Paul Amrod ist ein verrückter Kerl. Ein liebenswerter und positiv verrückter Kerl, den man erfinden müsste – wenn es ihn nicht schon gäbe. Berichtet er aus seinem aufregenden und spannenden Leben, spricht der ganze Körper mit. Dann schwingen seine Arme wild gestikulierend durch die Luft, seine Augen sprühen vor Emotionen, seine Stimme überschlägt sich nicht selten und immer wieder lacht er laut und ansteckend.
Paul Amrod singt und spielt auf dem Klavier für die SÜDKURIER-Leser „A Whiter Shade of Pale“ von Procol Harum
„Als ich vor einem Konzert von Janis Joplin auf der Bühne stand und für meinen Auftritt in der Vorgruppe probte, kam sie und sagte: ‚Wer ist dieser Typ, der da so schräg singt?‘“. Nach diesen Worten kann er sich kaum mehr halten, er prustet los, kneift die Augen zu und schüttelt sich.
"Ich war 17. Janis Joplin 27 und unmöglich!"
„Ich war erst 17 Jahre alt, sie 27 und unmöglich.“ Wer kann schon sich behaupten, mit der großen Janis Joplin auf Tour gewesen zu sein? Paul Amrod kann das. Denn er ist selbst ein Großer des Funk, Rock and Roll, Jazz und der Klassik. Vielleicht nicht in der großen, weiten Musikwelt, ganz bestimmt aber in unserer Region und in New York. Das genügt dem Amerikaner auch. „Ich muss nicht überall bekannt sein“, sagt er. „Ich bin glücklich mit dem, was ich erreicht habe.“ Und das ist nicht wenig – und das ist ja auch noch lange nicht alles. Gerade eben erst hat er als Dirigent die Big Band der Uni übernommen und ein Buch veröffentlicht, an dem er seit Jahrzehnten gearbeitet hat. „Symmetrie als Grundprinzip der Klangschöpfung“ heißt das Werk. Was sich anhört wie eine Doktorarbeit in Physik, ist nichts anderes als eine neue Harmonielehre, die einen neuen Ton beschreibt, der Harmonien bewegen kann. Online ist das im Schott-Verlag erschienene Buch abrufbar.
„Ich war ein echter Rockstar in unserer Stadt“
Aufgewachsen ist Paul Amrod nahe der kanadischen Grenze in einem kleinen Nest im Norden des Staates New York. Mit neun Jahren zog er mit seinen Eltern nach Suffern, einem Vorort von New York City. Hier fand er seine erste große Liebe seines Lebens, die bis heute noch stärker geworden ist: die Musik. „Ich war ein echter Rockstar in unserer Stadt“, erzählt er augenzwinkernd. Mit 16 ging es nach Red Hook, gleich gegenüber von Woodstock. Er sog den Geist der Hippiebewegung in sich auf, knüpfte Kontakte zu den größten Musikern dieser Epoche – Janis Joplin, Jimmy Hendrix oder Steve Ferguson. Paul Amrod war fasziniert von den Fähigkeiten seiner Idole. Als Autodidakt brachte er sich Gitarre und Klavier selber bei.
Festnahme wegen angeblichen Besitzes von Marihuana
Als später Teenager lernte er erstmals die Schattenseiten des Daseins als Musiker zu dieser Zeit kennen. „Ich wurde wegen des Besitzes von Marihuana festgenommen“, so Paul Amrod. „Dabei wurde nichts gefunden. Dafür hat meine Universität mich exmatrikuliert deswegen. Lächerlich.“ Vietnam oder Knast. Er hatte die Wahl – und entschied sich für die Umsiedlung nach New York City. „Ich wollte weg vom Rock and Roll. Das war nicht meine Welt“, sagt er. Er organisierte ein Vorspielen bei der Juilliard School, die auch Leonard Bernstein besucht hatte. „Ich war echt schlecht“, erzählt er lachend. „Aber mein Lehrer hat mein Talent gesehen und ich wurde angenommen.“ Hier wurde ihm alles beigebracht, was er heute kann und weiß.
Schlaflieder für die Enkelin
Es zog ihn hinaus in die große, weite Welt. Aus New Yorker Sicht gehört Konstanz nun mal auch dazu. In Kaiserslautern ließ er sich nieder, gab Konzerte in der halben Republik. 1992 ging er nach Konstanz, am See heiratete er und wurde ein sesshafter Familienmensch. „Ich habe für unsere kleine Enkelin Schlaflieder geschrieben“, sagt es, setzt sich ans Klavier und gibt sich seinem Element hin. Konstanz ist längst eine Heimat geworden, auch wenn er einmal pro Jahr seinen Vater im sonnigen Florida besucht. Für die Südwestdeutsche Philharmonie und das Stadttheater hat er zahlreiche Produktionen übernommen. Von 2003 bis 2010 war er musikalischer Leiter des Theaters. "Christoph Nix meldet sich leider nicht mehr so oft“, berichtet Paul Amrod mit etwas melancholischer Stimme. Langweilig wird es ihm aber trotzdem nicht – er arbeitet noch als Musiker und Dozent für das Kulturamt, ebenso für Michael Auer und den Kammerchor.
Amrod in Deutschland
1981 zog der US-Amerikaner Paul Amrod nach Deutschland und begann mit Jazz-Kursen und Workshops in verschiedenen Institutionen. Er tourte als Solopianist durch die europäischen Klubs und spielte dabei in Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien, Slowenien und in Österreich, Schweden, England, Holland und in der Tschechischen Republik. Seinen Blues und Jazz präsentierte er in Clubs in Paris und London – er war Gast auf vielen Jazz-Festivals. Im Jahr 1992 ist er an den Bodensee gezogen. In Konstanz gründete er die Band “PurpleElephant” und verwirklichte eine CD, die 12 Blues Stücke präsentiert. 1993 wurde er zu einer CD-Produktion und Konzerten in die USA eingeladen (mit seinem Willy Amrod und den James Brown Bläsern Maceo Parker, PeeWee Ellis und Fred Wesley).