80 Jahre ist es her: Am 8. September 1945 erschien die erste Ausgabe des SÜDKURIER in einer Auflage von 100.000 Stück. Viele dieser Originale sind längst verloren, andere werden in Archiven bewahrt. Doch manche Exemplare haben ihre ganz eigenen Geschichten. Passend zum Geburtstag des SÜDKURIER hier zwei Geschichten, von Zufällen und Geburtstagen – und von Kartoffeln.

September 1945. Der Krieg ist vorbei und Konstanz Teil der französischen Besatzungszone. In dieser Zeit lässt der gebürtige Kieler und ehemalige Berliner Johannes Weyl die erste Ausgabe des SÜDKURIER drucken. Das Papier ist knapp. Die Zeitung wird deshalb nicht nur zum Lesen verwendet. Mit ihr werden Feuer angefacht, Löcher gestopft und Gemüse verpackt. Doch niemand ahnt, wo noch eine erste Ausgabe des SÜDKURIER 65 Jahre später auftauchen wird.

Über Generationen weitergegeben

Etwa 2010 bekommt Ulrike Vogt aus Donaueschingen eine Kiste Kartoffeln überreicht. Das Innere der Kiste ist mit Zeitungspapier ausgelegt. Diese lagerte lange Zeit im Keller ihrer Schwiegereltern Albin und Liselore Vogt. Nachdem die Familie die Kartoffeln verbraucht hat, will Ulrike Vogt gemeinsam mit einem ihrer Kinder die Zeitung entsorgen. Da fällt ihrem Kind etwas auf. Die Schrift sieht anders aus und das Papier ist bereits vergilbt.

Das könnte Sie auch interessieren

Die Zeitung muss wohl schon etwas älter sein. Mutter und Kind sehen sich die Seiten genauer an und entdecken ein Datum: 8. September 1945. Was die beiden an diesem Tag vor etwa 15 Jahren in der Hand hielten, war nichts Geringeres als eine originale Erstausgabe des SÜDKURIER – weitergegeben über Generationen, gelagert im Keller der Familie. In einer Kartoffelkiste.

Gut für die Kartoffelkiste und Schulreferate

Die Zeitung ist in erstaunlich gutem Zustand. Obwohl auf ihr wohl über 65 Jahre Gemüse gelagert wurde. Ihre Oberfläche ist lediglich gesprenkelt mit vereinzelten braunen Stockflecken. Den Text kann man noch ohne Probleme entziffern. Und so fand Ulrike Vogt mit ihrem Kind unter den Kartoffeln ein Zeitdokument, unwissentlich vererbt über drei Generationen.

Erworben hatten diese Ausgabe nämlich vermutlich die Großeltern ihres Mannes. Sie nutzen das Zeitungspapier als Unterlage in einer Gemüsekiste. Und während der Inhalt dieser Kiste sich über die Jahre immer wieder änderte, blieb die Zeitung an ihrem Platz. Und so ging die Kiste an Albin Vogt, Bürgermeister von Hubertshofen und Schwiegervater von Ulrike Vogt. Dessen Frau gab die Kiste, gefüllt mit Kartoffeln, an Ulrike Vogt. Währenddessen lag unscheinbar unter den Kartoffeln die erste Ausgabe des SÜDKURIER.

Diese originale Erstausgabe des SÜDKURIER hat Ulrike Vogt in einer Kartoffelkiste gefunden. Die Zeitung wurde unabsichtlich über drei ...
Diese originale Erstausgabe des SÜDKURIER hat Ulrike Vogt in einer Kartoffelkiste gefunden. Die Zeitung wurde unabsichtlich über drei Generationen weitergegeben, begraben unter Kartoffeln. | Bild: Ulrike Vogt

Das Kartoffel-Exemplar ist bis heute vollständig. Jede einzelne der sechs Seiten erzählt von der Zeit nach dem Krieg, dem Wiederaufbau und dem Leben unter der französischen Besatzung. Als ihre Kinder später diese Zeit im Geschichtsunterricht behandelten, so Ulrike Vogt, nutzten sie das Zeitdokument für ihre Referate. Sogar eine Freundin der Kinder nahm einmal die Zeitung mit in die Schule, um eine Präsentation zu halten, erzählt sie weiter.

Und so fand die historische SÜDKURIER-Ausgabe, konserviert in einer Kartoffelkisten-Zeitkapsel, noch einen sinnvollen Zweck über die Nostalgie hinaus. Drei Generationen später.

Das könnte Sie auch interessieren

Nicht nur der SÜDKURIER wird 80

Eine Kopie einer solchen Erstausgabe, jedoch ohne Stockflecken, überreichte der SÜDKURIER am Montag, 8. September, der Abonnentin Doris Mühle in Konstanz. Zusammen mit einer Karte und Glückwünschen der Lokalredaktion Konstanz. Mühle wurde am 8. September 1945, dem Tag der ersten Ausgabe, geboren. Somit ist sie genauso alt wie der SÜDKURIER. Die Frau wohnt in Allmannsdorf und bekam dort an ihrem 80. Geburtstag auch spontan Besuch von ihren zwei Nichten und deren Ehemännern.

Sie erinnert sich: Bereits zu ihrem 50. Geburtstag überreichte ihr der SÜDKURIER eine Torte. Dies sei auch sehr hilfreich gewesen, da an diesem Tag ihr Backofen den Geist aufgegeben habe. Eine Information, die – wie sie am nächsten Tag entsetzt feststellen musste – direkt in der Zeitung landete.

Der SÜDKURIER hat Doris Mühle bereits zu ihrem 50. Geburtstag besucht und ihr eine Torte überreicht.
Der SÜDKURIER hat Doris Mühle bereits zu ihrem 50. Geburtstag besucht und ihr eine Torte überreicht. | Bild: Felix Link

Dieses Mal soll etwas Schöneres in der Zeitung stehen. Der Mann ihrer Nichte erzählt begeistert: Doris Mühle spielt noch immer wöchentlich Tennis. Sie ergänzt, Sport und gute Ernährung hielten sie jung. Zudem verlängerte dies das Leben um mindestens sieben Jahre, ist sie überzeugt. Außerdem geht sie noch regelmäßig laufen. Da ihr 80. Geburtstag auf einen Montag fiel, wird sie ihren Ehrentag am Wochenende mit der gesamten Familie noch groß feiern. Wir wünschen viel Spaß und gratulieren herzlich.