Wer mit aufmerksamem Blick durch Engen geht, wird die glänzenden Kopfsteinpflaster aus Messing mit Inschrift schnell ausmachen. Insgesamt verlegte Künstler Gunter Demnig Mitte März sieben der glänzenden Stolpersteine in Engen. Fünf in der Innenstadt und zwei auf Anselfinger sowie Neuhauser Gemarkung. Sie sollen an Opfer des NS-Regimes erinnern.
Die Verlegung startete mit einer zentralen Veranstaltung auf dem Engener Marktplatz. Für den passenden Rahmen sorgten Schüler und Lehrer des Gymnasiums Engen mit musikalischer Untermalung. Der Jugendgemeinderat war vor Ort und versorgte die rund 50 Besucher mit Kaffee und Gebäck. In den Wochen zuvor hatten sich die Schüler im Geschichtsunterricht mit den einzelnen Schicksalen der Menschen beschäftigt, an die die ersten sieben Stolpersteine erinnern sollten. Gemeinsam trugen sie die Lebensgeschichten auf dem Marktplatz vor und stellten so die direkte Verbindung zwischen den Steinen, den Opfern und dem Ort der Verlegung her.
Erinnerung an dunkelste Zeiten
„Es ist die Erinnerung an eine der dunkelsten Zeiten unseres Landes“, gab Bürgermeister Johannes Moser in seiner Ansprache zu verstehen und mahnte gleichzeitig: „So etwas darf nicht noch einmal passieren!“ Er verwies darauf, dass mit der ersten Verlegung in Engen nun diesen sieben Opfern gedacht würde, dass es aber noch weit mehr Opfer gab.
Derzeit sind es 17 Opfer, deren Geschichte der ehemalige Kreisarchivar Wolfgang Kramer bei seiner Recherche gefunden hat. Der Historiker habe aber den Auftrag der Stadt, auch noch weiter nach möglichen Opfern zu suchen, vermittelte Johannes Moser im Gespräch.
Das Engener Stadtoberhaupt nutzte die Gelegenheit, um an die Menschen heute zu appellieren: Im Dritten Reich habe es an Zivilcourage gefehlt. „Man hat den Menschen den Mut genommen“, so Moser. „Wir müssen früh aufstehen, dass sich so eine Geschichte in Westeuropa nicht wiederholen wird. Jeder Einzelne ist zu schwach, aber gemeinsam sind wir stark“, machte er auch mit Blick auf das aktuelle Geschehen in Russland deutlich. Es sei wichtig, dass die Erinnerung wach bleibe. Umso größer war sein Dank für die aktive Teilnahme der Schüler und des Jugendgemeinderats.

Der wortwörtliche Stein des Anstoßes für die Verlegung der Stolpersteine in Engen kam von SPD-Stadtrat Tim Strobel, der einen Antrag hierfür in den Gemeinderat einbrachte. Gemeinsam mit Bürgermeister Moser, der Vorsitzenden des Jugendgemeinderats Alexa Stärk und dem Historiker Wolfgang Kramer, legte er zum Gedenken Rosen an den frisch verlegten Stolpersteinen nieder.
„Es ist schön, dass es so viel Aufmerksamkeit mit sich bringt“, sagte Strobel zur öffentlichen Verlegung. Er sei zuversichtlich, was die Erinnerungskultur angehe. Die NS-Verbrechen lägen nicht in der Verantwortung der heutigen Generation. Die Verantwortung bestehe heute darin, dass das nicht wieder passiere.
Neue Generation soll nicht vergessen
Der Künstler selbst war an diesem Tag vor allem ganz praktisch gefragt. Noch immer verlegt er jeden einzelnen Stolperstein persönlich. Und damit hat er alle Hände voll zu tun: „Es gibt Orte, da war ich schon 20 Mal“, verriet er am Rande der Veranstaltung. Wichtig ist ihm, dass die Anfragen immer aus den Orten selbst kommen und nicht er der Initiator ist.

Es würden ihn immer mehr Anfrage erreichen, gab er zu verstehen. Gerade habe er drei neuen Mitarbeiter für seine Stiftung eingestellt. Eine Begründung für die steigende Nachfrage hat er auch: „Es gibt eine neue Generation an Menschen, die diese Erinnerung will“, so Demnig. Für ihn bedeutet das jede Menge Arbeit. So verlegte er am Sonntagvormittag die Steine in Engen, am Nachmittag war er für die Verlegung weiterer Gedenksteine in Singen und tags darauf in Gailingen.