Allzu viele neue Aufgaben kann sich die Gemeinde Gottmadingen nach dem Jahrhundertneubau der Eichendorff-Realschule in diesem Jahr nicht leisten. Doch ein Schwerpunktthema steht ganz oben auf der Agenda: die Digitalisierung.

Denn die Pandemie hat durch vermehrtes Home-Office nun ans Licht gebracht: Deutschland liegt beim Ausbau seiner Datennetze weit hinter den meisten anderen europäischen Ländern. Das merken vor allem die Bewohner kleinerer Gemeinden. Hier stoßen die Teilnehmer von Online-Konferenzen schnell an ihre Grenzen.

Von wegen schnelles Internet

So wie Ulrich Moser, der in Randegg ein Zentrum für Persönlichkeits- und Kompetenzentwicklung betreibt. Er berichtet davon, dass von seinen 400 Megabit (Mbit), die er mit seinem Business-Vertrag bei Vodafone eingekauft hat, zu manchen Zeiten gerade mal 100 Kilobit (Kb) geliefert würden.

„Damit kann man keine Online-Konferenz mit mehreren Teilnehmern bestreiten“, sagt Moser. „Wenn mir ein Meeting mit großen, wichtigen Kunden in der Schweiz einfach wegbricht, weil die Datenleitung zu schwach ist, ist das geschäftsschädigend.“

Als Selbstständiger ist Ulrich Moser für seine Video-Konferenzen auf ein schnelles Internet angewiesen. In Randegg ist das nicht immer ...
Als Selbstständiger ist Ulrich Moser für seine Video-Konferenzen auf ein schnelles Internet angewiesen. In Randegg ist das nicht immer gewährleistet, wie Moser in einem offenen Brief an die Gemeinde beklagt. | Bild: Moser

In einem offenen Brief an Bürgermeister Michael Klinger und die Gottmadinger Verwaltung hat er nun auf das Problem aufmerksam gemacht. Demnach geht der Versorgungsrückstand im Randegger Oberdorf auf alte Kupferleitungen der Firma Suffa zurück, die quer durch private Grundstücke Fernsehkabel verlegt habe.

Einen Plan gebe es nicht. Dieses Netz sei mittlerweile dreimal von verschiedenen Anbietern übernommen worden, zuletzt von Vodafone. Doch wer denkt, dass damit auch modernste Technik garantiert ist, sieht sich getäuscht.

Schnelles Internet nur im Unterdorf

Während im Unterdorf bereits Glasfaserkabel für eine stabile Datenübermittlung sorgen, bricht die Verbindung im Oberdorf immer wieder ab. Ulrich Moser kritisiert, dass die Gemeinde nicht vorausschauend geplant habe, als in Randegg das Wärmenetz ausgebaut wurde.

„Als das ganze Dorf aufgerissen war, hätte man Leerrohre für Glasfaserkabel in die Schächte hineinlegen können“, sagt Moser.

Während das Randegger Oberdorf durch unübersichtlich verlegte Kupferkabel mit dem Internet verbunden ist, ist das Unterdorf bereits mit ...
Während das Randegger Oberdorf durch unübersichtlich verlegte Kupferkabel mit dem Internet verbunden ist, ist das Unterdorf bereits mit Glasfaser ausgerüstet. Mit einem Digitalisierungsprojekt will die Gemeinde für Ausgleich sorgen. | Bild: Trautmann, Gudrun

Doch so einfach geht das nach Ansicht von Heinz-Dieter Restle nicht. Er ist im Bauamt für das Digitalisierungsprojekt der Gemeinde zuständig. Für 5,3 Millionen Euro sollen in Gottmadingen sogenannte weiße Flecken beseitigt werden. Das sind Zonen, in denen Daten mit einer Geschwindigkeit von weniger als 30 Mbit transportiert werden.

Eine Leistung mit der Unternehmer längst nicht mehr zurechtkommen. Von den 5,3 Millionen Euro fließen 4,8 Millionen in Form von Bundes- und Landeszuschüssen wieder zurück an die Gemeinde. Die Differenz muss aus dem Haushalt bestritten werden.

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Warum also nicht gleich noch einen Schritt weiter gehen und auch die grauen Flecken mit 100 Mbit ebenfalls beackern, wenn es schon schnelles Internet zum Schnäppchenpreis gibt?

Heinz-Dieter Restle vom Bauamt kümmert sich in Gottmadingen um das Großprojekt Digitalisierung. Im Kampf gegen die weißen Flecken stehen ...
Heinz-Dieter Restle vom Bauamt kümmert sich in Gottmadingen um das Großprojekt Digitalisierung. Im Kampf gegen die weißen Flecken stehen der Gemeinde 5,3 Millionen Euro zur Verfügung. | Bild: Trautmann, Gudrun

Heinz-Dieter Restle warnt vor überstürzten Handlungen. „Die europaweite Ausschreibung muss gründlich vorbereitet werden“, sagt er. „Wir wollen keinen Formfehler machen, sonst sind die 4,7 Millionen Euro weg.“ Kompliziert wird die Sache auch deshalb, weil die Aussagen der Netzbetreiber sich nicht mit den Erfahrungen ihrer Kunden decken.

„Da ist zum Beispiel der in Randegg sehr stark vertretene Anbieter Vodafone“, erklärt Restle. „Wenn ein Kunde dort nach einer schnellen Datenleitung fragt, sagt die Firma, dass das machbar ist, aber auf eigene Kosten.“ Einige Gottmadinger Gewerbebetriebe hätten sich bereits auf eigene Kosten Glasfaser ins Haus legen lassen, um Versorgungssicherheit zu haben.

Bürger sollen aus ihren Erfahrungen berichten

Nachdem das Markterkundungsverfahren bei den Versorgern nicht die nötige Klarheit gebracht hat, überlegt sich die Gemeinde jetzt, Erfahrungen von Bürgern einzuholen, die bei den Anbietern eine Anfrage nach schnellen Datenleitungen gestellt haben. Da sich verschiedene Versorger auf dem Gebiet tummeln, ist die Lage nicht sehr übersichtlich.

Die Anträge der Bürger könnten etwas mehr Durchblick im unübersichtlichen Kabel-Wirrwarr bringen. Zumindest würde man auf diese Weise erfahren, ob der Anbieter ein Glasfaserkabel direkt bis ins Haus legt oder nur im öffentlichen Raum entlang der Grundstücksgrenze.

Schlechtes Internet ist noch verbreitet

Bevor die Ausschreibung endgültig abgeschickt werden kann, müssen noch viele Fragen vom beauftragten Unternehmen BKTeleconsult aus Backnang geklärt werden. Zum Beispiel nach den jeweiligen Ursachen. Die schlechte Leitung kann ja auch an einem vom Kunden zu günstig gewählten Tarif liegen.

Ulrich Moser werde sich noch etwas gedulden müssen, so Restle. Doch er ist nicht der Einzige. Auch die Teilorte Petersburg, Murbach, Ebringen und das Bietinger Gewerbegebiet leiden unter schwachen Datenleitungen. Die gute Nachricht: Der Gottmadinger Kernort ist gut versorgt. Probleme gibt es aber noch im Gewerbegebiet Goldbühl.