Es ist ein kühler Septembermorgen auf der Kleingarten-Anlage im Donaueschinger Haberfeld. Vereinzelt schaffen es noch Sonnenstrahlen, sich durch die dunkelgraue Wolkenschicht über der Baar zu kämpfen. Einige wenige Hobby-Gärtner nutzen den noch trockenen Start in den Tag und stehen bereits in ihren Beeten.
Zu den frühen Vögeln auf der Anlage zählt auch Adolf Bausch. Beim Blick aus seiner Laube heraus beobachtet er zwei Kohlmeisen, wie sie durch seine dicht bepflanzte Parzelle fliegen. Vom Birnbaum auf das Bienenhotel, dann wiederum ins Gebüsch am Rand der Anlage.
Garten ist auch für Tiere da
Alfred Bausch ist Fach- und Bezirksberater für Gartenfragen beim Verband der Kleingartenvereine und bepflanzt seit 39 Jahren seine Parzelle im Haberfeld. Da kommt der 84-Jährige auch der Tierwelt ganz nah.
Heute seien es zwar nur ein paar Kohlmeisen, die durch Bauschs grünes Paradies streifen. Über den Sommer gesellen sich laut dem Fachberater auch Enten ganz nah zu ihm. „Sowas erlebt man nur hier.“
Wenn Fremde in seinem Garten sind, dann halten sich die Vögel zurück, sagt Bausch. Arbeitet Bausch allerdings allein an seinem Garten, dann zeigen Kohlmeisen wenig Scheu.
Kein Wunder, versorgt Adolf Bausch den Besuch aus luftiger Höhe doch mit ausreichend Futter. „21 Kilogramm frisst eine Kohlmeisen-Familie im Jahr. Ich brauche quasi vier Zentner Vogelfutter im Jahr“, sagt er. Da kommt einiges an Kosten zusammen, für Bausch ist das aber selbstverständlich.
Schrebergärten haben Tradition in Donaueschingen
Seine Parzelle ist eine von insgesamt 77, die nahe dem Donauursprung angelegt sind. Seit 1969 gibt es die Anlage des Kleingartenvereins Haberfeld, zuvor waren einige Kleingärten am Brigachweg angelegt. Auch da war Bausch bereits mit dabei.
Wer neu einsteigen möchte, der braucht Geduld, denn die Gärten sind in der Regel alle belegt. „Die Wartezeiten für eine Parzelle sind bei uns unregelmäßig, weil es einfach davon abhängt, ob jemand seinen Garten abgibt“, so Bausch.
Da könne es auch mal zwei bis drei Jahre dauern, bis man etwas bekommt. Aktuell stehen laut dem 84-Jährigen zehn Interessierte auf der Warteliste.
Nutzung ist klar vorgeschrieben
Häufig wird Kleingärten nachgesagt, dass sie Verordnungen haben, die ihren Nutzern bis ins kleinste Detail vorschreiben, wie sie ihre Parzelle anzulegen haben. Und ja, die Liste an Regeln ist auch im Haberfeld lang.
Jeweils ein Drittel einer Parzelle muss für Gemüse, Obst und Freizeit angelegt werden. Die Laube darf nicht größer als 24 Quadratmeter sein.
Einige Pflanzen wie zum Beispiel Bambus und Schilf sind verboten, weil sie sich zu stark ausbreiten, sagt Adolf Bausch. Auch Obstbäume dürfen maximal vier Meter in die Höhe ragen. Generell sind Höhen und Abstände festgelegt.
Im Rahmen dieser Vorgaben, so Bausch, gebe es aber viel Gestaltungsspielraum. „Ich liebe es, Dinge auszutesten, was Pflanzen angeht. Dafür gibt mir der Kleingarten den Raum.“
Der eigene Kopfsalat schmeckt am besten
Auch für Reinhard Dudek ist der Kleingarten eine einzigartige Sache. Er nutzt den Morgen, um sich um seine Beete zu kümmern. Fast für die Ernte bereit ist zum Beispiel sein Kopfsalat.
Dudek ist seit 35 Jahren im Kleingartenverein aktiv. „Für mich ist das Besondere, dass man hier selbst sein Gemüse ziehen kann. Es schmeckt auch besser als im Laden.“

Kleine Arbeiten an der Parzelle stehen immer an, sagt er. Im Sommer arbeitet er fast jeden Tag an seinem Garten. Jetzt, da so langsam die Vorbereitung auf den Winter ansteht, kommt er noch zweimal pro Woche auf die Anlage.
Hobby seit der Kindheit – und das in Papas Garten
Etwa 100 Meter weiter steht Guido Reich in seinem Garten. Er kümmert sich gerade um die ersten verblühten Blumen, schneidet sie für den Winter zurecht.
Reich ist seit 1969 dabei, hat den Garten von seinem Vater übernommen. „Das ist schon seit meiner Kindheit mein Hobby. Garten ist für mich mein Ein und Alles.“
Zudem steht jetzt die Gemüse-Ernte an. Einen Garten, um in diesem Maß anpflanzen zu können, hat Guido Reich daheim in der Innenstadt nicht.
Auch die Enkel bekommen Gemüse ab
„Gemüseanbau ist für mich wichtig. So habe ich für den ganzen Winter Gemüse. Das wird eingefroren.“ Auch seine Kinder und Enkelkinder werden dann mit dem selbst gezogenen Gemüse versorgt.
Er und seine Frau sind jeden Tag auf der Anlage, berichtet Reich. „Ich bin Rentner, was soll ich machen?“, sagt er und lacht. „Das hält mich fit.“
Der Garten ist nicht nur für Rentner
Adolf Bausch kennt die Anlage im Haberfeld wie seine eigene Westentasche, kann beim Spaziergang zu jeder Parzelle etwas berichten.
Ob sich die Mitglieder dann sorgen müssen, dass Bausch bei kleineren Regelverstößen direkt Alarm schlägt? Nein, denn: „Der Fachberater ist kein Spitzel des Vorstandes“, sagt Bausch.
Überhaupt funktioniere das Zusammenleben im Verein sehr gut, berichtet der 84-Jährige. Zu kleineren Konflikten unter Pächtern kann es mal kommen, aber „wir achten hier immer auf das gute Verhältnis“.
Verein trägt die Pflanzenwelt in die Schule
Zudem lege der Verein auch Wert darauf, die nächste Generation an Kleingärtnern zu gewinnen. Man schaue, auch Familien mit Kindern als Neugärtner zu bekommen, so Bausch. Zudem gibt es seit 2003 in Zusammenarbeit mit der Erich-Kästner-Schule einen kleinen Schulgarten.


Die Schüler kommen jeden Dienstag und pflegen ihren Garten gemeinsam mit Adolf Bausch. Zudem unterrichtet der Fachberater im Winter einmal wöchentlich in der Schule zum Thema Nützlinge/Schädlinge und darüber, wo Essen überhaupt herkommt.
Für den 84-Jährigen ist die Arbeit mit Kindern wichtig. „Ich hoffe, dass mein Nachfolger das weiterführt, wenn ich in ein paar Jahren aufhöre.“
Bald schläft der Kleingarten
Dann müssen die einsamen Sonnenstrahlen gegen Mittag der immer bedrohlicher anmutenden Wolkendecke weichen. Im Licht wird deutlich, dass die Kleingarten-Saison bald wieder vorbei ist.
Sobald für den Winter abgeerntet wurde, ist Pause im Haberfeld, sagt Bausch. Solange kann und möchte er aber sein Wissen über seine große Leidenschaft noch mit den Menschen teilen.
Die zentralen Wege der Kleingarten-Anlage sind für Spaziergänger offen. Wer Bausch am Rande seiner Parzelle an seinen Kräutern arbeiten sieht, der sei herzlich eingeladen, sich bei ihm Tipps zum Gärtnern zu holen.