Es ist eine Frage, die Bürger von Engen seit dem Sommer beschäftigt: Kann Tim Strobel dem Ehrenamt als SPD-Gemeinderat gerecht werden, wenn er die ganze Woche über in Calw arbeitet? Hat sich der ehemalige Bürgermeisterkandidat nur zur Wahl des Gemeinderats gestellt, um Stimmen für seine Fraktion zu sammeln und dann seinen Sitz an einen Nachrücker abzugeben? Der SÜDKURIER hat Strobel mit den Vorwürfen konfrontiert.
Einer, der diese Gedanken offen anspricht und sich damit an den SÜDKURIER wandte, ist der Alt-Bürgermeister von Volkertshausen, Alfred Mutter. Er hat durch einen Pressebericht davon gehört, dass Strobel den Kreisvorsitz der SPD nicht mehr übernimmt und eine neue Stelle als Stabstellenleiter in Calw antritt. Er habe sich gewundert, wie er im Gespräch zu verstehen gibt. „Wenn ich Oberbürgermeister bin, erwarte ich, dass ein leitender Mitarbeiter in der Stadt wohnt und nicht aus Engen kommt“, schildert Mutter seine Sicht.
Für den Hegau relevant ist, wo Strobel seinen Lebensmittelpunkt definiert. Denn das Amt als Stadtrat ist nur in der Kommune möglich, in der man seinen ersten Wohnsitz angemeldet hat.
Nicht zum ersten Mal gibt es Vorwürfe
Er nehme sein Mandat sehr ernst, betont hingegen Tim Strobel. „Ein Rücktritt kommt gar nicht in Frage.“ Im Gespräch wird klar, dass ihn die erneuten persönlichen Fragen nicht kalt lassen: „Das hält meine Person in der Öffentlichkeit“, sagt er. Das wolle er in seiner Funktion als Teil einer Gemeinderatsfraktion eigentlich nicht.
Erst im Juni ging es um die Vorwürfe der damaligen CDU-Kreisräte Alfred Mutter und Hans-Peter Lehmann, er habe sich seinen Platz im Kreistag durch geschickte Taktik erschlichen. Auch da hatte Strobel eine Erklärung.
Das Wählervotum war eindeutig
Bei der Kommunalwahl erreichte Tim Strobel mit 4659 die meisten Stimmen, der Zuspruch war sehr groß. Seine Motivation sei klar gewesen: Er habe sich kommunalpolitisch engagieren wollen, am liebsten in seiner Heimatstadt. „Ich habe mich schon gefragt, ob das für das Klima im Gemeinderat gut ist, wenn ein ehemaliger Bürgermeister-Kandidat mit im Gremium sitzt„, so Strobel.
Er habe im Wahlkampf 2023 aber viele Themen mitbekommen und auch einen anderen Zugang zu diesen, da wolle er sich einbringen. Das Verhältnis zu Bürgermeister Frank Harsch sei gut und so habe er keinen Widerspruch darin gesehen, erneut zu kandidieren.
„Stimmt es, dass Tim Strobel schon sehr früh vom Dienstantritt auf der neuen Stelle wusste und sich trotzdem noch als Kandidat für die Wahl zum Engener Gemeinderat und zum Konstanzer Kreistag aufstellen ließ?“, fragt Alfred Mutter in einem Brief an die Redaktion. Auf Nachfrage verneint das Strobel: „Bei der Aufstellung der Kandidatenliste war der Job in Calw noch nicht konkret. Aber ich war definitiv auf der Suche nach einer beruflichen Veränderung.“
Tim Strobel wohnt weiterhin in Engen
Als Stabsstellenleiter stehe er dem Oberbürgermeister hauptsächlich für strategische Planungen zur Seite und leite mehrere Bereiche. Er sei ausdrücklich aber nicht der innerdienstliche Stellvertreter, sondern eher so etwas wie seine rechte Hand. Entgegen der Spekulationen werde er nicht in Calw wohnen, sondern von Engen zu seiner neuen Stelle pendeln. Die Städte trennen 137 Kilometer. Doch der 27-Jährige betont: „Selbstverständlich habe ich meinen ersten Wohnsitz in Engen.“
Natürlich sei er durch seine beruflichen Verpflichtungen nicht jeden Tag in Engen ansprechbar. Er nehme aber an vielen Veranstaltungen in der Stadt teil und die Menschen meldeten sich mit ihren Themen bei ihm. Mit seiner Stelle in Calw habe er jetzt sogar einen kürzeren Arbeitsweg als zuvor als Büroleiter eines Europaabgeordneten, für den er nach Karlsruhe und Stuttgart pendelte.
Er wolle sich neu orientieren und stand deswegen für bisherige Ämter wie die Stellvertretung des Bürgermeisters, die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat der Stadtwerke oder auch den Kreisvorsitz der SPD nicht mehr zur Verfügung.
Nicht alles lief ideal
Konfrontiert mit den Fragen gibt Tim Strobel auch zu, dass rund um die Kommunalwahl nicht alles ideal gelaufen ist. So habe er bei der Verpflichtung der neuen Räte nicht dabei sein können, weil er sich zeitgleich im Calwer Gemeinderat vorstellen musste. Was er bedauert, sei die kurzfristige Besetzung der Ausschüsse und Verwaltungsräte seitens der SPD-Fraktion. Das sei bei den anderen Fraktionen verständlicherweise nicht gut angekommen, habe sich aber terminlich so ergeben.
Wenn sich in den nächsten Jahren bei ihm etwas grundlegend verändert, dann könne es sein, dass er von seinem Amt zurücktreten werde. „Das kann passieren“, so Strobel, geplant habe er das aber nicht.