Die Aufgaben werden vielfältiger, komplexer, bürokratischer, anspruchsvoller und verantwortungsvoller. Die Kommandanten der Hegauer Feuerwehren sehen sich immer mehr gefordert. Das hat Konsequenzen. So hat der Gemeinderat der Stadt Engen nun beschlossen, einen hauptamtlichen Feuerwehrchef einzustellen (unten stehender Erklärtext).
Der Aufwand bei der Leitung der Feuerwehren nimmt stark zu“, erklärt Andreas Egger, Kommandant der Gesamtwehr der Stadt Singen. Er übernimmt ab Anfang des nächsten Jahres das Amt des Kreisbrandmeisters. „Ähnlich wie in Vereinen sind Führungskräfte der Feuerwehr durch ihr großes Engagement und die gute Qualifikation auch in den Berufen immer mehr gefordert. Dies führt zu einer höheren Doppelbelastung. Zudem hat sich das Freizeitverhalten geändert. Längst vorbei sind die Zeiten, in denen Kommandanten teils jahrzehntelang ehrenamtlich tätig waren. Die Halbwertszeit verringert sich drastisch“, schildert Egger.

Es gebe viele komplexer werdenden Aufgaben zu bewältigen, auch durch neue Vorschriften und Gesetze. Der vorbeugende Brandschutz sei ein wichtiges Thema. Den gebe es schon lange, aber heute schauten die Behörden vermehrt darauf, dass er eingehalten werde. „Die Gemeinden werden wohl nicht umhin kommen, durch Verlagerung von Arbeiten in die Verwaltungen die Feuerwehren zu entlasten. Auch neue hauptamtliche Stellen, wie in der Leitung oder in der Gerätewartung, werden zum großen Thema“, ist Egger überzeugt.
Singener Feuerwehr hat etliche hauptamtliche Kräfte
„Durch die vielfältigen Einsätze kommt der Aus- und Weiterbildung eine immer höhere Bedeutung zu. Diese sicherzustellen und zu koordinieren, sind Führungsaufgaben. Genauso zeichnen Kommandanten dafür verantwortlich, dass Fahrzeuge und Material auf dem neusten Stand sind. Es gilt auch, bei den Gemeinden hart um die Belange der Feuerwehr zu ringen. Das muss ein Kommandant aushalten können“, zeigt Egger auf. Die Singener Feuerwehr verfüge auch wegen der gestiegenen Anforderungen zehn hauptamtliche Kräfte, einige davon in Teilzeit und als Minijob. Die Stadt Singen hat die Kommandanten-Stelle als Ersatz für Egger ausgeschrieben.

Die Gemeinde Hilzingen schafft nun nach dem einstimmigen Entscheid des Finanz- und Verwaltungsausschusses des Gemeinderates eine neue 50-Prozentstelle in der Verwaltung, um den Feuerwehrchef Jean-Pierre Müller zu unterstützen. „Das Thema beschäftigt uns schon lange. Eine Mitarbeiterin, die in unserer Verwaltung tätig ist, kann unseren Kommandanten stark entlasten, indem sie für ihn vielfältige bürokratische Arbeiten übernimmt“, erklärt Bürgermeister Holger Mayer. „Durch die Einrichtung der neuen Stelle wollen wir langfristig erreichen, dass sich Leute finden, welche ehrenamtlich die Hilzinger Feuerwehr mit ihren Abteilungen in den Ortsteilen führen wollen“, beton Mayer.
Großes ehrenamtliches Engagement
Die Gemeinde Gottmadingen profitiert von einem tollen ehrenamtlichen Engagement der Feuerwehr, die weit über übliche Maße hinausgeht“, betont Bürgermeister Michael Klinger. „Die Forderungen, die wir als Gemeinde alle erfüllt haben, stellte die Feuerwehr stets mit Augenmaß, wie beim Umbau des Feuerwehrhauses. Das Projekt hatte unter einer Millionen Euro gekostet. Ein von der Feuerwehr nicht verlangter Neubau wäre mindestens doppelt so teuer gewesen, so Klinger.

Laut seinem Schreiben sei Kommandant Stefan Kienzler mit der bisherigen Unterstützung der Verwaltung durch Wirtschaftsförderer und Feuerwehrmann Thomas Schleicher sehr zufrieden. Angesichts neuer haftungsrechtlichen Aufgaben, wie bei der Überprüfung von Fahrzeugen, Atemschutzmasken und Material, sei aber weitere Unterstützung durch die Gemeinde nötig“, so Kienzlers Anliegen. „Wir streben gemeinsame Lösungen an“, erklärt Michael Klinger.
Gemeinsames Projekt soll für Entlastung sorgen
„Auf Initiative des damaligen Vorsitzenden des Kreisfeuerwehrverbandes, Helmut Richter, wurde ein Projekt Zukunftswerkstatt Feuerwehr zusammen mit den Kommandanten ausgearbeitet. Vor sieben Jahren wurde dies im Rahmen eines Workshops den damaligen OB- und Bürgermeistern vorgestellt. Man war sich einig, dass zur Entlastung des Ehrenamtes zentrale Werkstätten für den Bereich Atemschutz, Schläuche und Einsatzkleidung notwendig sind“, schildert der Gottmadinger Feuerwehrkommandant Stefan Kienzler. Er fungiert auch als Vorsitzender des Kreisfeuerwehrverbandes Konstanz. Unter Kreisbrandmeister Carsten Sorg sei in Zusammenarbeit mit dem Kreisfeuerwehrverband das Projekt Servicezentrum weiter ausgearbeitet worden.
„Der Kreistag hat 2020 nun den Bau einer Atemschutzübungsanlage, Brandhaus und der zum Betrieb notwendigen Werkstatt und Schulungsraum beschlossen. Die Erweiterung zum Servicezentrum für Feuerwehren ohne hauptamtliches Personal wurde nochmals vertagt“, schildert Kienzler die derzeitige Lage.
So soll es bei der Leitung der Engener Feuerwehr weitergehen
- Der Engener Beschluss: Einstimmig fiel die Entscheidung im Engener Gemeinderat zuletzt aus, als über die Einstellung eines hauptamtlichen Feuerwehr-Kommandanten abgestimmt werden sollte. „Es war absehbar, dass dieser Schritt irgendwann kommt. Ich will der Feuerwehr signalisieren, dass wir für diesen Schritt Verständnis haben“, gab Gerhard Steiner die Haltung der UWV-Fraktion wider. Dem schlossen sich die CDU- und die SPD-Sprecher an.
- Nicht in Einklang zu bringen: Absehbar war der Schritt wohl insbesondere, weil die schiere Aufgabenfülle des bisherigen Kommandanten, Dieter Fahr, den Gemeinderäten bekannt ist. Ehrenamtlich steht Fahr aktuell sechs Einsatzabteilungen und der Jugendfeuerwehr vor. Das sei schlicht nicht mehr mit seinen beruflichen Verpflichtungen in Einklang zu bringen, so Dieter Fahr. Und die Arbeit bei der Feuerwehr wird nicht weniger. Planung, Erneuerungen von Feuerwehrgebäuden, strukturelle Neuausrichtung der Wehr sowie die Zunahme an Vorschriften zur Prüfung und Dokumentation machten den Aufwand immer größer, so die Beschlussvorlage.
- Viele Qualifikationen nötig: Für dieses prall gefüllte Ehrenamt lässt sich schlicht auch niemand mehr finden. Die Feuerwehr habe in den eigenen Reihen intensiv nach einem Nachfolger für Fahr gesucht, aber es habe sich niemand gemeldet, heißt es. Grundsätzlich liegt die Entscheidung für einen hauptamtlichen Kommandant beim Gemeinderat. Und so haben mittlerweile mit Münsingen und Bad Urach bereits zwei vergleichbar große Gemeinden in Baden-Württemberg die Leitung ihrer Wehren in die Hände von Berufskommandanten gelegt. Als Qualifikation für die Kommandanten-Stelle ist eine Ausbildung im Verwaltungs-, technischen oder vergleichbaren Bereich Voraussetzung. Zudem, so die Beschlussvorlage, sollten Bewerber eine mehrjährige Erfahrung im aktiven Feuerwehrdienst nachweisen, mindestens eine Ausbildung zum Zugführer haben und sich durch Führungserfahrung und eine hohe Sozialkompetenz auszeichnen. Die Stadt rechnet finanziell mit einem Arbeitgeberaufwand von 77.000 Euro für die Stelle, die nun alsbald ausgeschrieben werden soll.