Im Rahmen der Fortschreibung des Lärmaktionsplans für die Gemeinde Murg hatte das Fachbüro Rapp ein Tempo 30 für die Ortsdurchfahrten Murg wie auch die Ortsteile Niederhof, Oberhof und Hänner vorgeschlagen. Weil die oberen Ortsteile sich gegen das Tempolimit aussprachen, beschloss der Gemeinderat im Januar, nur für die Bereiche ohne Tempo 30 in der Ortsdurchfahrt eine schalltechnische Wirkungsanalyse durchführen zu lassen. Diesen Beschluss musste der Gemeinderat in seiner Sitzung am Montagabend zurücknehmen. Aus rechtlichen Gründen braucht es auch für die drei Ortsteile eine Wirkungsanalyse.

„Wir würden einen rechtlichen Fehler machen, wenn wir nicht auch in den Ortsteilen untersuchen“, so Wolfgang Wahl vom Freiburger Fachbüro Rapp. Auch Bürgermeister Adrian Schmidle bekräftigte: „Wir hätten einen Verfahrensfehler, wenn wir die Wirkungsanalyse nur für Murg machen.“ Mit möglicherweise unangenehmen Folgen: „Dann könnte die Wirkungsanalyse auch eingeklagt werden“, so Schmidle weiter.

Lärmbetroffene haben einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidungen

Die rechtliche Grundlage findet sich im sogenannten Kooperationserlass 2023 des Verkehrsministeriums Baden-Württemberg, wo es heißt: „Wenn Grenzwerte überschritten werden, haben die Lärmbetroffenen einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidungen über eine verkehrsbeschränkende Maßnahme.“ Will heißen: Da diese Werte in den Ortsdurchfahrten tatsächlich überschritten werden, können Entscheidungen nur auf Basis einer Wirkungsanalyse gefällt werden, in der genau vorgerechnet wird, welche lärmreduzierenden Maßnahmen, welchen Effekt bringen.

Was wiederum nicht bedeutet, dass alle untersuchten Maßnahmen in den Ortsdurchfahrten auch durchgeführt werden müssen. Was letztlich kommt, entscheidet dann der Gemeinderat. „Die Frage wird dann sein, gehen wir an das Maximum oder bleiben wir beim Minimum“, meinte der Bürgermeister. Möglich seien auch Alternativen wie zum Beispiel ein Tempo 30 ab 22 Uhr wie in Bad Säckingen.

Im Gemeinderat wird das Thema emotional diskutiert

Dass das Thema Tempo 30 in Ortsdurchfahrten bewegt, zeigte die teilweise emotional geführte Diskussion. Für die Ortsdurchfahrt Hänner bemerkte Rat Stefan Ganser (FW), dass die Häuser in erster Reihe teilweise gar nicht bewohnt seien. Rat Uwe Stehle (AfD) verwies auf den „bescheidenen Belag“ in der Niederhöfer Ortsdurchfahrt: „Da klappern die LKWs drüber. Vielleicht sollte man den erstmal machen.“ Der Niederhöfer Ortsvorsteher Timo Strasser (FW) fürchtete: „Nicht dass wir dann nächstes Jahr die Kirchenglocken abschalten müssen.“

Zwölf sind für die Aufhebung des alten Beschlusses, fünf dagegen

Die Mehrheit der Räte war indes der Meinung: „Wir müssen erst einmal die Fakten auf dem Tisch haben!“ Andere verwiesen auf die rechtliche Situation: „Wir haben keine Wahl.“ Die Aufhebung des Beschlusses vom Januar erfolgte mit zwölf Ja-Stimmen. Fünf Räte stimmten dagegen.

Das Fachbüro Rapp AG erstellt jetzt auf Basis der Auswahl der lärmmindernden Maßnahmen eine Wirkungsanalyse für die Ortsdurchfahrten. Nach nochmaliger Beratung im Gemeinderat erfolgt ein Planentwurf mit anschließender Offenlage für Fachbehörden und Öffentlichkeit.