Der Besitzerwechsel des Ali-Theaters ist offenbar noch nicht in trockenen Tüchern. Wie Oberbürgermeister Philipp Frank auf Nachfrage mitteilte, habe die Stadt Waldshut-Tiengen inzwischen ihr Vorkaufsrecht ausgeübt. Der Käufer, der zunächst das Gebäude erworben hatte, habe jedoch dagegen Widerspruch eingelegt.

„Das Widerspruchsverfahren wird nun geprüft. Wir sind aber zuversichtlich, hier zu einem für beide Seiten guten Ergebnis zu kommen“, erklärte der OB. Über den Kaufpreis könne die Verwaltung erst nach Abschluss des Verfahrens eine Aussage machen.

Wer kauft wem das Ali-Theater ab?

Das Gebäude am Tiengener Marktplatz befand sich jahrzehntelang im Besitz der Kinobetreiberfamilie Albrecht. Zwischen 1939 und 2004 flimmerten hier Kinofilme über die Leinwand. Anschließend fungierte das Ali im Pachtbetrieb als Veranstaltungsort für Kleinkunst, Musik und Theater. Seit Sommer 2019 wird es von der freikirchlichen Religionsgemeinschaft Netzwerk 43 aus Görwihl-Segeten für Gottesdienste genutzt.

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Dass das Ali-Theater 2022 überhaupt verkauft werde, wollte Miteigentümerin Ursula Albrecht nicht bestätigen. „Das ist Privatsache“, antwortete sie im Frühjahr knapp auf eine Anfrage dieser Zeitung. Kurz zuvor, in der öffentlichen Gemeinderatssitzung Ende Mai, war bekannt geworden, dass der Stadt „von den Notaren der Inhalt eines Kaufvertrags schriftlich mitgeteilt worden“ sei. Darin wurde das Grundstück am Marktplatz 17 mit einer Fläche von 545 Quadratmetern an einen Dritten veräußert, wie es in der Sitzungsvorlage heißt.

Der Gemeinderat fasste daraufhin einstimmig den Beschluss, von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch zu machen. Als Vorkaufsrecht einer Kommune wird das Recht bezeichnet, in einen wirksam abgeschlossenen Kaufvertrag anstelle des Käufers einzutreten. Beim Käufer handelt es sich laut Oberbürgermeister Philipp Frank um das Netzwerk 43.

Warum will die Stadt das Ali-Theater kaufen?

„Das Ali-Theater befindet sich mitten im Sanierungsgebiet Tiengen“, teilte OB Frank auf die Frage mit, warum die Stadt das Gebäude erwerben will. Dieses werde ausschließlich von städtischen Flächen umlagert, „weshalb sich mit seinem Erwerb für die Stadt die einmalige Möglichkeit ergibt, eine Lücke zu schließen“. Letzteres sei gerade im Hinblick auf die künftige städtebauliche Entwicklung von Bedeutung. Die Stadt will im Zuge der städtebaulichen Erneuerungsmaßnahme „Tiengen – Innenstadt Süd“ die Untere Hauptstraße und den Marktplatz in Tiengen umgestalten.

Was wird aus dem ursprünglichen Käufer?

„Es ist seitens der Stadt beabsichtigt, dass das Netzwerk 43 Pächter des Ali-Theaters bleibt – zu für beide Seiten annehmbaren Konditionen“, betonte Philipp Frank.

Die Schaukästen des Ali-Theaters sind leer. Seit 2019, und damit bereits vor Beginn der Corona-Pandemie, finden hier keine ...
Die Schaukästen des Ali-Theaters sind leer. Seit 2019, und damit bereits vor Beginn der Corona-Pandemie, finden hier keine Kulturveranstaltungen mehr statt. | Bild: Juliane Schlichter

Er äußerte sich im Gespräch zuversichtlich, dass eine Lösung gefunden werde, mit denen beide Parteien gut leben können. Zum Einspruch der Vertreter der Freikirche gegen das Vorkaufsrecht der Stadt sagte er: „Sie wollen Sicherheit.“

Was sagt das Netzwerk 43?

Die freikirchliche Religionsgemeinschaft Netzwerk 43 selbst äußerte sich nicht zu den Gründen ihres Widerspruchs. Auch die Frage, wie und in welchem Umfang die Mitglieder das Ali-Theater nach dem beabsichtigten Kauf nutzen wollten, ließ deren Pastor Theo Ehemann unbeantwortet. Auf mehrmalige Nachfrage teilte er mit, „dass wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Stellungnahme abgeben, bis die entsprechenden Entscheidungsträger die Grundlage für die Nutzung des Ali-Theaters geklärt haben“.

Soll das Ali-Theater saniert werden?

„Kurzfristig ist keine Sanierung des Gebäudes beabsichtigt – und genehmigungsrechtlich wohl auch nicht erforderlich“, erklärte der Oberbürgermeister. Im Hinblick auf die Sanierung des Marktplatzes habe die Stadt ein Fachbüro beauftragt, Planungsvarianten zu entwickeln, die dann mit Gemeinderat und Bürgern diskutiert werden sollen. „Sich daraus möglicherweise ergebende Ideen und Sanierungsbedarfe beim Ali-Theater wären dann zu diskutieren – ergebnisoffen und in Abhängigkeit von den Möglichkeiten der Stadt“, fügte Frank hinzu.

Wie will die Stadt das Gebäude nutzen?

Nach derzeitigem Stand soll das Ali-Theater laut dem Oberbürgermeister weiter so genutzt werden wie bisher: als Begegnungsstätte der Freikirche Netzwerks 43. Allerdings sollen in der Einrichtung – wie in der Vergangenheit – auch kulturelle Veranstaltungen möglich sein. „Das haben wir mit den aktuellen Nutzern im Vorfeld so besprochen“, betonte Frank. Er könne sich langfristig ein Kulturzentrum mit Café im Ali-Theater vorstellen.

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