Rauchschwaden steigen aus der Stadt empor. Auch auf den Feldern rund um Donaueschingen qualmt es. Es ist das Jahr 1945 und die Alliierten haben gerade Bomben über der Baar abgeworfen.
Aufnahmen von solchen Angriffen auf Donaueschingen sind selten, speziell so kurz danach. Doch es gibt sie. So zum Beispiel im Bilderband Donaueschingen. Herausgeber Rolf Gleichauf zeigt in seinem Buch eine besonders seltene Perspektive: Die Fotos wurden aus den Fliegern gemacht.
Ein Bilderband mit Geschichte
Gleichaufs Bilderband ist die Neuauflage eines Buches, das vor 25 Jahren in seiner ersten Auflage erschien. Otto Huber brachte damals seine „Erinnerungen an Donaueschingen“ heraus.
Huber, Familienfreund der Gleichaufs, hatte damals alte Bilder der Stadt gesammelt und wollte unbedingt ein Buch damit füllen, erinnert sich Gleichauf. Gedruckt hatte er seine Sammlung in der Druckerei von Rolf Gleichauf. Diesem hat Huber mit seinem Tod 2014 auch die Rechte an seinem Werk übergeben.

Hundert neue Aufnahmen
Es ist nicht die erste Überarbeitung, die Rolf Gleichauf veröffentlicht hat. Aber es ist die mit Abstand umfangreichste. Aus 200 Bilder aus der Vergangenheit der Donau-Quellstadt hat Gleichauf für die nun vierte Auflage des Bilderbandes etwa 500 Aufnahmen gemacht.
Den Anstoß für den Eschinger, nochmal nachzuarbeiten, lieferte Rolf Gleichauf im Jahr 2022 ein Klassentreffen. „Als ich das Buch herausgeholt hatte, gab es viele Diskussionen darüber, was eigentlich aus vielen der alten Orte darin wurde.“
Einige seiner ehemaligen Klassenkameraden wollten dann die damals dritte Auflage von Gleichaufs Bilderband kaufen, konnten aber keine Exemplare mehr finden. „Dann dachte ich mir, ich packe noch ein paar Bilder dazu und bringe eine neue Auflage heraus.“
Lange Nächte der Recherche
Anfang des Jahres startete er schließlich in das Projekt. Wichtig sei es Gleichauf gewesen, aber auch wirklich einen Mehrwert für alle zu schaffen. „Leute, die das alte Buch haben, sollen sich nicht vor den Kopf gestoßen fühlen. Ich wollte nicht einfach nur ein paar neue Bilder hinzufügen“, sagt der Donaueschinger.
Etwa 1000 Stunden hat er an Recherche und Nachbearbeitung in die neue Auflage investiert. „Ich wollte ein Werk schaffen, das so schnell nicht wiederkommt“, sagt Gleichauf. Menschen haben ihm Bilder aus privaten Sammlungen vorbeigebracht, im Archiv der Stadt war er selbst zu Gange.
Ganz Besonders: Auch im Fürstlich Fürstenbergischen Archiv durfte Rolf Gleichauf noch nie öffentlich gemachte Aufnahmen einsammeln. „Ich habe da Dias bekommen, die einmalig sind.“ Stellenweise habe er mit stark zerkratzten Glas-Dias arbeiten müssen, die ganze Abende der Bearbeitung benötigten, um für das Buch vorzeigbar zu werden.
Donaueschingen im stetigen Wandel
In der neuen Auflage wollte Rolf Gleichauf dem Bildband nicht nur neue Fotos beifügen, sondern diesen auch eine zweite Ebene verleihen. Inspiriert von den Diskussionen des Klassentreffens hat Gleichauf zu den alten Aufnahmen auch Vergleichsbilder aus der Gegenwart hinzugefügt.
„Mich hat das Ausmaß des Wandels sehr überrascht“, sagt Rolf Gleichauf zum Ergebnis seiner Recherche. Neben vielen großen Veränderungen, die durch die Zerstörung des Kriegs entstanden waren, sind dem Herausgeber auch einige kleinere Details aufgefallen.
Auf einer alten Aufnahme des Bahnhofs, die im Buch dabei ist, sieht man zum Beispiel noch den Sondereingang für den Fürsten. Außerdem beantwortet das Buch die Frage, warum der Sternensaal eigentlich Sternensaal heißt. Weil dort früher das Gasthaus zum Sternen stand. „Viele Eschinger wissen das gar nicht“, sagt Gleichauf.
Kurios: Bei der Recherche ist Rolf Gleichauf aufgefallen, dass die Josefstraße nicht immer mit F geschrieben wurde. Auf älteren Bildern hieß sie noch Josephstraße. „Mir kann auch niemand sagen, wann das geändert wurde“, so der Herausgeber. Er habe bei der Recherche zunächst gedacht, er selbst hätte einen Fehler gemacht.
Modernisierung hält Einzug
Auch der Standort der heutigen SÜDKURIER-Redaktion in der Käferstraße hat sich stark verändert. Wo heute eine Glasfront an der Straße entlangläuft, gab es in den 1950er Jahren noch gar kein Gebäude, später baute dann ein Fahrradhändler.


„Manches hat sich zum Vorteil gewandelt, manches zum Nachteil“, urteilt Gleichauf nach seinen Beobachtungen. „Früher wurde mit Liebe gebaut, heute eher zweckmäßig. Das tut manchmal ein bisschen weh.“
Interesse ist groß
Rolf Gleichauf nennt sein Werk eine breit gefächerte Dokumentation. „Es ist das einzige Buch bis jetzt, das alle Gebiete der Stadt streift.“ Ob vom Brand 1908, Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg oder eine Historie der Wirtschaften – all das möchte Gleichauf mit dem Bilderband abdecken.
Vom Interesse an der neuen Auflage seines Bildbandes zeigt sich der Donaueschinger bislang hochzufrieden. Die Leute würden ihn immer wieder darauf ansprechen, stellenweise weitere Bilder anbieten.
Doch diese Version des Buches steht nun. Wie viele Exemplare Gleichauf bislang verkauft hat, möchte er nicht sagen, doch er zeigt sich vom Interesse bisher hochzufrieden. Zu kaufen gibt es den Bildband Donaueschingen bei Morys Hofbuchhandlung, der Metzgerei Lehmann oder direkt in Rolf Gleichaufs Druckerei in der Zeppelinstraße.