„Mit dem heutigen Tag geht wohl ein Kapitel Waldshuter Geschichte zu Ende“, verkündete am 28. Juni im Jahr 2005 der damalige Waldshut-Tiengener Oberbürgermeister Martin Albers. Es war ein Dienstagmorgen, kurz nach fünf Uhr. Minuten später, genau um 5.30 Uhr, blieb vom 100 Meter hohen Lonza-Kamin nur ein Trümmerfeld.

Das Bauwerk machte Platz für die erste Erschließungsstraße im „Gewerbepark Hochrhein“. Hunderte Neugierige, darunter viele Lonzaner, waren Zeugen, als 36 Kilo Dynamit 3000 Tonnen Ziegelsteine und Beton zielgenau zwischen zwei stillgelegte Werkshallen legten.

Rauchfahne gibt Hinweise auf das Wetter

Für den mit 65 Jahren ins Rentenalter gekommenen langen Lulatsch hatte keiner mehr Verwendung. In seiner einstigen Funktion als Umweltverschmutzer sowieso nicht. Allerdings war er für die einst unter ihm tätigen Arbeiter mit seiner Rauchfahne der tägliche Beweis gewesen, dass ihr Arbeitsplatz funktionierte.

Und für alle anderen eine verlässliche Wetterfahne: Zeigte sie nach Westen, blieb das Wetter schön, drehte sie nach Osten, kam Regen auf. Eine Aufgabe, die heute die Kühlturm-Dampffahne des Atomkraftwerks in Leibstadt übernommen hat.

Kamin-Paten gab es keinen

Zwar hatte die Lonza-Nachfolgerin „Gewerbepark Hochrhein“ nicht von vornherein den Daumen über das Schicksal des Schlots gesenkt. Wenn einer für die Bestandspflege aufgekommen wäre, hätte er ihn behalten können. Doch unter den künftigen Gewerbepark-Ansiedlern fand sich keiner, der als Kamin-Pate eingesprungen wäre. Das war auch gut so. Der verrußte Schornstein hätte auch nicht, wie man heute weiß, ins moderne Bild des jetzt fertigen Gewerbeparks gepasst. Auch wenn es manchem alten Lonza-Mitarbeiter weh tat, das Sinnbild seiner eigenen Arbeitslebensgeschichte in einer Staubwolke verschwinden zu sehen.

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In seiner „Grabrede“ auf den fallenden Riesen erinnerte Lonza-Manager Walter Eschenmoser bei einem abschließenden Frühstück für geladene Gäste daran, dass der Kamin einst 370.000 Kubikmeter Abluft aus der Karbidproduktion entsorgte. Die in einem Jahr so viel Energie benötigt hatte, wie Waldshut, Tiengen und das Gebiet Kaitle zusammen in vier Jahren.

Dieser Artikel wurde erstmals im Juni 2025 veröffentlicht.