Einem Menschen, der nichts hat, wird alles weggenommen. Was absurd klingt, umschreibt das, was am Samstag im Konstanzer Ortsteil Wallhausen geschah, perfekt. Doch der Reihe nach.
Der bekannte und beliebte Obdachlose Werner Husemann zieht seit mehreren Jahrzehnten zwischen Litzelstetten, Dingelsdorf, Wallhausen und Dettingen mit Sack und Pack umher. Er frühstückt gerne im Dorfladen Wallhausen oder in einer Bäckerei in Litzelstetten.
„Als ich zurückkam, war alles weg“
Die Nacht auf vergangenen Samstag verbrachte er wie so oft an der Bushaltestelle Linzgaublick in Wallhausen, bevor er in den Dorfladen ging. Seine Taschen mit Schlafsäcken, Decken, Klamotten zum Wechseln sowie Verpflegung für den Tag ließ er wie immer an der Bushaltestelle zurück. „Als ich zurückkam, war alles weg“, erinnert er sich. So zog er ohne seine Sachen weiter. „Mir ist ja schon öfter was geklaut worden“, sagt er mit ruhiger Stimme. „Es war halt alles weg.“
Mitbürgerin entdeckt den vom Regen durchnässten Obdachlosen
Als er am späten Nachmittag auf dem Radweg parallel zur Straße zwischen Litzelstetten und Dettingen wanderte, sah ihn Almut Schäfer, die auf dem Heimweg nach Dettingen war. „Es hat fürchterlich geregnet“, erzählt die erste Vorsitzende des Vereins Miteinander Leben. „Er sah so verlassen aus und war klatschnass. Ich musste einfach anhalten und ihm helfen.“
Er bat sie, ihn zum Friedhof Litzelstetten zu fahren, wo er im Eingangsbereich zur Kapelle wenigstens ein Dach über den Kopf haben würde. „Er erzählte mir von seinem geklauten Taschen“, so Almut Schäfer. „Nachdem ich ihn am Waldfriedhof herausgelassen und ihm etwas Geld zugesteckt hatte, rief ich die Polizei an.“
Glück im Unglück: Die Tasche wird entdeckt und lagert bei der Polizei
Später am Abend meldete sich die Polizei bei Almut Schäfer und vermeldete: Ein Mann habe Werner Husemanns Taschen im Wald in der Nähe der Universität gefunden und die Polizei informiert, die die Sachen holte und seither im Revier lagert. „Dort, wo das gefunden wurde, war ich noch nie“, sagt Werner Husemann. Die Nächte seit Samstag waren jedenfalls unangenehm. „Ich habe ziemlich gefroren ohne Decke und Schlafsack auf dem Boden.“
Michaela Grammelspacher sah Werner Husemann gestern früh an der Litzelstetter Bushaltestelle. „Ich kenne ihn und habe mich gewundert, wo all seine Sachen sind. Er hat mir dann erzählt, dass alles geklaut wurde.“ Sie war auf dem Weg in eine Physiotherapiepraxis. Dort wurde sofort eine spontane Spendenaktion ins Leben gerufen.
„Es wird nachts ja empfindlich kalt“, so Michaela Grammelspacher. Das glückliche Ende naht: Die Polizei wollte sich gestern Abend noch auf die Suche nach Werner Husemann machen und ihm seine Taschen zurückgeben.