Michael Gottstein

Dem ebenso komplexen wie interessanten Thema „Neue Romantik“ widmet sich eine Ausstellung, die am Samstag, 13. Oktober, in der Villa Berberich eröffnet wird. Präsentiert werden 75 bis 80 Werke von sieben Künstlern. Dass es zwischen der Romantik um 1800 und der heutigen Zeit Parallelen gibt, war für die Kuratoren Elena Romanzin und Frank von Düsterlho Anreiz für diese Ausstellung.

Ausdruck von Kritik an Vernunft und Entfremdung

Die Romantiker kritisierten die einseitige Vernunftbetonung der Aufklärung und die Entfremdung des Menschen im Zuge der Industriellen Revolution. In einer „regressiven Utopie“ wandten sie sich dem Mittelalter zu, entdeckten die (oft abgründige) Welt der Gefühle, versuchten „dem Gewöhnlichen ein geheimnisvolles Ansehen zu geben“ (so Novalis) und entwickelten eine Ästhetik, bei der es darum ging, nicht die sichtbare Welt nachzuahmen, sondern die innere Vision des Künstlers zu zeigen.

Zwei Neuerungen im Vergleich zur Romantik

Auch heute geben Künstler Antworten auf den drohenden Identitätsverlust im Zuge der Globalisierung und des ökonomischen Nützlichkeitsdenkens. Allerdings gibt es zwei Unterschiede: In der Romantik gab es keine Fotografie und die Künstler waren fast ausschließlich Männer. Die aktuelle Ausstellung wird zwei Fotografen präsentieren. Zwei Frauen stellen die weibliche Sicht auf die Romantik vor. Da die Übergänge von Neuer Romantik zum Symbolismus fließend sind, begegnet der Besucher mit Marga Golz, Michael Krähmer, Joachim Lehrer und Elena Romanzin vier Künstlern, die bereits im „Grand Salon“ vertreten waren. Neu sind Werner Fohrer sowie die Fotografen Rolf Linnemann und Christoph von Haussen. „Jeder darf seine Sichtweise auf die Romantik einbringen, wir wollen eine große Vielfalt zeigen“, sagt Frank von Düsterlho.

Morbidität und Ironie

Elena Romanzin zeigt die weibliche Sicht der Romantik in Frauenporträts, die nicht dem von Männern geprägten, sondern ihrem Schönheitsideal entsprechen. Die Porträts sind ebenso wie ihre Venedig-Ansichten in Grisaille-Malerei ausgeführt. Die Stadt, die seit jeher ein Sehnsuchtsziel der Romantiker war, wird in ihrer Schönheit und ihrer Morbidität präsentiert. Marga Golz befasst sich mit geheimnisvollen Orten und spannt einen Bogen von den Mythen und Märchen in die heutige Zeit. Dass die Malerin, die sich zu Körperlichkeit und gegenständlichem Malen bekennt, Sinn für Ironie hat, zeigt ihr Umgang mit Vorbildern wie Edouard Manets „Frühstück im Grünen“.

Ungewöhnliches im Gewöhnlichen

Werner Fohrer gelingt es, realen Orten unter anderem durch die Wahl des Ausschnitts (seine Bilder enden im Mittelgrund) eine intensive Präsenz zu verleihen. Dem Gewöhnlichen ein geheimnisvolles Ansehen zu geben und die Welt zu romantisieren, beschreibt die Arbeiten der beiden Fotografen, die mit einer raffinierten Lichtregie arbeiten. Joachim Lehrer bezeichnet sich als verkappten Romantiker und Seelenverwandten von Caspar David Friedrich. Er zeigt in altmeisterlicher Manier gemalte, oft surreale Landschaften, in denen der Mensch nicht vorkommt, aber die von ihm geschaffenen Artefakte präsent ist. Ebenso wie Lehrer zählt Michael Krähmer zu den „Neuen Meistern“. In seinen Landschaftsgemälden trifft die Sehnsucht der Romantiker nach Entgrenzung und Unendlichkeit auf die kontemplative Naturbetrachtung fernöstlicher Mystiker.

Die Ausstellung wird am Samstag, 13. Oktober, 18 Uhr, in der Villa Berberich eröffnet. Am Samstag, 20. Oktober, führt Elena Romanzin ab 15 Uhr durch die Ausstellung. Die Finissage mit Kulturreferentin Christine Stanzel ist am Sonntag, 11. November, 15 Uhr.