Sonnenschein pur dominiert die Wetterlage seit Ostern, für Sonnenanbeter und Freiluftfans das absolute Traumwetter, Regenschirme wurden in den letzten Monaten kaum gebraucht. Aber wie kommen die Vegetation und die Landwirtschaft mit der dauerhaften Hochdruck-Wetterlage zurecht, wie gedeihen die Reben an den Südhängen des Hochrheins sowie im Klettgautal und wie entwickeln sich die Trauben?
Die Winzer sind sich einig, die Reben, vor allem die traditionellen Burgundersorten, geraten der Sonne wegen nicht in Stress, die Trauben haben sich nach der sehr guten und frühen Blüte bestens entwickelt, die Beeren sind zwar etwas kleiner aber sehr gesund.
„Ab Ostern erlebten wir in den Weinbergen ein Turbowachstum, beim Rebschnitt haben wir aufgrund der letzten beiden schwierigen Jahren mit Frostausfällen und Hagel auf Sicherheit gearbeitet, jetzt wurde der Traubenbestand an den Ruten zu Qualitätssicherung sogar ausgedünnt“, erzählt Berthold Clauß, Weingutsbesitzer und Winzer aus Nack.

Dennoch fühlen sich die Weinanbauer nicht als die Gewinner des Klimawandels. „Das schnelle Wachstum der Reben durch die frühe Wärme erzeugt Stress und aufgrund dessen müssen sich die Winzer auf ganz neue Situationen einstellen“, gibt Martin Stoll, Vorsitzender der Winzergenossenschaft Erzingen zu bedenken. Auch die Häufigkeit von Unwetter, Hagel, Sturm und Frost setzt den Weinbergen erheblich zu und macht die Erträge extrem unkalkulierbar.

Viel Arbeit im Weinberg
In diesem Jahr haben sich die Winzer alle sehr viel Mühe mit der mechanischen Bodenbearbeitung gegeben. Die Gänge zwischen den Rebzeilen sind begrünt, hier ist es wichtig, das Gras kurz zu halten, damit die Feuchtigkeit im Boden bleibt und nicht verdunstet.
Mit der Rollharke wurden die Zwischenräume zwischen den einzelnen Rebstöcken immer wieder aufgelockert, so konnte der Boden das wenige Wasser, das bis jetzt als Regen zur Verfügung stand, besser aufnehmen. Um Sonnenbrand auf den Beeren zu vermeiden, haben die Winzer alle frühzeitig das Laub um die Trauben herum beseitigt, die Beerenhaut konnte sich so an die starken Sonnenstrahlen gewöhnen.
„An den Reben stellen wir keinerlei Trockenheitsschäden fest, die Wurzeln gehen tief in den Boden rein, lediglich die Bodenbegrünung hat unter der Trockenheit zu leiden“, bestätigt Alexander Schira vom Weingut Engelhof in Hohentengen. Die Junganlagen müssen jedoch bewässert werden, die Verwurzelung bei Reben unter vier oder fünf Jahren ist noch nicht soweit ausgeprägt, dass diese bis in sehr tiefe Wasserspeicher reicht.
„Vor rund drei Wochen haben wir begonnen, unsere Junganlagen auf rund drei Hektar Fläche zu bewässern, die Maßnahme ist extrem aufwendig, aber es hat sich gelohnt, auch diese Reben sind so schön wie lange nicht“, schwärmt auch Lorenz Keller vom Erzinger Weingut LCK und ist mit seinen Trauben rund um absolut zufrieden.
Qualität zeigt sich erst im Fass
Derzeit sind die meisten Winzerfamilien in Urlaub und genießen es, die Reben der Natur zu überlassen, bevor die Zeit der Ernte wieder vollen Einsatz fordert. „Wir erholen uns nun ein wenig, denn beim Winzerfest müssen wir demnächst wieder mit voller Kraft anpacken“, berichtet Stoll und ergänzt: „So wie die Reben derzeit dastehen, ist es eine wahre Freude, aber es kann natürlich noch einiges passieren!“
Auch Biowinzer Christian Gromann aus Rechberg blickt mit Zufriedenheit auf seine Reben und bestätigt den Trockenheitsstress lediglich bei den Jungreben, die er zweimal wöchentlich intensiv wässert. „Endgültiges über die Qualität des Jahrgangs 2018 können wir jedoch erst sagen, wenn der Rebensaft im Fass ist“, betont Gromann und auch Clauß bestätigt, dass die Bedingungen bis jetzt sehr viel versprechend sind.
„Der leichte Regen in den letzten Tagen hat den Reben eine wahre Erholung geboten“, resümiert Stoll. „Aber wenn jetzt extrem viel Niederschlag käme, wäre es mit den tollen Aussichten dahin, ein schöner Landregen, das ist optimal“, sind sich alle Winzer einig.
Sanftes Bewässern schafft Abhilfe
Das Weingut Clauß hat in Nack eine eigene Quelle und kann dort seine Müller-Thurgau-Reben bewässern. „Die Reife ist durch die Trockenheit hier etwas ungleichmäßig, durch das sanfte Bewässern helfen wir ein bisschen nach“, erklärt der Nacker Winzer.
Für die Region Hochrhein gilt, der Regen in der letzten Woche half die physiologische Reife aufzuholen und die Zuckerreife der Trauben aufzuschließen. Dies ist wichtig für die Substanz, Körper, Aroma und Lagerfähigkeit der Weine. Oechsle benennen zwar die Zuckerreife der Trauben, sagen aber nichts über die Qualität und die wertgebenden Inhaltsstoffe der Trauben aus.
„In Zeiten, in denen die Welt im Wein schwimmt, schauen qualitätsbewusste Winzer nicht so sehr auf Oechsle, ungleich wichtiger ist die physiologische Reife der Beeren, um einen ausdrucksstarken Wein zu kredenzen“, betont Kellermeister Schira. Somit liegt es an der Kunst und am Fingerspitzengefühl des Winzers, den richtigen Zeitpunkt der Lese auszumachen, um die Balance zwischen Alkoholgehalt und optimalem Reifezeitpunkt zu finden.
Rebflächen im Klettgau
Weingut LCK: 14 Hektar. 60 Prozent mit Rotweinsorten Spätburgunder, Cabernet Cortis, Cabernet Doras; 40 Prozent mit Weißweinsorten Müller-Thurgau, Weiß- und Grauburgunder, Chardonnay, Scheurebe, Muskateller, Elbling.
Weingut Clauß: Acht Hektar. 60 Prozent mit Spätburgunder, zwölf Prozent jeweils mit Müller-Thurgau und Grauburgunder, sechs Prozent mit Sauvignons Blanc und fünf Prozent mit Weißburgunder.
Winzergenossenschaft Erzingen: Sechs Hektar. Zwei Drittel der Fläche ist mit Spätburgunder-Reben bepflanzt, ein Drittel mit Müller-Thurgau.
Weingut Gromann: Fünf Hektar. Zwei Drittel Spätburgunder, ein Drittel pilzresistente Weißweinreben.