Immer wieder muss Überlingen überregional um seine Bedeutung als Große Kreisstadt ringen. Nun scheint zumindest den Planern bei der Deutschen Bahn in Berlin ein Licht aufgegangen zu sein. Am vergangenen Wochenende hielt als sichtbares Zeichen dieser mutmaßlichen Einsicht zum ersten Mal ein ICE in Überlingen-Therme.

Wo auch sonst? Schließlich finden die Reisenden nirgendwo einen kürzeren Weg auf das Ufergelände der Landesgartenschau. Die ist zwar mittlerweile Geschichte, aber bekanntlich benötigen ja Entscheidungsprozesse in Berlin immer etwas länger, und der Uferpark ist ja nach wie vor sehenswert.

In Sipplingen muss die Freude groß gewesen sein

Groß muss vor allem bei den Sipplingern die Freude gewesen sein, als sie den ICE über die Bodenseegürtelbahn durch ihr Dorf von Radolfzell Richtung Friedrichshafen rollen sahen. Schließlich fährt der ICE ja umweltschonend mit Strom aus regenerativen Energien. So muss er den Dorfbewohnern als beredtes Zeichen gegolten haben, dass es möglich ist, auch ohne Stromversorgung aus der Oberleitung – mit ihren in Sipplingen als hässlich erkannten Masten – am Seeufer entlang zu eilen.

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Die Erklärung: Der ICE wurde von einer Diesellok gezogen

Fuhr da der ICE etwa mit virtueller Energie? Bei genauem Hinschauen aber wurde deutlich, dass der schmucke Zug von einer schnöden Diesellok gezogen und wohl nur auf der Durchreise war. Überlingen und Sipplingen müssen also wohl noch weiter warten, dass die Große Kreisstadt ernst genommen und endlich hier ein ICE-Halt eingerichtet wird. Womöglich auch nur, wenn die Sipplinger zähneknirschend einer Oberleitung zustimmen würden.

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Erinnerungen an Zeiten, in denen Überlingen noch via Schiene an die Welt angebunden war

Was bleibt beim Anblick des ICE auf diesem Gleis, ist die Erinnerung an große Zeiten, als der Bahn-Halt Therme noch Westbahnhof hieß und hier bis in die 1990-er Jahre zahlreiche Fernzüge verkehrten. Ältere Überlinger erinnern sich nur zu gut an die Aushänge „Abfahrt“ und „Ankunft“, die für jeden Bahnhof separat gedruckt waren und die im Westbahnhof Verbindungen in die weite Welt im Stundentakt auflisteten.

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Der Fernzug Paris-Wien hielt in Überlingen

Kaum zu glauben: Anfang der 1980-er Jahre konnte man täglich kurz nach Mitternacht in Paris Gare de l‘est – dem Pariser Westbahnhof – in den Fernzug Paris–Wien einsteigen und am anderen Mittag am Überlinger Westbahnhof aussteigen. Ohne den Zug zu wechseln. Der durchgängige Zug Paris–Wien lief über die Strecke der Bodenseegürtelbahn und hielt in Überlingen.

Legendär: Die TOUROPA-Züge in den 1950-er Jahren

Noch ältere Überlinger erinnern sich auch an die legendären Züge des Touristikunternehmens TOUROPA, die in den 1950-er Jahren aus der ganzen jungen Bundesrepublik zum Zielbahnhof Überlingen Westbahnhof dampften und hier in den Sommermonaten zehntausende Feriengäste entluden, die in die Region ihre Sommerfrische verbrachten.