „Das hat trotzdem funktioniert“, beschreibt Jeckel. „Denn ich habe ihn und er hat mich respektiert.“ Auch, weil der Bürgermeister so manche Sachen von ihm angenommen habe. Ebersbach habe ihn verstanden. „Das war okay.“
„Die Menschen sein lassen, wie sie sind“
Angelika Haarbach: Diese verbalen Ausfälle Jeckels waren für die junge SPD-Gemeinderätin Angelika Haarbach, die 1993 in den Gemeinderat nachrückte, ziemlich überraschend. „Das war oft schon sehr deftig“, erinnert sie sich. Daraufhin habe sie ihren Genossen Reinhard Ebersbach drauf angesprochen – das ginge doch nicht, so unter der Gürtellinie. Ebersbachs Antwort prägte sich ihr ein: „Man muss die Menschen auch ein bisschen sein lassen, wie sie sind.“
Sie habe sich von Ebersbach „ganz, ganz viel abgeschaut“, auch seine Sitzungsleitung. „Wenn man mich gefragt hat, welche Führungspersönlichkeiten ein Vorbild für mich sei, habe ich immer den Reinhard im Kopf gehabt.“ Egal, wie turbulent es zuging, er habe es immer geschafft, dass man trotz kontroverser Meinungen immer im Gespräch blieb. „Das hat mich ebenso fasziniert wie seine straffe Sitzungsleitung.“
Für sie als Sozialdemokratin sei es faszinierend gewesen, wie er in diesem damals absolut schwarzen Gemeinderat Kompromisse habe finden müssen. Und Mehrheiten fand, indem er durch Argumente überzeugte. „Er hat es geschafft, in diesem absolut konservativen Umfeld Mehrheiten für soziale und sozialdemokratische Themen zu finden – das war beeindruckend.

Sie schätzte ihn als Mensch und Kollegen
Eva-Maria Leirer: Auch nach 24 Dienstjahren im Rathaus wollte sich Reinhard Ebersbach noch nicht aufs Altenteil zurückziehen und arbeitete sich wieder in die Anwaltstätigkeit ein. „Ich habe ihn menschlich sehr, sehr geschätzt“, sagt Rechtsanwältin Eva-Maria Leirer, mit der er damals unter anderem zusammenarbeitete. „Dass er die neue Aufgabe noch in Angriff nahm, hat mich sehr beeindruckt“, erinnert sich Leirer. „Vor allem war er sich nicht zu fein, als ehemaliger Oberbürgermeister auch kleinen Leuten bei deren Problemen zu helfen“, sagt sie: „Das fand ich ganz großartig.“