Am höchsten Punkt der Gemarkung Wehr – in einem Waldstück kurz unterhalb von Rüttehof – haben Forstarbeiter in den vergangenen Tagen mehrere hundert junge Douglasien gepflanzt. Bis vor drei Jahren standen hier mächtige Fichten, dann verursachte der Borkenkäfer einen Totalschaden in diesem Teil des Stadtwaldes. Die nun neu gepflanzten Bäume sind eine Spende des Wehrer Stadtrats Helmut Steinebrunner, der dafür seine Entschädigungen für die ehrenamtliche Tätigkeit als Gemeinderat verwendet. „Ich habe ein Konto, auf das ich die Sitzungsgelder einzahle. Ich bin nicht darauf angewiesen und möchte sie gern der Allgemeinheit zurückgeben“, erklärt Steinebrunner. In der Vergangenheit spendierte er der Bürgerstiftung auf diese Weise einen Flachbildfernseher, oder er finanzierte damit Weihnachtsessen für Obdachlose in der Region.
Seine jetzige Spende ist für Helmut Steinebrunner eine echte Herzensangelegenheit: „Ich will etwas Bleibendes für die Nachwelt hinterlassen. Mit dieser Aktion setzen wir außerdem gemeinsam ein Signal im Sinne des Klimaschutzes.“ Im Gespräch mit Gemeinderäten anderer Städte hörte Steinebrunner von der Aktion des Gemeindetags Baden-Württemberg „1.000 Bäume für 1.000 Kommunen“ und regte auch die Teilnahme des Stadt Wehr an. Spontan erklärte er sich bereit, insgesamt 1000 Bäume zu spenden. 500 wurden nun im Frühjahr im Stadtwald gepflanzt, 500 weitere dann im kommenden Herbst.
Welche Bäume an welchen Standorten gepflanzt werden, das überlässt Helmut Steinbebrunner der Wehrer Stadtförsterin Swantje Schaubhut. Ob im Gewann Steinegg, im Flienkener Hölzle oder im einem Waldstück zwischen Wehr und Öflingen – überall im Wehrer Stadtwald werden Lücken gefüllt, die meist der Borkenkäfer hinterlassen hat. Nicht überall eignet sich die Douglasie, deshalb hat die Stadt Wehr selbst auch 600 zusätzliche Bäume beigesteuert. Darunter Lärchen, aber vor allem Laubbaumarten wie Stieleiche, Hainbuche, Vogelkirsche, Flatterulme und Tulpenbaum werden gesetzt. „Den Tulpenbaum hatten wir bislang nicht im Stadtwald“, so die Försterin, „ich bin gespannt, wie er sich entwickelt.“ Auch die Flatterulme kommt kaum im Stadtwald vor. „Sie wird zum Beispiel in bestimmten Bereichen als Ersatzbaumart für die Esche verwendet, die massiv durch einen Pilz geschädigt ist und ebenfalls großflächig verschwindet“, so Schaubhut.
Rund zwei Euro kostet derzeit ein Sprössling. Mit den Bäumen für den Herbst und den Ersatzpflanzungen von Bäumen, die nicht anwachsen, rechnet Helmut Steinebrunner mit Kosten von rund 2500 Euro. Auch ein Schild mit dem Hinweis auf die Spende soll angebracht werden. „Vielleicht findet sich ja ein Nachahmer“, ist die Stadtförsterin offen für weitere Baumspender.
1100 neue Bäume im Stadtwald – das ist nicht nur viel Arbeit für die städtischen Forstwirte Thorsten Grether, Harald Lütte und Gerhard Schmitt. Die Pflanzaktion bringt die Stadt Wehr auch beim European Energy Award (EEA) weiter. Klimaschutzmanager Sven Geiger und Stadtförsterin Swantje Schaubhut zeigen sich begeistert über diese Form der Bürgerbeteiligung, denn dadurch kann ein Beitrag zum Klimaschutz und zur Reduktion des Kohlendioxids in der Atmosphäre geleistet werden.
Nun freut sich Helmut Steinebrunner darauf, das Wachstum der Bäume in den nächsten Jahren zu verfolgen. Immer wieder beeindruckt vom Wandel des Waldes in den vier Jahreszeiten, liegen ihm der Erhalt von Tier- und Pflanzenwelt und des Waldes als Naherholungsgebiet für die Bevölkerung am Herzen. Etwa 60 bis 100 Jahre dauert es, bis die Douglasien ausgewachsen und „erntereif“ sind.
Dass ein Teil seiner Bäume im Bereich der früheren Steinegghöfe gepflanzt wurden, freut ihn besonders – aus familiären Gründen: „Der Großvater meiner Frau wurde in einem der Höfe geboren,“ so Steinebrunner. Die drei Höfe am Hang zum Hotzenwald wurden 1860 durch eine Stein- und Schneelawine zerstört.
Das Projekt „1.000 Bäume für 1.000 Kommunen“
- Die Aktion: Um den aktiven Klimaschutz voran zu treiben und die vom Klimawandel geschädigten Wälder wieder aufzuforsten, hat der Gemeindetag Baden-Württemberg das Projekt „1.000 Bäume für 1.000 Kommunen“ gestartet. Ziel ist es, bis 2021 in 1000 Städten und Gemeinden 1 Million Bäume zu pflanzen. Nach Informationen des Gemeindetags Baden-Württemberg sollen damit jährlich 4.300 Tonnen CO2 gebunden werden.
- Klimawandel und die lokalen Folgen: Nicht nur weltweit, sondern auch regional sind die Auswirkungen des fortschreitenden Klimawandels deutlich zu spüren. Die vergangenen Jahre zählten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1880 zu den wärmsten. 2019 lag die Anzahl der Tage mit Temperaturen über 30 Grad Celsius deutlich über dem deutschlandweiten Durchschnitt von 17 Tagen. Die steigenden Temperaturen in Kombination mit häufiger auftretenden Extremwettereignissen wie Stürmen oder längeren Trockenperioden haben in den vergangenen Jahren auch prägende Auswirkung auf den Wald gehabt. Im Südschwarzwald ist allem voran die Fichte stark betroffen, da sich der Borkenkäfer auf Grund der günstigen Witterung stark vermehren konnte und die Fichten durch den Wassermangel geschwächt sind. Dies führte zur weiten Ausbreitung des Borkenkäfers und folgend zum flächenhaften Absterben der Bäume.
- Wiederaufforstung: Mit Baumarten, die an den entsprechenden Standort sowie wärmere Temperaturen und Trockenheit angepasst sind, sollen nun Mischwälder aufgebaut werden, die dem Klimawandel stabiler gegenüberstehen. Die Wiederaufforstung von Wäldern dient jedoch nicht nur dem Walderhalt, sondern ist ebenfalls ein aktiver Beitrag zum Klimaschutz. Der Baum entzieht der Atmosphäre das Klima-schädliche Kohlendioxid und speichert es langfristig im Holz. Daher ist der Erhalt und der Ausbau von Wäldern bei uns und weltweit einer der wichtigsten Beiträge zu einem nachhaltigen Klimaschutz. Der Stadtwald Wehr war nach dem Trockenjahr 2003, aber auch in jüngerer Zeit stark vom Borkenkäferbefall betroffen, sodass an unterschiedlichen Orten Maßnahmen im Waldumbau hin zu einem klimastabilen Wald notwendig sind. Samen sich nicht von selbst unterschiedliche Baumarten an, werden die Freiflächen mit Baumarten wie beispielsweise Douglasien oder Eichen und anderen Mischbaumarten aufgeforstet. In anderen Fällen werden auch auf bestehenden Naturverjüngungsflächen aktiv weitere Baumarten beigemischt um einen Mischwald zu erzeugen.