Beobachter könnten beim Blick hinter die Fassade des Software-Unternehmens Black Forest Labs (BFL) zunächst enttäuscht sein. Das von jungen Deutschen gegründete Start-up beschäftigt sich mit künstlicher Intelligenz und der Kreation von Bildern. Seit Sommer 2024 sorgt BFL für Furore. Investoren stecken mehrstellige Millionenbeträge in die KI-Schmiede, die sich anschickt, zum Unicorn (deutsch: Einhorn) aufzusteigen. Die Bezeichnung erlangen Start-ups, deren Unternehmenswert auf über eine Milliarde US-Dollar beziffert wird.
Black Forest Labs ist aber schwer zu orten. BFL weist auf seiner Internetseite das Städtchen Wilmington im US-Staat Delaware als Sitz aus. In der dortigen Orange Street 1209 befindet sich ein einstöckiges Gebäude mit Klinkerfassade – das „Corporation Trust Center“, in dem Briefkastenfirmen ihren Sitz haben.
Die Wissenschaftler Robin Rombach, Andreas Blattmann und Patrick Esser, die an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität Grundlagen der künstlichen Bildgenerierung erforscht haben und zu den Gründern von Black Forest Labs zählen, befinden sich in Wilmington aber in guter Gesellschaft: So firmieren dort unzählige weitere Unternehmen, was wohl damit zusammenhängt, dass der Bundesstaat den Ruf einer Steueroase genießt.
Standort im Südwesten
Ein weiterer Standort von Black Forest Labs ist Freiburg. Dort unterhalten die KI-Genies ebenso ein Büro. Doch worauf fußt der furiose Aufstieg der Firma?
Das im Juli 2024 gegründete Start-up ist auf generative KI-Bildmodelle spezialisiert. Mit dem Programm Flux können Anwender anhand von Textbeschreibungen Bilder erzeugen oder verändern lassen. An dieser Technik arbeiten weltweit zahlreiche Unternehmen. Doch das Schwarzwald-Team hat ein Programm erstellt, das Konkurrenzprodukten den Rang abläuft.
Zu den düpierten Konkurrenten zählen etwa das Forschungslabor Midjourney in San Francisco und OpenAI, also das Unternehmen von Sam Altmann, das ChatGPT entwickelt hat. In der KI-Branche wurde der Software Flux schnell eine technologische Überlegenheit bestätigt, was Investoren mit üppigen Finanzmitteln anlockte.
31 Millionen Dollar sammelten die Gründer aus dem Stand heraus in einer Seed-Runde, also in der Vorbereitungsphase, unter Investoren ein. Richtig für Aufsehen sorgt unter Investoren, dass sich Black Forest Labs nur wenige Monate später – in einer Serie-A-Finanzierungsrunde, also in der Aufbauphase – anschickt, weitere 200 Millionen Dollar von Investoren einzusammeln, wie das Magazin Business Insider berichtete.
Zusammenarbeit mit Elon Musk
Für mächtig Anschub sorgte auch eine Partnerschaft, die mit Elon Musk eingegangen wurde. Das Start-up hat dem umstrittenen Tech-Milliardär seine Technologie zur Verfügung gestellt. Musk integrierte die Schwarzwälder KI in den Chatbot Grok auf seiner Plattform X (früher Twitter), so dass deren Nutzer Bilder erstellen lassen konnten. Weil die Motive aber kaum als künstlich zu enttarnen waren, war das Start-up auch kritischen Fragen ausgesetzt.
Einem Bericht des europäischen Start-up-Magazins „sifted“ zufolge soll die Zusammenarbeit mit Musk aber bereits wieder beendet sein. Der Bekanntheit von Black Forest Labs dürfte es aber keinen Abbruch getan haben.
Doch zurück nach Freiburg: Laut Handelsregister ist die Geschäftsadresse der BFL GmbH die Bertholdstraße, wo sie in einem Geschäftshaus im 5. Stock residieren soll. Das war‘s dann aber auch schon, was an Spuren des Start-ups im Breisgau zu finden ist. Die Jungunternehmer sind öffentlichkeitsscheu, eine Telefonnummer findet sich nicht, Presseanfragen per Mail und über Social-Media-Accounts bleiben unbeantwortet.
In Deutschland studiert
Unbeschriebene Blätter sind die Gründer aber keineswegs, dies gilt vor allem für ihre wissenschaftliche Expertise. Der 32-jährige Andreas Blattmann, der aus Waldkirch stammt, hat am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) studiert, ebenso der 31-jährige BFL-Mitgeschäftsführer Axel Sauer.
Der Kopf der KI-Truppe, der 32-jährige gebürtige Freiburger Robin Rombach, hat an der Universität Heidelberg und dann auch an der Münchener Ludwig-Maximilians-Universität studiert und geforscht.
Dort haben die Wissenschaftler, zu ihnen zählt auch Patrick Esser, zur Stable Diffusion-Technologie geforscht – also einem Text-zu-Bild-Modell, mit dem detaillierte Bilder anhand von Textbeschreibungen generiert werden.
Zunächst London, dann Freiburg
Die KI-Forscher heuerten mit ihrer Tech-Entwicklung zunächst bei Stability AI an, einem in Großbritannien ansässigen Unternehmen für künstliche Intelligenz. Dank des KI-Bildgenerators wurde Stability AI zum Unicorn – bis die deutschen KI-Talente das britische Unternehmen verließen, um mit Black Forest Labs zu gründen und innerhalb weniger Monaten selbst als Unicorn gehandelt zu werden.
Die Jungunternehmer stehen hoch im Kurs: Medienberichten ist zu entnehmen, dass sie mit der Deutschen Telekom kooperieren und ihr Modell beim französischen KI-Unternehmen Mistral verwendet werde. Zudem bauen die Forscher aus Baden-Württemberg ihre Technologie dahin aus, dass auch Bewegtbilder anhand von Sprachbefehlen generiert werden können.
„Fokus statt Hype“
Eine Erfolgsgeschichte aus Baden-Württemberg – wenngleich sie die Gründer schwer zu fassen sind. Diese Erfahrung musste auch der Wirtschaftsverband Industrieller Unternehmen Baden (WVIB) machen. Der auch Schwarzwald AG genannte Verband ist stets an der Vernetzung seiner Mitgliedsunternehmen interessiert und hatte jüngst CEO Rombach eingeladen, vom Aufstieg von Black Forest Labs einmal zu berichten. Doch auch die Schwarzwald AG bekam letztlich eine Absage von BFL.
Ihre Motivation für die Gründung ihres Start-ups im Schwarzwald haben Rombach und Blattmann dafür Ende Mai in einem Gastkommentar im Handelsblatt erläutert. Man habe ganz bewusst nicht im Silicon Valley gegründet, sondern im Schwarzwald.
„Nicht aus lokalem Stolz, sondern weil Europa etwas bietet, das anderswo rar geworden ist: offene Forschung, freie Meinungsäußerung, verlässliche Institutionen.“ Und weiter: „Unsere Gründung im Schwarzwald war kein Zufall“, schreiben Rombach und Blattmann. „Dort lebt ein Großteil des Teams, hier ist Fokus statt Hype“.