Volle 70 Jahre nach dem Erscheinen des ersten Kunstführers durch das Überlinger Münster St. Nikolaus hat die katholische Gemeinde nun ein neues Büchlein zu den „Kirchen in Überlingen“ herausgegeben. Es liegt ab Sonntag, 30. Mai, im Münster aus, der Kirchenführer ist für 4,60 Euro zu haben.

Zwar hat der Regensburger Verlag Schnell und Steiner die neue Publikation im Impressum als 22. Auflage seines ersten Kunstführers aus dem Jahr 1951 bezeichnet. „Doch das ist etwas irreführend“, sagt Pfarrer Bernd Walter: „Denn sowohl die Bilder und Texte als auch Typographie und Layout sind völlig neu.“
Die „Neuauflage“ ist von Grund auf neu konzipiert
Der alte Führer war im Verlauf der Zeit mehrfach überarbeitet und korrigiert worden, unter anderem von Wolfgang Woerner und Manfred Bruker. Die neue Version ist mehr als eine Neuauflage, die Broschüre ist von Grund auf neu konzipiert und gestaltet worden.

Was sich auf den ersten Blick so sehr gar nicht vom vorliegenden Heftchen unterscheiden mag – da der Titel den gleichen Blickwinkel auf das Münster in einem anderen Ausschnitt zeigt -, bietet bei genauerer Betrachtung nicht nur eine ganze Fülle von neuen Perspektiven und bislang weniger bekannten Details bei der Bebilderung. Auch sämtliche Texte sind vom Pforzheimer Kunsthistoriker Mathias Köhler neu verfasst.
Und dann beschränkt sich der Inhalt nicht auf die Überlinger Hauptkirche, sondern beleuchtet auch die Silvester-Kapelle in Goldbach als eines der ältesten Gotteshäuser am See überhaupt und die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse zu der Entstehung.

Darüber hinaus wirft der Autor einen Blick auf die eigentliche Überlinger „Mutterkirche“ St. Michael in Aufkirch, die in der Regel verschlossen ist. Weitere Themen sind die Franziskanerkirche und die Pilgerkirche St. Jodok aus dem 15. Jahrhundert. Von bisher 24 Seiten ist das handliche Büchlein dadurch auf 60 Seiten angewachsen.
„Viele Fachleute haben ihr Wissen eingebracht und die Texte vor der Veröffentlichung gegengelesen“, sagt Pfarrer Bernd Walter und nennt insbesondere Kulturamtsleiter Michael Brunner, Stadtarchivar Walter Liehner, Kunsthistoriker Thomas Hirthe und Heimatforscher Hermann Keller. „Alle haben den Inhalt überprüft.“

Verhindert wurde beim Korrekturlesen auch, dass Überlingen als „ehemals oberschwäbische freie Reichsstadt“ in das Heft Einzug gehalten hat, nennt Walter eine Anekdote, die dem Herausgeber manch drohenden Spott der Badener ersparte.
Ein neues Gewicht für die Osanna-Glocke
Einige neue Erkenntnisse seien ebenfalls in die Publikation eingeflossen, erklärt Autor Mathias Köhler und merkt an: „Manches wird den Überlinger vielleicht nicht so gefallen.“ Unter anderem müssen sich detailverliebte Heimatkundler ein neues Gewicht für die legendäre Osanna-Glocke merken, die im Jahr 1444 gegossen wurde.
In bisherigen Veröffentlichungen war stets von 177 Zentnern die Rede, was nach heutigen Maßen 8850 Kilogramm entsprechen würde. Nach einer neuen digitalen Vermessung und Berechnung bringe die Riesenglocke jedoch „nur“ 6800 Kilo auf die Waage. Doch wenn diese Masse so richtig in Schwung kommt, gerät einiges in Bewegung im Osanna-Turm.
Fotodrohnen machen versteckte Kunst sichtbar
Mit teilweise neuen Aufnahmetechniken hat Fotograf Anton Brandl die Räume, Altäre und Fenster, Gemälde und Skulpturen festgehalten. So ist der Blick auf die Figuren im Sakramentshaus dem normalen Kirchenbesucher schon aufgrund der Perspektive verwehrt, den das Auge der Drohne nun sichtbar macht.

Mit dem Hirtenmotiv des Hochaltars, das auf dem hinteren Umschlag zu sehen ist, hat sich Bildhauer Jörg Zürn der Überlieferung nach selbst dargestellt – mit Hut und Hund. „Auch mir ist bei der Entstehung des Führers viel Neues bewusst geworden“, sagt Pfarrer Bernd Walter.