Die Elektrifizierung der Hochrheinbahn ist aufgegleist und das Projekt fährt im Zeitplan. Zum Fahrplanwechsel im Dezember 2027 sollen die nach wie vor unzuverlässigen Dieselloks zwischen Basel und Erzingen ausgedient haben und durch komfortablere Züge ersetzt werden, die dann ausschließlich unter Strom am Rhein entlang fahren. Dies unterstrichen Vertreter der DB-Netze und Landrat Martin Kistler bei einer Informationsveranstaltung in der Stadthalle Waldshut, zu der zahlreiche Bürger und Kommunalpolitiker aus dem gesamten Landkreis gekommen waren.
Das mit 290 Millionen Euro taxierte Vorhaben „liegt voll und ganz im Zeit- und Kostenrahmen“, erklärte Ronald Heil, Projektleiter bei DB-Netze. Die eigentliche Baumaßnahmen sind für die Jahre 2025 bis 2027 vorgesehen.

An mehreren Marktständen im Foyer der Waldshuter Stadthalle hatten die Besucher (die Anzahl war wegen der Corona-Pandemie auf 150 begrenzt) die Möglichkeit, sich vor der allgemeinen Information detailliert ein Bild über den Stand des für den Hochrhein so wichtigen Infrastrukturprojekts zu machen. Die präsentierten Pläne und Ideen wurden größtenteils goutiert. Bei der abschließenden Fragerunde wurde indes vereinzelt auch Kritik laut.
Die Angst vor Güterzügen
Diese entzündete sich an der Tatsache, dass die Strecke zwischen Waldshut und Erzingen nicht zweigleisig ausgebaut werde und an der Frage, ob die Elektrifizierung nicht auch mehr Güterzüge zur Folge habe. Beide Punkte wiesen DB-Projektleiter Ronald Heil und Landrat Martin Kistler entschieden zurück. Der Strecke, so Heil, fehle es an einzelnen Stellen an genügend Höhe für den Güterverkehr, zudem seien manche Steigungen dafür zu groß. Wenngleich der Landrat ergänzte: „Ein rechtlich bindender Ausschluss von Güterverkehr ist nicht möglich.“
Grundsätzlich teilte Landrat Martin Kistler die Idee von Hans Saurer aus Waldshut-Tiengen, das Teilstück zwischen Waldshut und Klettgau-Erzingen zweigleisig auszubauen: „Das wäre schön.“ Gleichwohl sei es unrealistisch, da es keine Gelder gebe. Die komplette Zweigleisigkeit würde circa 100 Millionen Euro kosten. Deshalb steht für den Landrat fest: „Ich verlasse mich darauf, dass das Projekt von den Experten der Bahn sauber durchgerechnet ist.“
Künftig im Halb-Stunden-Takt
Soll heißen, der in Aussicht gestellte Halb-Stunden-Takt funktioniert auch mit nur einem Gleis im besagten Abschnitt. Statt eines zweiten Schienenstrangs sollen die Bahnhöfe in Tiengen und Lauchringen zu sogenannten Kreuzungsbahnhöfen aus- und umgebaut werden. Weitere Maßnahmen, wie schnellere Ein- und Ausfahrtmöglichkeiten an mehreren Bahnhöfen, sollen helfen, die geplante Taktung auch realisieren zu können, erklärte ergänzend Bahn-Experte Heil.
Oder, wie es der Landrat forderte: „Wir wollen künftig unsere Uhren nach den Zügen stellen können.“ Und das soll zum Fahrplanwechsel im Dezember 2027 der Fall sein.
Barrierefreiheit in Bahnhöfen
Doch dafür müssen neben den planerischen Voraussetzungen, die inzwischen größtenteils auf der Zielgeraden sind, noch reihenweise bauliche Voraussetzungen geschaffen werden, damit die Züge künftig deutlich leiser und komfortabler zwischen Basel und Erzingen fahren können. So werden in Warmbach (Rheinfelden), Wallbach (Bad Säckingen und in Waldshut zusätzliche Bahnhalte gebaut. Hier, wie in allen anderen Bahnhöfen an der Strecke, werden die Bahnsteige 155 Meter lang und 55 Zentimeter hoch sein.
Der weitere Weg der Elektrifizierung
Letzteres ist notwendig damit die Bahnfahrer ab 2027 barrierefrei in die Züge einsteigen können. Um auch ohne unüberwindbare Hürden, wie aktuell noch gang und gäbe, werden die Bahnhöfe wo nötig mit Rampen oder Aufzügen ertüchtigt.
Was auf den ersten Blick gut klingt, stößt aber schon in Waldshut-Tiengen auf wenig Gegenliebe. In der jüngsten Sitzung des dortigen Gemeinderats, der zwei Tage vor der Info-Veranstaltung tagte, wurde die Idee von Aufzüge zur barrierefreien Erreichbarkeit der Bahnsteige quer durch die Fraktionen abgeschmettert. Die Kommunalpolitiker mit OB Philipp Frank an der Spitze, fordern stattdessen Rampen. Sie erteilten der Verwaltung den Auftrag, im Rahmen der aktuellen Offenlage der Pläne von ihrem Einwendungsrecht Gebrauch zu machen. Allein am Bahnhof Waldshut sehen die Pläne Investitionen in Höhe von 14 Millionen Euro vor.

Rollt das Projekt weiter im vorgegebenen Fahrplan, fahren im Jahr 2025 Bagger und weiteres schweres Gerät entlang der Gleise vor. Binnen zwei Jahren sollen dann die Oberleitungen gebaut, der Rappenstein- und Aarbergtunnel (Laufenburg und Waldshut-Tiengen) abgesenkt, Bahnhöfe umgebaut sowie Brücke neu- beziehungsweise umgebaut werden.
Bereits im Herbst/Winter 2024/25 erfolge der Rückschnitt von Bäumen und Gebüsch entlang der Strecke, erklärte DB-Mann Ronald Heil. Ebenfalls im Vorfeld der eigentlichen Baumaßnahmen würden bereits Kabel verlegt. Ziel sei es, so Heil weiter, möglichst auf Schienenersatzverkehr zu verzichten. Der Projektleiter: „Wir bauen unter rollendem Rad.“ Einzig wenn es an die Absenkung der Strecke in den beiden Tunnels geht, würde die Strecke in den jeweiligen Bereichen komplett gesperrt. Und das nicht nur für Tage oder Wochen. Ronald Heil rechnet mit mehrere Monaten bis zu einem Jahr.

Damit die Züge dann auch tatsächlich mit Strom fahren können, wird entlang der 75 Kilometer langen Strecke alle 70 Meter ein Masten aufgestellt, an dem die Oberleitungen befestigt werden. In engen Kurvenbereichen und im Bereich von Bahnhöfen werden die Masten enger platziert werden. Im Abschnitt zwischen Waldshut und Erzingen indes so, dass ein möglicher zweigleisiger Ausbau jederzeit möglich sei, versprach Projektleiter Ronald Heil.
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