Die Vermarktung der gemeindeeigenen Grundstücke im Baugebiet „Auf Leim“ kann beginnen. Der Gemeinderat gab am Mittwochabend sowohl für die Grundstückspreise wie auch die Vergabekriterien der gemeindeeigenen Grundstücke seine Zustimmung. Die Gemeinde hat 29 Grundstücke für Ein- Zweifamilienhäuser und drei für Mehrfamilienhäuser zu vergeben.
„Auf Leim“ ist eines der bedeutendsten Baugebiete der Gemeinde Murg seit vielen Jahren, das Bürgermeister Adrian Schmidle seit seinem Amtsantritt vor über zehn Jahren beschäftigt und auch schon unter dessen Vorgänger Thema war. Knackpunkt war lange die 110-kV-Leitung, die über das Baugebiet führt, aber nun von der Netze BW GmbH weiter nach Norden verlegt wird. Mit der nun beginnenden Vermarktung findet damit eine lange Geschichte ihr Ende.
„Angemessen“, „gerechtfertigt“, so die Rückmeldungen der Gemeinderäte im Schmiedledick-Saal in Hänner zu den Grundstückspreisen von 235 Euro pro Quadratmeter für die Einfamilien- und Zweifamilienhäuser und 270 Euro für die Mehrfamilienhäuser. Damit liegen die Preise aufgrund erhöhter Erschließungskosten zwar leicht über der Planung, aber dafür werde auch etwas geboten, meinte das Ratsgremium unter Verweis auf die vorhandene Infrastruktur.
Die Meinung der Räte zu den Vergabekriterien durch die Gemeinde war da schon geteilterer Natur. 250 Bewerber auf 29 Bauplätze hatte die Gemeindeverwaltung veranlasst, erstmals nicht nach Platz auf der Warteliste zu vergeben, sondern nach einem Mischsystem aus sozialen und ortsbezogenen Kriterien. Wie Christian Kaiser von der Gemeindeverwaltung informierte, müsse gemäß Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs jedem die Möglichkeit gegeben werden, sich auf ein Baugrundstück zu bewerben.
„Wir wollten vermeiden, dass Bürger sich einklagen“, verwies Bürgermeister Adrian Schmidle auf Präzedenzfälle in anderen Kommunen. So entstand unter Mitwirkung einer Fachanwältin ein Katalog an Vergabekriterien, der aktueller Rechtsprechung entspricht.
Für bestimmte Kriterien gibt es nun Punkte, und wer ein oder noch mehr Kinder hat, schafft eine besonders hohe Punktzahl. Das sahen einige der Räte als Nachteil für Paare ohne Kinder. „Da hat ein junges Paar keine Chance auf einen Bauplatz“, meinte Rat Roland Baumgartner (FW). Auch Ratskollege Jürgen Bäumle (CDU) schmecke das so nicht: „Ein Ehepaar das kinderlos bleibt, ist eh schon bestraft.“ Für Ortsvorsteherin Edith Becker (FW) war klar: „Das ist diskriminierend.“
Die Befürworter der Vergabekriterien verwiesen auf das Leitbild der Gemeinde, in dem Familienfreundlichkeit ausdrücklich erwähnt ist. Rat Klaus Bossert (Grüne) meinte: „Wir sollten eine Art von grundsätzlicher Entscheidung treffen. Mir sind kinderlose Ehepaare in diesem Zusammenhang nicht so wichtig.“ Ortsvorsteher Dieter Muck (FW) plädierte ebenfalls für den Beibehalt des vorgeschlagenen Punktesystems: „Kinderlose Ehepaare haben auf dem privaten Wohnungsmarkt viel mehr Chancen.“ Bürgermeister Adrian Schmidle befand: „Hundertprozentige Gerechtigkeit gibt es nicht.“
Ein Kompromissvorschlag fand schließlich nur fünf Befürworter im Ratsgremium, so dass die Vergabekriterien nun wie von der Gemeindeverwaltung vorgeschlagen umgesetzt werden.
Für die Mehrfamilienhäuser haben sich laut Bürgermeister bereits 18 interessierte Investoren gemeldet. Zusammen mit der LBBW Immobilien Kommunalentwicklung GmbH (KE) wird die Verwaltung Vergaberichtlinien erarbeiten und dann ein Ausschreibungsverfahren durchführen.