Wer eine Mietwohnung sucht, hat es schwer – auch in Hilzingen, wie SPD-Ratsvertreterin Barbara Kissmehl in der jüngsten Gemeinderatssitzung anmerkte. Genau deshalb hat die SPD einen Antrag formuliert, der die Gemeindeverwaltung in die Pflicht nimmt, nach Grundstücken und Baupartnern Ausschau zu halten um den Bau von Mehrfamilien-Wohnhäusern zu realisieren. Ein richtiger Ansatz – waren sich Ratsmitglieder und Verwaltung mehrheitlich einig. Das Thema soll in einer Klausursitzung mit den neuen Ratsmitgliedern, die am 16. Juli ihr Amt antreten sollen, bearbeitet werden.
Bis zur Klausur, so kündigte Bürgermeister Rupert Metzler an, wolle man die Vorarbeit abgeschlossen haben. Auch für den scheidenden FDP-Ratsvertreter und Architekt Andreas Wieser ist es an der Zeit, einen Plan zu entwickeln, wo und wie sich die Gemeinde entwickeln wolle. Nach Jahren großzügig geplanter Neubaugebiete werde es allmählich eng mit Entwicklungsflächen. „Wie weit will Hilzingen noch wachsen“, fragte er und geißelte die Baupolitik im Land, die Projekte durch ökologische Vorgaben erschwere und verteuere. „Wie kann man solch eine Landesbauordnung schaffen.“ Widerspruch gab es auch von der CDU: „Aktuell plant eine Baugenossenschaft 24 Wohnungen im Zuge der Nachverdichtung. Besser sei, einkommensschwache Mieter zu unterstützen, statt Investoren zu fördern“, erläuterte Marianne Guthoff.
Mehr Akzeptanz für Geschosswohnungsbau forderte Bürgermeister Rupert Metzler angesichts der Debatte um Weiterdingen. Breit diskutiert wurde das Ansinnen der Ortsplaner, für Baugrundstücke im Ortsteil Weiterdingen den seit 1967 geltenden Bebauungsplan aufzuheben. Die Grundstücke sind, wie Rudolf Schmidt vom Hilzinger Bauamt erläuterte, im Privatbesitz. Seine Hoffnung, dass geringere Auflagen größere Anreize zur Bebauung bieten würden, wollte die Ratsmehrheit nicht teilen. Der Beschlussvorschlag, die Umgebungsbebauung im Plangebiet nach Paragraf 34 des Baugesetzes künftig zum Maßstab zu machen, wurde abgelehnt. Zu groß war die Befürchtung der Ratsmehrheit, dass fehlende Vorgaben zu Wildwuchs führen könnten, der dann nicht mehr einzudämmen sei.

„Die Probleme extrem enger Bebauung mit fehlenden Stellplätzen kennen wir schon“, warnte FDP-Rat Rainer Guggemos vor störenden Mehrfamilienhäusern in der Wohngegend. Seiner Warnung, mit der Entscheidung die Möglichkeiten städtbaulicher Planung aus der Hand zu geben, folgte die Ratsmehrheit. „Was wir bräuchten, wäre ein neuer Bebauungsplan“, formulierte Thomas Hägele. So könnten die Grundstücke neu zugeschnitten werden, um zeitgemäße Bauformen zu ermöglichen. Derzeit seien die Grundstücke zu groß bemessen, um marktkonforme Bauprojekte zu realisieren. Dazu kam es aber nicht. Der Rat der Ratsmitglieder an potenzielle Bauherren lautete, nach Befreiungen vom geltenden Bebauungsplan zu fragen.

Was blieb, war die Frage, wo in Hilzingen geeignete Standort für Mietwohnungsbau gesehen werden. Für Bürgermeister Metzler wäre der Kernort der geeignete Standort. Hier soll nun nach passenden Bauplätzen gesucht werden. „Und dann brauchen wir Partner, die zwar gewinnorientiert, aber nicht gewinnoptimiert planen“, so FDP-Rat Sigmar Schnutenhaus. Genau dies könnten Baugenossenschaften leisten, die ihren Mitgliedern, die meist auch Mieter sind, verpflichtet seien, wie Andrea Baumann von der SPD ausführte.
Wie wie schwer jedoch die Ausschreibung eines Bauprojekts für Kommunen sein kann, musste Rudolf Schmidt vom Bauamt den Räten erläutern, nachdem die europaweite Ausschreibung für die Bebauung des Areals an der Klostergasse ergebnislos blieb. Kein Investor in Europa zeigte Interesse für das Bauprojekt in Hilzingen. Ob der kostspielige Aufwand denn nötig gewesen sei, wollte FDP-Rat Heinrich Mohr wissen. „Es war doch absehbar, dass das nichts bringt“, kritisierte er Anwaltskosten in Höhe von 6000 Euro. Ratskollege Olaf Fuchs (CDU) verwies auf das komplizierte Verfahren: Die erste Ausschreibung habe gezeigt, wie schnell gegen die Vergabeordnung verstoßen werden kann. „Es war richtig, rechtliche Beratung zu nutzen“, so Fuchs. Nun müsse diskutiert werden, wie ein Investor ohne öffentlichen Teilnahmewettbewerb gefunden werden könne. Auch dabei soll die Stuttgarter Kanzlei Iuscomm helfen.
In Schlatt am Randen könne die Planung eines Neubaugebietes fortgeführt werden, so Schmidt. Ein Gutachten zu dem Emissionen durch die Heizzentrale von Solarcomplex habe ergeben, dass keine Grenzwerte überschritten werden. In etwa anderthalb Jahren könnte das Areal bebaut werden, erläuterte Bauamtsleiter Günther Feucht zum Ende der Sitzung auf Nachfrage aus dem Kreis der Einwohner.
Bauprojekt Klostergasse
Die Suche nach einem Investor, der die kommunalen Grundstücke an der Klostergasse erwerben will, gestaltet sich schwierig. Das im März in nichtöffentlicher Sitzung beschlossene, europaweite Ausschreibungsverfahren ergab kein Angebot, wie die beratende Stuttgarter Kanzlei Iuscomm Anfang Mai an die Gemeindeverwaltung meldete. Das Ausschreibungsverfahren musste deshalb vom Gemeinderat wieder aufgehoben werden. Nun sei aber der Nachweis erbracht, dass keine Interessenten am Markt zu finden seien, so dass die Gemeinde mögliche Investoren direkt ansprechen kann. (bie)